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Sam Clucas von Hull City schoss am Samstag ein Tor, und eigent­lich sollte so etwas nicht der Rede wert sein, schließ­lich verlor sein Team das Spiel 1:3.
 
Aber es pas­sierte, wie man so sagt, aus­ge­rechnet in Lei­cester. In diesem ver­dammten Lei­cester, dort, wo Sam Clucas in der Jugend gespielt hatte. Dort, wo sie ihn vor zehn Jahren vor die Tür gesetzt hatten, weil sie glaubten, er sei zu klein für den Pro­fi­fuß­ball.
 
Es war ein Treffer, der das vor­läu­fige Happy End einer mär­chen­haften Kar­riere mar­kierte. Auch weil Clucas mit diesem Tor ein wei­teres Kunst­stück gelang: Der Mit­tel­feld­spieler hat nun in den ersten fünf Ligen Eng­lands jeweils min­des­tens ein Tor erzielt. In fünf auf­ein­an­der­fol­genden Spiel­zeiten.

Es ist eine unfass­bare Geschichte“, schrieb die Hull Daily Mail“. Eine Geschichte, die Ende der Neun­ziger in Lin­coln beginnt. Mit dem Cham­pions-League-Finale zwi­schen dem FC Bayern und Man­chester United.

Paul Scholes im Kin­der­zimmer
 
Clucas ist neun Jahre alt, als er das End­spielt vor dem hei­mi­schen Fern­seher ver­folgt. Wie alle aus seiner Familie ist er glü­hender Fan der Red Devils, sein Vater ist für das Finale sogar nach Bar­ce­lona gereist. Über Clucas’ Bett hängt ein Poster von Paul Scholes. Das große Idol. Der Mentor im Geiste.
 
Als Teddy She­ringham und Ole Gunnar Solks­jaer die Deut­schen in den Abgrund schubsen, schnappt sich der junge Clucas seinen Schal und zieht mit seinen Freunden und seiner Familie fei­ernd durch die Nach­bar­schaft.
 
Zwei Jahre später tritt Clucas der Nach­wuchs­aka­demie von Lei­cester City bei. Er ist klein, nur 1,67 Meter, aber er macht sich gut, er spielt mal Mit­tel­feld, mal im Sturm, und er schießt viele Tore, he scores when he wants. Irgend­wann, das ist sein großer Traum, möchte er im Old Traf­ford auf­laufen.

Ich weinte mich tage­lang in den Schlaf“
 
Kurz nach seinem 16. Geburtstag wird Clucas in einen Bespre­chungs­raum gebeten. Der Junge ist frohen Mutes. Er glaubt, der Klub bietet ihm ein Sti­pen­dium an, einen Ver­trag, um für die zweite Mann­schaft der Foxes zu spielen. Aber es kommt anders. Später erin­nert sich Clucas in der Daily Mail“ an diesen Tag: Als ich den Raum betrat, sah ich auf einem Tisch ein Päck­chen mit meinem Namen liegen. Ich dachte: ›Oh, da ist ja das Sti­pen­dium.‹ Aber dann sagten sie: ›Du bist zu klein für den Pro­fi­fuß­ball. Wir brau­chen Spieler mit Gar­demaß, ab 1,80 Meter.‹ Ich weinte mich tage­lang in den Schlaf. Mit Fuß­ball hatte ich abge­schlossen.“
 
Clucas beginnt in einem Café zu arbeiten. Jeden Samstag von neun bis fünf Uhr schmiert er Sand­wi­ches und machte Kaffee. Sein Stun­den­lohn beträgt 6,20 Pfund. Unter der Woche belegt er am Lin­coln Col­lege Semi­nare in Sport­wis­sen­schaft. Sonn­tags spielt er für eine Ama­teur­mann­schaft, den Nett­leham FC, in der Nähe von Lin­coln.
 
Eines Tages erhält Clucas einen Anruf des ört­li­chen Klubs Lin­coln City. Der Trainer suche Spieler, um den kleinen Kader beim Trai­ning auf­zu­füllen. Clucas sagt zu, und nach einer Ein­heit erhält er ein Pro­be­trai­ning – danach bietet ihm der Viert­li­gist einen Ver­trag an. Öffnet sich die Tür zum Pro­fi­fuß­ball wieder? Nein, die Hoff­nung ver­pufft im Nu: Der neue Trainer, Chris Sutton, steht nicht auf Clucas und plant für die kom­mende Saison ohne ihn. Der junge Spieler ist ver­wirrt. Ist er ein Spieler, der zu gut ist für eine Ama­teur­mann­schaft, aber zu schlecht für ein Pro­fi­team? Ist er einer, der auf ewig zwi­schen den Ligen tau­meln würde? Ich saß zu Hause vor meinem Paul-Scholes-Poster und fragte ihn: Wohin soll diese selt­same Reise nur gehen?“