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Seite 2: Über den „Bayern-Dusel“ und andere Fußball-Mythen

Wir spre­chen also von der Effi­zienz einer Mann­schaft?
Ganz genau. Man kann sich anschauen, wie groß die Effi­zienz eigent­lich ist. Scheinbar ist die Effi­zienz beim 1. FC Köln mit nur einem Tor nach sieben Spiel­tagen sehr schlecht. Der Punkt ist aber, dass das so früh in der Saison noch viel Zufall im Spiel ist, Köln also ein­fach auch viel Pech gehabt hat, zumin­dest sta­tis­tisch gesehen. Das ist wie beim Wür­feln: nach wenigen Würfen kann es pas­sieren, dass man immer eine eins“ bekommt. Je mehr Würfe man hat, umso unwahr­schein­li­cher wird das natür­lich und es pen­delt sich irgend­wann ein. Wäre eine Saison deut­lich länger als 34 Spiel­tage, dann würde sich der ganze Zufall irgend­wann aus­mit­teln“. Dann wäre auch die Effi­zienz aller Teams sehr ähn­lich. Für Köln sind das gute Nach­richten. Da in den bis­he­rigen Spielen relativ viele Tor­chancen erar­beitet werden konnten, wird das mit dem Tore­schießen auch wieder klappen.

Das heißt am Anfang der Saison ist das Ergebnis weniger vor­her­sehbar?
Grund­sätz­lich schon. Ange­nommen sie wollen nach drei Spiel­tagen die nächsten Ergeb­nisse pro­gnos­ti­zieren. Dann könnte man die Ana­lyse eigent­lich nur auf Basis des Markt­wertes durch­führen, da andere Daten noch nicht vor­liegen. Der Zufall ist noch sehr groß. Die Infor­ma­tionen sind noch nicht sehr aus­sa­ge­kräftig. In der Praxis nehmen wir daher noch die Infor­ma­tionen aus der ver­gan­genen Saison dazu, die durch die mög­li­chen Ände­rungen in der Som­mer­pause aller­dings nur eine etwas schwä­chere Aus­sa­ge­kraft haben. Je länger die Saison geht, umso wich­tiger werden die Tor­chancen, weil sich nach und nach her­aus­kris­tal­li­siert was Zufall war und was wirk­lich auf Leis­tung basiert. Nach 17 Spiel­tagen sind beide Größen unge­fähr gleich wichtig.


Wie viel lässt sich wirk­lich vor­her­sagen?
Für die typi­sche Ver­tei­lung der Leis­tungs­stärke in der Bun­des­liga sind unge­fähr 86 Pro­zent der Ergeb­nisse nicht vor­her­sehbar. Das heißt, die opti­male Vor­her­sage geht um die rest­li­chen 14 Pro­zent. Nehmen Sie wieder das Würfel-Bild an. Gehen wir zudem von einem fik­tiven Spiel zwi­schen zwei Teams aus dem Tabellen-Mit­tel­feld aus. Sagen wir Frank­furt und Schalke. Viel­leicht dürfte dann Schalke neun Mal würfen, Frank­furt acht Mal. Dann können beide Mann­schaften mit unge­fähr glei­cher Wahr­schein­lich­keit gewinnen. Bei dem zehn“ zu fünf“ Bei­spiel von Mün­chen gegen Bremen hin­gegen resul­tiert ein Teil des zu erwar­tenden Spiel­aus­gangs auf dem Leis­tungs­un­ter­schied zwi­schen beiden Mann­schaften, so dass der Spiel­aus­gang nicht zur zufällig ist. Für die Praxis ist es rele­vant, dass man für alle Spiel­ergeb­nisse, also z.B. für ein 3:2, eine kon­krete Wahr­schein­lich­keit vor­her­sagen kann.

Wenn also alle Mann­schaften annäh­rend gleich gut wären, läge der Zufall bei 100 Pro­zent. Dann könnte man gar nichts vor­her­sagen?
Genau. In diesem Sinne sind die 86 Pro­zent auch eine Angabe dafür, wie unter­schied­lich gut die Teams sind.

Sie argu­men­tieren, dass das Tor­ver­hältnis einer Mann­schaft ein bes­serer Mess­wert für die Leis­tungs­stärke einer Mann­schaft ist als die Punk­te­aus­beute? Wie kann man das ver­stehen?
Letzt­lich ist die Leis­tungs­stärke in dem Würfel-Bei­spiel mit der Frage ver­bunden: Wie oft darf die Mann­schaft wür­feln? Wie bei dem Bei­spiel, in dem Bayern zehn und Bremen fünf Mal wür­feln darf. Dieser Wert bestimmt die Gewinn-Wahr­schein­lich­keit. Dahinter ste­cken natür­lich Para­meter, zum Bei­spiel wie gut ist der Trainer, wie gut ist die Mann­schaft und so weiter. Wenn sie nur die Punkte betrachten, können sie nicht zwi­schen einem 1:0 und einem 6:0‑Sieg unter­scheiden. Wenn Bayern zum Bei­spiel viele Spiele hoch gewinnt, andere Teams diese Spiele nicht hoch gewinnen, kann man daraus lernen, dass Bayern ten­den­ziell einen Tick besser ist. Trotzdem darf man ein­zelne Ergeb­nisse nicht über­be­werten.

Was meinen Sie damit?
Wenn Köln mit 0:5 gegen Dort­mund ver­liert, kann das zum Bei­spiel an einer schlechten Phase der Kölner liegen. Im Laufe einer Saison werden sich diese Effekte jedoch aus­mit­teln“. Umge­kehrt gewinnt eine Mann­schaft viel­leicht einige Spiele mit viel Glück mit 1:0, obwohl man das schlech­tere Team war. An den Punkten kann man das nicht ablesen, wohl aber am Tor­ver­hältnis. Sta­tis­tisch gesehen müsste man sich eigent­lich die Anzahl der her­aus­ge­spielten Chancen ansehen, um zu ermit­teln, welche Mann­schaft in der aktu­ellen Saison in einer guten Ver­fas­sung ist. Da wären die Fak­toren Glück und Pech zumin­dest schwä­cher ver­treten. In der Rei­hen­folge Punkte, Tore, Chancen wird der Aspekt des Zufalls immer kleiner. 

Welche Fuß­ball-Mythen haben sich in ihren Unter­su­chungen bewahr­heitet, welche haben sich als falsch her­aus­ge­stellt?
Zum Bei­spiel haben wir den Bayern-Dusel“ ana­ly­siert. Da kam sehr ein­deutig heraus, dass es diesen nicht gibt. Die Tat­sache, dass die Bayern in den letzten zehn Minuten relativ viele Tore schießen, hat einzig damit zu tun, dass Bayern gut ist und nicht, dass sie beson­ders viel Glück hatten. 

Wie sieht es mit dem Effekt von Trainer-Wech­seln aus?
Wir haben zusammen mit dem Sport­psy­cho­logen Bernd Strauss in einer Studie für 46 Bun­des­liga-Sai­sons alle Trainer-Wechsel nach dem 10. und vor dem 23. Spieltag unter­sucht. Das waren mehr als 150 Trai­ner­ent­las­sungen. Dabei haben wir her­aus­ge­funden, dass es keinen sicht­baren Effekt auf die Ergeb­nisse der Mann­schaft und damit auf die Leis­tungs­stärke gibt. Es kann natür­lich im Ein­zel­fall immer mit Glück oder anderen Fak­toren zu tun haben. Aber sta­tis­tisch ist es nicht belegbar, dass es besser ist den Trainer im Laufe der Saison zu wech­seln, als ihn nicht zu wech­seln. Weder lang­fristig, noch kurz­fristig.