In München ist man geschockt, in Gladbach wird gewandert und der Rest der Liga will ins „Team Marktwert“. Und was geht sonst so am 28. Spieltag?
Wolfsburg – Leverkusen
Während in Barcelona am Samstag wieder das größte Duell im europäischen Fußball, der Clasico, ansteht, erwartet man in Deutschland mit Spannung das branchenübergreifende Spitzenspiel: Den Plastico. Wolfsburg gegen Leverkusen, das sind auch die heißen Duelle Golf gegen Aspirin, Abgas- gegen Babypillen-Skandal, „HecKING“ gegen „Angry Roger“. Was nach dem Kampf um den Einzug in die Wrestling-Bezirksliga klingt, ist in Wahrheit die letzte Chance für den VfL auch nächstes Jahr Gegner wie Real Madrid begrüßen zu dürfen. Die Ticketing-Abteilung der Niedersachsen hat sich für die Begegnung gegen Madrid etwas einfallen lassen: Unter Vorweis einer Karte aus dem Heimspiel gegen Gent erhielten 500 Fans eine Eintrittsberechtigung für die Show „Das Weiße Ballett – die mit den Wölfen tanzen“ am kommenden Mittwoch um 20:45 Uhr. So sollen die paar Tausend Zuschauer, die den größten Sieg der Vereinsgeschichte live miterlebten haben und begeistert waren, nicht gleich wieder mit einer hohen Niederlage abgeschreckt werden – ein echter Marketing-Coup.
Hannover – HSV
Die Hannoveraner Spieler, sie sehen endlich Licht am Ende des Tunnels. Jetzt, da klar ist, dass Thomas Schaaf nächstes Jahr nicht mehr Trainer bei 96 sein wird, können die Herren in den roten Trikots endlich wieder befreit aufspielen, um letztendlich doch nur knapp abzusteigen. Ihre primäre Aufgabe in den verbleibenden Erstligawochen: Den Kampf um Abstieg und Europa spannend zu halten, nach dem Motto „Wer gegen Hannover verliert, der hat den Klassenerhalt bzw. die Europa League nicht verdient. Der erste Gegner, den 96 zu sich in den Tabellenabgrund ziehen kann, ist der HSV. Sollten Labbadias Spieler, die in den vergangenen Wochen an einem akuten Fall von Torschiss, einer Folgekrankheit beim Ausfall des besten Stürmers, die sogar zur Relegation führen kann, erkrankt waren, auch gegen Hannover verlieren, sollte die Stadt Hamburg langsam mit den Planungen für ein Public Viewing am 24. Mai beginnen – das Relegations-Rückspiel wollen die Fans sicher, wie jedes Jahr, in gewohnter Atmosphäre verfolgen.
Bayern – Frankfurt
Der Schock sitzt tief in München. Ausgerechnet Franck Ribery gab auf der Pressekonferenz unabsichtlich Preis, dass Arjen Robben für das Spiel am Samstag und den darauffolgenden Auftritt in der Champions League ausfallen wird. Statt dem notorisch verletzten fliegenden Holländer müssen die Bayern nun auf den zuletzt verunsicherten und komplett außer Form auftretenden Franzosen Kingsley Coman setzen. Sicherlich, der junge Außenstürmer mit dem blonden Meerschweinchen auf dem Kopf traf zuletzt sowohl für die Münchner als auch für die Nationalmannschaft, fiel dabei in Zweikämpfen allerdings weitaus weniger theatralisch als Arjen Robben Eine fatale Schwächung gegen die defensivstarke Frankfurter Eintracht, die in München traditionell immer stark spielt: Beeindruckende vier Punkte entführten die Hessen aus München – in diesem Jahrtausend. Die Vorzeichen sind also klar: Die Münchner müssen auf einen Ausrutscher der SGE hoffen, die seit mittlerweile drei Wochen kein Spiel verloren hat.
Mainz – Augsburg
Die halbe Bundesliga diskutiert darüber, wie eine gerechtere Verteilung der TV-Gelder erreicht werden könnte. Ziel: Traditionsvereine stärken, Retortenklubs schwächen. Mainz und Augsburg haben dabei dasselbe Problem, beide Vereine positionieren sich zwischen den Fronten, ins elitäre „Team Marktwert“ durfte keiner der beiden. Dabei fährt das halbe Allgäu jedes zweite Wochenende nach Augsburg, um den FCA zu sehen – bundesweit schaltet dennoch niemand auf die Einzelspiel-Option. In Mainz wird seit Tuchel begeisternder Offensiv-Fußball gespielt, dazu werden Weltmeiser-Final-Vorlagengeber wie Andre Schürrle ausgebildet, dennoch spielt Mainz 05 im Konzert der „Großen“ wie dem HSV oder Eintracht Frankfurt eine kleine Rolle. Am Wochenende haben die beiden Klubs nun die Gelegenheit, zu zeigen, dass es sich lohnt einzuschalten. Mit etwas Glück liegt dann am Montag eine Team-MW-Einladung im Postkasten.
Ingolstadt – Schalke
Was der FC Ingolstadt und Schalke 04 gemeinsam haben? Bei beiden ist noch nicht ganz klar, wohin die Reise führen wird. Während man sich in Ingolstadt wöchentlich dem Lob der Kritiker ausgesetzt fühlt, aber dennoch noch nicht von allen Abstiegssorgen befreit ist, schwankt Schalke irgendwo zwischen Champions League und Tabellenmittelfeld. Ein so genanntes „richtungsweisendes Duell“, wie es im Reporter-Fachjargon heißt. Währenddessen gibt es Bereiche, in denen die Ingolstädter bereits in ihrer ersten Saison als Vorbild für den traditionsreichen FC Schalke fungieren: Die Knappen werden ihr kommendes Sommertrainingslager in Mittersill austragen, dort also, wo die Ingolstädter bereits im vergangenen Jahr waren. Wo Breitenreiter & Co. gerade schon dabei sind: Vielleicht sollte man sich auch bei der beeindruckend kollektiven Art, in Ingolstadt zu verteidigen, das ein oder andere abschauen.
Darmstadt – Stuttgart
Wie die Ingolstädter segelten auch die Matrosen vom Böllenfalltor bislang mit überraschend wenig Schlagseite durch das Bundesliga-Meer, angeführt von ihrer Galionsfigur Sandro Wagner. Und doch: Mittlerweile ist der Wind im Darmstädter Segel etwas abgeflaut, Dirk Schuster muss zusehen, dass sich die vielen Unentschieden der vergangenen Wochen nicht rächen. Allerdings denkt man in Darmstadt nicht nur kurzfristig: Unter der Woche verkündete der Verein einen durchaus spektakulären Neuzugang. Holger Fach soll ab der kommenden Saison als Kaderplaner mithelfen, weiterhin die besten bei etablierten Bundesligisten durchgefallenen Spieler (siehe Wagner) zu finden. Mit seiner jahrelangen Erfahrung könnte er die Darmstädter sogar ins Team Marktwert führen, bereits am Samstag bietet sich die Gelegenheit, beim Teamleader aus Stuttgart vorzuspielen.
Dortmund – Bremen
Der „Lieblingsgegner“ zu sein, ist nie gut. Diese niedliche Bezeichnung muss sich Werder Bremen allerdings im Dortmunder Signal-Iduna-Park geben lassen, immerhin verloren die Hanseaten ihre letzten acht Gastspiele beim BVB. Um für ein spannenderes Topspiel zu sorgen, könnte die DFL spontan bei Thomas Tuchel anrufen und darum bitten, Henrikh Mikhitaryan nicht aufzustellen, denn Werder Bremen ist nicht nur Lieblingsgegner der Schwarz-Gelben, sondern auch der des Armeniers (Sechs Scorerpunkte in vier Spielen). Mikhitaryans Berater Mino Raiola versucht derzeit übrigens wieder einmal alles, um weiterhin als der geldgierigste Hintergrundmann im europäischen Fußball zu gelten und brachte seinen Schützling mit den Worten „Er würde sehr gerne das Juve-Trikot tragen“ bei Juventus Turin ins Gespräch. Nach etwa 80 gespielten Minuten in Dortmund könnte Raiola am Samstagabend übrigens elf weitere Spieler ins Gespräch bringen, die dann sehr gerne das Juve-Trikot tragen würden: Die Bremer.
Gladbach – Hertha
Der Mensch hinter dem Profi kommt im modernen Fußballgeschäft viel zu kurz. Umso schöner, dass wir unter der Woche einen wunderbaren Einblick in das Leben von André Schubert bekommen konnten, der der „Rheinischen Presse“ unter anderem erzählte, dass er die Stadt London bewundert und im Sommer gerne wandern geht. Schubert bezeichnet sich zudem als „Sonnenmensch“, der auch gerne bei 30 oder 40 Grad draußen ist. So gesehen ist er in der sommerlich-sonnigen Mega-City und Wandermetropole Gladbach natürlich genau richtig. Zurück zum Sportlichen: Da ist Gladbach gegen Berlin seit einigen Jahren auch das Bruderduell Raffael gegen Ronny – letzterer steht in dieser Saison allerdings genauso oft in der Startelf wie Hertha-Maskottchen Hertinho. Ein Wiedersehen mit seinem Bruder wird es also nicht geben an diesem Wochenende. Am Ende nimmt der moderne Fußball eben doch wieder keine Rücksicht auf den Menschen hinter dem Profi.
Hoffenheim – Köln
Als Hoffenheim und Köln am 11. Spieltag zuletzt aufeinandertrafen, stand die TSG auf Platz 17 und der Effzeh auf Platz 9. Seitdem hat sich in puncto Tabellensituation wenig verändert, die Hoffenheimer konnten immerhin einen Platz gut machen. Während man sich bei der TSG weiterhin mit der akuten Abstiegsgefahr beschäftigen muss, versuchen die Kölner bereits an die Sommerpause zu denken – haben dabei allerdings ein Problem. Die geplante Asienreise wird nun doch nicht stattfinden, weil sich keine Gegner fanden. „Pirmasens statt Peking“ lautet nun also das Motto der Geißböcke, die die Internationalisierung nach hinten schieben müssen. Probleme, die man in Hoffenheim gerne hätte.