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Seite 2: „Urlaub? Habe ich immer nach den Spielen der Borussia ausgerichtet“

Für mich gehört zum Fuß­ball ein volles Sta­dion“

Bruno, 67
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Seit ich denken kann, bin ich Dort­mund-Fan. Das ist eben mein Hei­mat­verein. Mitt­ler­weile habe ich über 2100 Spiele des BVB gesehen und bin eigent­lich noch lange nicht müde. Ange­fangen hat alles mit der Partie gegen den MSV Duis­burg im Jahr 1965. Die Namen der Spieler weiß ich noch heute. Es war fast die Elf, die 1966 dann den Euro­pa­pokal holte, nur Aki Schmidt war leider nicht dabei. Ansonsten bin ich eh ein wan­delndes Lexikon über Borussia Dort­mund. Seit der Verein 1974 ins West­fa­len­sta­dion umge­zogen ist, war ich bei jedem Heim­spiel dabei. Aus­wärts fahre ich auch zu prak­tisch jedem Spiel mit. Nur nach Gel­sen­kir­chen und Leipzig nicht. Diese Ver­eine möchte ich nicht unter­stützen, vor allem weil Leipzig nichts anderes als eine Pro­dukt­wer­bung ist.

Ich habe in meiner Zeit so viel gesehen. Ob mit dem Wohn­mobil nach Rumä­nien oder mit dem Zug nach Donezk: Ich war überall dabei. Exo­tisch war auch meine Reise nach Tokio zum Welt­pokal-Finale. Einmal war ich in Glasgow und musste am nächsten Tag arbeiten. Wegen des Nacht­flug­ver­bots konnte der Flieger nicht mehr starten und wir flogen erst am nächsten Morgen los. Ich bin direkt, in voller Fan-Montur, zur Arbeit gegangen und alle haben mich ange­starrt. Wo kommst du denn her?“, fragten sie. Na, aus Glasgow, woher denn sonst?“ Meinen Urlaub habe ich immer nach den Spielen der Borussia aus­ge­richtet. Was mich reizen würde, wäre eine Aus­wärts­fahrt nach Irland. Das habe ich mit Dort­mund näm­lich noch nicht erlebt.

Als ich von der Sai­son­un­ter­bre­chung hörte, hoffte ich noch auf eine kom­plette Absage. Mir wäre es am liebsten gewesen, sie hätten gar nicht mehr gespielt. Der Fuß­ball ent­wi­ckelt sich der­maßen weg von den Fans, das nervt mich sehr. Mit den Geis­ter­spielen kam für mich der Punkt, mich kom­plett vom Fuß­ball abzu­wenden. Die Par­tien habe ich auch nicht im Fern­sehen ver­folgt, nur die Zusam­men­fas­sungen in der Sport­schau. Es gab zwar spa­ßes­halber die Über­le­gung mich als Ball­junge zu bewerben, um viel­leicht doch ins Sta­dion zu kommen, aber in meinem Alter war das Unter­nehmen aus­sichtslos. Hinzu wäre dann auch noch eine Qua­ran­täne gekommen, weil ich nicht in Nord­rhein-West­falen lebe, son­dern im nie­der­säch­si­schen Osna­brück. Auch in der neuen Saison habe ich für mich den Ent­schluss gefasst, dass der Fuß­ball zur­zeit kom­plett über­flüssig ist. Für mich gehört zum Fuß­ball ein volles Sta­dion, und das pas­siert wohl erst, wenn es einen Impf­stoff gibt. Vorher gehe ich nicht ins Sta­dion. Ganz oder gar nicht.

Ein Tag hin, ein Tag zurück: eigent­lich Wahn­sinn“

Martin, 43
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Ich bin sauer auf die DFL und ihre Ent­schei­dung pro Geis­ter­spiele. Seit 1999 war ich bei jeder Partie des 1. FC Nürn­berg. Bis auf eine: die Wie­der­ho­lung gegen Ale­mannia Aachen im Januar 2004. Es war das erste Geis­ter­spiel im deut­schen Pro­fi­fuß­ball, des­wegen konnte ich nicht hin. Aber bei der regu­lären ersten Partie war ich im Sta­dion, des­wegen zählt das schon als durch­gän­gige Serie. Ich habe keine Ground­hopper-App oder führe Buch über meine Spiele, es waren aber bestimmt 1000 Stück. In den zwanzig Jahren gab es einige High­lights. Vor allem das Pokal­fi­nale 2007 in Berlin. Auch die UEFA-Cup-Spiele danach waren klasse. Einmal sind wir einen ganzen Tag mit dem Bus nach Buka­rest gefahren – und einen Tag wieder zurück. Für ein ein­ziges Spiel. Eigent­lich Wahn­sinn, wenn man dar­über nach­denkt. Die Reise nach Sankt Peters­burg habe ich dar­aufhin lieber mit dem Flug­zeug gemacht. Aus­wärts ist der Zusam­men­halt stärker, dabei ent­stehen Freund­schaften. Wenn man krasse Fahrten macht, wie etwa nach Kiel, als es nachts um drei Uhr los­ging, sind eben nur Men­schen dabei, die wirk­lich zum Verein stehen.

Leider war nichts zu machen, bei unseren Geis­ter­spielen doch irgendwie ins Sta­dion zu kommen. Anfangs dachte ich noch, dass ein Abbruch total okay wäre, vor allem als es bei Dynamo Dresden Corona-Fälle gab. Dadurch stiegen die Dresdner noch später ein und mussten quasi alle drei Tage spielen. Das war in meinen Augen Wett­be­werbs­ver­zer­rung. Ein Sai­son­ende wäre besser und logisch gewesen. In dieser Zeit fand bei mir eine Ent­frem­dung vom Fuß­ball statt. Die Spiele der Club­berer habe ich nur im Live­ti­cker am Handy ver­folgt. Ich habe die Über­tra­gungen bewusst boy­kot­tiert, denn Fuß­ball ist kein Fern­seh­pro­dukt. Selbst bei der Rele­ga­tion war ich nicht vor dem Fern­seher, son­dern in Prag, bei einem Spiel von Dukla. Als ich gesehen habe, dass Ingol­stadt 3:0 führt, war ich aber den Tränen nahe. Es ging schließ­lich um die Exis­tenz des Ver­eins. Bei unserem Tor in der Nach­spiel­zeit jubelten wir zu dritt in einem Park und schrien vor Freude, bis uns die Anwohner schräg anschauten.

Obwohl das erste Spiel der neuen Saison aus­wärts in Regens­burg statt­fand, bin ich durch Kon­takte an Karten gekommen. Aber alles regel­kon­form, sozu­sagen als neu­traler Fan. Es hat sich etwas komisch ange­fühlt. Trotzdem freute ich mich natür­lich, wieder im Sta­dion zu sein. Es fehlt zwar noch viel zur Nor­ma­lität, aber es ist besser als nichts.