Gerade erst hat Hertha BSC eine neuerliche Finanzspritze erhalten – doch auf dem Platz ist davon noch immer nichts zu sehen. Bei der Mitgliederversammlung wird auch Trainer Ante Covic in Frage gestellt.
Die Mannschaft verfolgt die Mitgliedversammlung im Rang, wird bei der Begrüßung durch Gegenbauer nur kurz erwähnt und nach einer Dreiviertelstunde von ihm schon wieder verabschiedet. Ein einzelner Buhruf ist zu hören. In der Kurve am Samstag war die Stimmung feindlicher. Als die Mannschaft nach dem Spiel auftaucht, fliegen ihr sogar vereinzelte Getränkebecher entgegen. Einer der Vorsänger hat vor dem Anpfiff das Wort an die Anhänger in der Ostkurve gerichtet: Man singe heute für den Verein und für die eigenen Farben, aber „nicht für die Penner, die nicht verstanden haben, wie wichtig das Derby für uns ist“.
Die Enttäuschung über das verlorene Derby sitzt tief. Selbst als Manager Michael Preetz auf der Mitgliederversammlung über das „mit Abstand schlechteste Saisonspiel“ klagt, gibt es wütende Zwischenrufe und massiven Unmut. Bei allem fehlenden Spielglück und einigen diskutablen Schiedsrichterentscheidungen ist auffallend, dass Hertha nicht das liefert, wozu der Kader nach allgemeinem Dafürhalten in der Lage ist. „Wir sind hinter dem Plan“, sagt Preetz. „Wir können mehr, wir wollen mehr.“
Der Trainer steht zur Diskussion
Auch weil der Ertrag bisher nicht stimmt, wird jetzt schon über den Trainer diskutiert, jedenfalls bei vielen Anhängern. Als Preetz gefragt wird, wie es wieder aufwärts gehen könne, ruft jemand durch die Messehalle: „Neuer Trainer!“ Ante Covic kann die Diskussion, die besonders durch die Pleite im Derby ausgelöst und durch die dritte Heimspielniederlage gegen Leipzig befeuert worden ist, sogar verstehen. „Ich finde, dass das legitim ist, wenn man nicht die Ausbeute hat“, sagt der 44-Jährige am Rande der Mitgliederversammlung.
Hertha hat in elf Saisonspielen bei sechs Niederlagen nur elf Punkte geholt. „Das haben wir uns anders vorgestellt“, sagt Covic. Aber nicht nur er. Covic war mit dem expliziten Auftrag als Nachfolger von Pal Dardai angestellt worden, die Mannschaft einen deutlich attraktiveren und erfolgreicheren Fußball spielen zu lassen. Knapp drei Monate später ist davon bis auf wenige Halbzeiten nicht viel zu sehen. „Es ist doch normal, dass man anfängt, sich zu hinterfragen“, sagt Covic. Nach einem 2:4 wie gegen Leipzig suche er die Fehler auch bei sich.
Vielleicht ist es ja auch so, dass Hertha sich ein bisschen zu sehr nach dem jeweiligen Gegner ausrichtet. Diesen gänzlich außer Acht zu lassen wäre naiv. Doch schaffen es die Berliner zu selten, ihre eigenen Qualitäten zum Tragen zu bringen. Trotzdem genießt Ante Covic das ungebrochene Vertrauen von Manager Preetz. „Wir haben die Überzeugung in unseren Trainer nach wie vor“, sagt Preetz bei der Mitgliederversammlung. Dieses Vertrauen, sagt Covic, „tut extrem gut“.
Wie viele Punkte sammelt Hertha bis Weihnachten?
Dass der Manager so unerschütterlich hinter dem Trainer steht, liegt womöglich auch darin begründet, dass Covic vor allem seine Wahl war. Die nächsten Wochen müssen zeigen, inwiefern dieses Vertrauen rechtfertigt war. „Wir müssen wieder dahin kommen, uns für unseren Aufwand zu belohnen“, sagte Covic, das Spielglück erzwingen, wie es Hertha schon einmal geschafft hat. Zwischen dem zweiten und dem vierten Spieltag hat die Mannschaft schon einmal drei Spiele am Stück verloren. Es folgten drei Siege gegen Paderborn, Köln und Düsseldorf – gegen drei Mannschaften, die in der Tabelle alle hinter Hertha liegen. „Wir müssen in den nächsten Wochen bis Weihnachten punkten“, sagt Manager Preetz. Allerdings ist das Programm happig. Bis auf Augsburg kommen nun nur noch Teams, die vor den Berlinern platziert sind: Dortmund, Frankfurt, Freiburg, Leverkusen und Gladbach. „Wir haben ausreichend Geld, aber zu wenig Punkte im Moment“, sagt Gegenbauer zum Ende der Versammlung. „Bis Weihnachten sollte sich das zweite ändern.“