Neun Jahre lang machten Arsenal und Manchester United die Meisterschaft unter sich aus. Besser gesagt: Roy Keane und Patrick Vieira. Das Duell der Todfeinde hielt England in Atem.
In dem Fußballspiel, das dann statt eines Faustkampfs begann, siegte Keanes United mit 4:2. Insgesamt jedoch muss das epische Privatduell, das sich die beiden zwischen 1996 und 2005 lieferten, als unentschieden gewertet werden. Zwar wurde Keane in dieser Zeit sechs Mal und damit doppelt so oft Meister (neun Jahre lang gewann überhaupt kein anderer den Titel als ihre Klubs), dafür konnte Vieira die letzte und wichtigste Schlacht gewinnen: Im Elfmeterschießen des FA-Cup-Finales 2005 gegen Manchester United verwandelte er zum Sieg. Es war sein letzter Ballkontakt für den FC Arsenal.
Der Franzose gegen den Iren, der Londoner gegen den Mancunian, der Grandseigneur gegen den Straßenschläger: Verglichen mit diesem Aufeinandertreffen konnte jede Konstellation, die danach kam, nur blutarm wirken. „Hass.“ Das sei es gewesen, so Keane, was er beim Gedanken an den FC Arsenal und seinen Skipper empfunden habe. Einfach nur: „Hass.“
„Für mich war es ein Zeichen: Ich würde leiden.“
„Eine Woche vor einem Aufeinandertreffen begannen meine alten Verletzungen wieder zu schmerzen. Für mich war es ein Zeichen: Ich würde leiden.“ Und es will was heißen, wenn einer wie er sagt: „Vieira war sehr, sehr hart.“ Die Rücksichtslosigkeit der Tacklings (gegenüber dem Gegner und sich selbst), mit der die beiden ineinander krachten, kann nur durch eine stille Übereinkunft legitimiert gewesen sein, nicht aber durch das offizielle Regelwerk. Bei einem Punktspiel 1999, als Keane nach einem eskalierten Zweikampf durch den Unparteiischen und ein halbes Dutzend seiner Mitspieler von Vieira ferngehalten wurde, begab dieser sich sofort mit einem anderen Gegner in den Clinch: Jaap Stam, 1,90 Meter groß, zwei Zentner schwer, Spitzname „Der Fels“.
An einer Deeskalation der Feindschaft war freilich niemand interessiert: Die Medien und die Fans nicht, auch nicht die Trainer Sir Alex Ferguson und Arsène Wenger, die ihre Skipper in diesem Duell an ihrem Leistungsmaximum sahen, und am wenigsten Roy Keane und Patrick Vieira selbst: „Jedes Mal, wenn wir aufeinandertrafen“, so Keane, „gab es ein Feuerwerk.“ Und Vieira sagt: „Roy war mein bester Feind.“
„Es gibt Jungs wie uns nicht mehr“
„Best of Enemies“, so heißt dann auch die TV-Dokumentation des Journalisten Gabriel Clarke über das Duell der beiden. Zehn Jahre nach ihrem letzten von insgesamt 19 Aufeinandertreffen sitzen sich die beiden in einem verlassenen Lagerhaus an einem Tisch gegenüber. Keane wirkt in seinem Anzug wie ein Rummelboxer auf einer Beerdigung, Vieira trägt den seinen hingegen so selbstverständlich, dass man meint, er habe früher auf dem Platz auch nicht anders ausgesehen. Anfangs ist die alte Feindschaft noch mit Händen greifbar: das verächtliche Grinsen Vieiras, wenn Keane überhaupt nur den Mund aufmacht – und dessen sich zu Schlitzen verengende Augen, wenn er sich attackiert fühlt (was meistens der Fall ist). Doch ganz allmählich werden sie versöhnlicher. Die Nostalgie überkommt und rührt sie. „Das Spiel hat sich verändert. Es gibt Jungs wie uns nicht mehr“, sagt Vieira. Keane nickt.
Vielleicht gibt es in Zeiten des radikalen Fairplays mit etwas Glück noch einen ihres Schlages. Aber nicht zwei, die einander so sehr hassen, dass die Fans sie dafür lieben.