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Den Film Face/​Off: Im Körper des Feindes“ dürften die meisten Cine­asten bereits ver­gessen haben, bei Action­fans genießt der Streifen von John Woo aber heute noch Kult­status. Die Hand­lung ist so simpel wie abstrus: Nicolas Cage und John Tra­volta tau­schen ihre Iden­ti­täten samt Gesicht. Im Körper des einen steckt plötz­lich der andere.

Bevor das DFB-Pokal-Finale in die Ver­län­ge­rung ging, hätte der geneigte Zuschauer durchaus glauben können, Pep Guar­diola und Thomas Tuchel haben sich in den Film ver­irrt. Neunzig Minuten waren vor­über, kein ein­ziger Sys­tem­wechsel, keine ein­zige große Anpas­sung, nicht einmal eine Aus­wechs­lung nahm der sonst so wech­sel­freu­dige Guar­diola vor.

Tuchel hin­gegen hatte bereits vier ver­schie­dene For­ma­tionen ange­wandt, manche Spieler durften in drei ver­schie­denen Posi­tionen spielen. Thomas Tuchel war Pep Guar­diola.

Tuchel passt an, Pep nicht

Das Spiel stand in der Tat unter selt­samen Vor­zei­chen. Guar­diola schickte seine beste Elf in einem 4−3−3 auf das Feld. Der sonst so unbe­re­chen­bare Guar­diola ver­zich­tete gänz­lich auf Über­ra­schungen.

Tuchel hin­gegen stellte seine Mann­schaft im unge­wohnten 5−3−2 auf. Marco Reus über­nahm die Rolle des halb­linken Stür­mers, Henryk Mkhi­ta­ryan lief zusammen mit Gon­zalo Castro und Julian Weigl im Mit­tel­feld auf. Der BVB hatte diese For­ma­tion zwar schon im Liga-Rück­spiel gegen die Bayern erprobt, ansonsten aber kaum diese Vari­ante gespielt.

Es sollte nicht die ein­zige Über­ra­schung Tuchels sein. Jedes Mal, wenn die Bayern drohten, ein Über­ge­wicht zu erlangen, änderte Tuchel seine Taktik. Als der Raum zwi­schen den Linien zu groß wurde, schickte Tuchel Sven Bender vor die Abwehr und ließ in einem 4−4−1−1 ver­tei­digen. Als in der Folge die Abwehr zu eng stand, beor­derte er Bender wieder zurück in die Abwehr­kette; diesmal aber als zen­traler Ver­tei­diger, nicht als Halb­ver­tei­diger neben dem zen­tralen Sokratis.

Als seine Mann­schaft nach sechzig Minuten den Zugriff verlor, ließ er zunächst kurze Zeit in einem aggres­siven 5−3−2 pressen. Schnell war zu spüren, dass dem BVB dafür die Kraft fehlte – und Tuchel stellte auf ein defen­sives 5−4−1 um.

Zu wenig Ball­be­sitz“

Und was machte Guar­diola? In seinen ersten zwei­ein­halb Jahren war er dafür bekannt geworden, die Taktik im Spiel sehr oft zu wech­seln. Und nun? Eine etwas flü­gel­las­ti­gere Spiel­weise nach der Pause. Eine Coman-Ein­wechs­lung in der Pause der Ver­län­ge­rung. Das war’s. Tuchel hat Guar­diola in diesem Punkt mit 230 Sachen links über­holt.

Der Iden­ti­täts­tausch wäre per­fekt gewesen, wäre Tuchels eigent­liche Stra­tegie auf­ge­gangen. In der Pres­se­kon­fe­renz nach dem Spiel betonte er, dass er mit dem Spiel seiner Mann­schaft nicht zufrieden war. Er habe sich mehr Ball­be­sitz, mehr zusam­men­hän­gende Ball­staf­fetten erhofft.

Statt­dessen waren es die Bayern, die den Ball genüss­lich durch die Abwehr zir­ku­lieren ließen. Die Dort­munder waren hin­gegen eher im Klopp-Modus unter­wegs: Nach Ball­ge­winnen spielten sie schnell nach vorne, suchten mit langen Bällen Marco Reus und Pierre-Eme­rick Aub­ameyang. Einzig: Es gelang nicht.

In der Ver­län­ge­rung: ein Zom­bie­film

Viel­leicht stellte Tuchel auch des­halb so viel um: Er wollte mehr Kon­trolle über das Spiel gewinnen und nicht nur den Bayern hin­ter­her­laufen. Auch das miss­lang. Die Bayern hatten am Ende 70 Pro­zent Ball­be­sitz und eine Pass­ge­nau­ig­keit von 86 Pro­zent. Beim BVB kamen nur zwei von drei Pässen an.

In der Ver­län­ge­rung erin­nerte das Spiel eher an einen Zom­bie­film als an ein Pokal­final: 22 völlig aus­ge­laugte Profis schlürften über den Platz, unfähig, den ent­schei­denden Angriff zu fahren. Am Ende waren es die Bayern, die das Elf­me­ter­schießen-Lot­to­spiel gewannen.