Der Tod von Sahar Khodayari sorgt weltweit für Empörung. Die Iranerin verstarb vor einigen Tagen, als sie sich aus Angst vor dem Gefängnis selbst anzündete. Ihr Vergehen: Sie wollte ein Fußballspiel besuchen.
„Heute war der traurigste und bitterste Sieg für unser Team“, schrieb Masoud Shojaei, der ehemalige Kapitän der iranischen Nationalmannschaft, am Dienstagabend auf seinem Instagram-Account. Dabei hatte sich sein Land mit einem Auswärtssieg in Hongkong soeben eine gute Ausgangsposition in der aktuellen Runde der asiatischen WM-Qualifikation verschafft. „Wir haben zwei Tore geschossen und das Spiel auf dem Rasen gewonnen – aber wir haben nicht gewonnen. Wir haben verloren, weil Sahar nicht mehr bei uns ist.“
Leidenschaft mit tragischem Ausgang
Sahar Khodayari war ein leidenschaftlicher Fußballfan, eine Anhängerin von ›Team Melli‹ – so der Spitzname der iranischen Nationalelf – und vor allem von Esteghlal FC, einem von zwei populären Vereinen aus der iranischen Hauptstadt Teheran. Ihre Leidenschaft allerdings hatte einen Haken: Khodayari war eine Frau.
In der vergangenen Woche übergoss sich Khodayari mit Benzin und versuchte, sich auf der Straße vor einem iranischen Gerichtsgebäude selbst zu verbrennen. Die Geschichte dahinter ist so entsetzend wie unfassbar. Khodayari war im März dieses Jahres festgenommen worden, als sie ein Spiel ihres Herzensteams in der asiatischen Champions League besuchen wollte. Um nicht als Frau erkannt zu werden, hatte sie sich bestmöglich in den Farben ihrer Mannschaft verhüllt. Die Justiz der Islamischen Republik warf ihr das zweckwidrige – und deshalb unerlaubte – Tragen eines Hijab, der traditionell-religiösen Kopfbedeckung, vor. Auf dieser Grundlage sollte Khodayari zu einer Gefängnisstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt werden – der sie mit ihrer Selbstanzündung offenbar zuvorkommen wollte.
Das größte Stadionverbot der Welt
Mit Sicherheit ging es den iranischen Autoritäten aber nicht um das unerlaubte Tragen des Hijabs, sondern um ein anderes Vergehen. Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 ist es Frauen im Iran nicht gestattet, Sportveranstaltungen von Männern zu besuchen. Die Begründungen dafür sind wechselhaft. Mal sind die angeblich rohen Sitten beim Männersport Schuld, vor denen Frauen geschützt werden sollen – angeblich würde im Fußballstadion unentwegt geflucht –, dann wieder wird darauf verwiesen, dass aufgrund religiöser Gebote Frauen die nackte Haut der Männer nicht sehen dürften.
Seit Jahren gibt es deshalb nationale und internationale Kampagnen, die sich gegen das wahrscheinlich größte Stadionverbot der Welt auflehnen. Unter dem Titel „Open Stadiums“ überlegen sich weibliche, iranische Fußballfans, wie sie die ihnen auferlegten Repressalien gemeinsam umgehen können. Neben einer breiten Öffentlichkeitsarbeit – während sämtlichen Spielen des Irans bei der vergangenen WM in Russland gab es Protest auf den Rängen – versuchten wiederholt Frauen, als Männer verkleidet, Zutritt zu einzelnen Spielen zu erlangen. Zuletzt wurden dabei im August vier Frauen verhaftet und einige Tage eingesperrt. Die Botschaft von „Open Stadiums“ war stets sehr deutlich: Lange hinnehmen würden die iranischen Frauen dieses Verbot nicht mehr.