Olympiastadion, 14. Februar 2003, 63000 Zuschauer
Bis zur 58. Minute war es eigentlich ein recht erfreuliches Derby. Rot gegen Blau, zum wasweißichwievielten Mal, wobei unsere Bilanz eher bescheiden ausfällt. Aber bis dahin stand es null zu null, die Löwen hatten zwar nicht gebissen, aber sich auch nicht zitternd und bibbernd in die hinterste Käfigecke verkrochen wie sonst so oft. Sie waren schlicht gleichwertig. Gut, die Sprechchöre verhallten eher schüchtern im weiten Rund, kalt war es auch, und neben mir saßen einträchtig ein Blauer und ein Roter nebeneinander, erkennbar an den entsprechend gefärbten Sitzkissen. In der U‑Bahn hatte es keine Randale gegeben, nicht einmal Spottgesänge, und auch auf dem Weg zum Stadion gingen die früher verfeindeten Fangruppen ungerührt nebeneinander her. Wenn sie pinkeln mussten, blieben sie stehen. Und pinkelten. Nebeneinander.
Das Olympiastadion, diese kalte und kahle Betonschüssel mit dem musealen Dach, lag gelbglänzend im letzten Abendsonnenlicht. An den Geländerstangen zwischen den Blöcken hatten die Ordner den Schnee fein säuberlich zu Bergen aufgeschichtet. Es sah aus, als liefen sternförmige Rodelbahnen auf den Rasen des Stadions zu. Doch kein einziger Davos-Schlitten raste mit juchzenden Kindern in Richtung Tal. Auf der Gegentribüne waren viele Plätze leer geblieben.