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Helden werden aus Kata­stro­phen geboren. Kenny Dalg­lish, Schotte, ist am 15. April 1989 schon eine lebende Legende beim FC Liver­pool. Als Stürmer hat er die Reds“ an Europas Spitze geschossen, als Trainer setzt er seit 1985 die Erfolgs­serie des Klubs fort. Erst ein Jahr zuvor hat Anfield Meis­ter­schaft Nummer 17 feiern können. Jetzt, inmitten eines Schlacht­feldes aus Men­schen, zer­ris­sener Klei­dung und Blut im Shef­fielder Hills­bo­rough-Sta­dion, liegt Liver­pools Fuß­ball in seinen letzten Atem­zügen. Wäh­rend auf den Tri­büne des Lep­pings Lane End 96 Men­schen in einer Mas­sen­panik zu Tode gequetscht werden, steht Liver­pool-Trainer Kenny Dalg­lish auf dem Rasen und sucht seinen Sohn.

Immerhin diese Geschichte hat ein Happy End: 20 Minuten dauert der Alb­traum des Vaters, dann sieht Kenny Dalg­lish seinen Sohn Paul aus einem hilf­losen Knäuel Men­schen auf sich zukommen. Er ist unver­sehrt.

Zwei Ted­dy­bären als stumme Beob­achter des Grauens

Einen Tag später. Kenny Dalg­lish besucht die gro­teske Trau­er­stätte Hills­bo­rough. Er betritt eine Fläche, die einmal ein Fuß­ball­feld war. Jetzt ist der Rasen ein ein­ziges Denkmal. Das Zel­lo­phan der Blu­men­sträuße knis­tert im Wind, das Grün des Rasens ist vor lauter Fan­schals kaum noch zu erkennen. Die Erin­ne­rungen an eine unfass­bare Kata­strophe. Dalg­lish hat zwei Ted­dy­bären in der Hand, er setzt die Stoff­tiere neben den Tor­pfosten und macht sie zu stummen Beob­ach­tern dieser schaurig-schönen Sze­nerie. Später wird Kenny Dalg­lish sagen, dass das der trau­rigste und zugleich schönste Anblick meines Lebens“ gewesen sei. Und er stellt sich Frage, wie ein Fuß­ball-Trainer auf ein sol­ches Ausmaß der Trauer ange­messen reagieren soll.

Die Ant­wort ist ganz ein­fach und doch so schwer: Abschied nehmen und die Trauer der Hin­ter­blie­benen teilen. Spieler und Ver­ant­wort­liche folgen in den nächsten Tagen und Wochen den For­de­rungen ihres Trai­ners und besu­chen jedes Begräbnis, jede Trau­er­feier. Kein Opfer soll ver­gessen bleiben. John Barnes, Bruce Grob­belaar, dem noch die They´re kil­ling us, Bruce, they´re kil­ling us!“-Rufe der Fans in den Ohren klingen, John Ald­rige und all die anderen Helden von Anfield erweisen den toten Fans die letzte Ehre. Ver­ein­zelt ver­lesen sie Trau­er­reden vor den Särgen. Kenny Dalg­lish hat sie ver­fasst. An man­chen Tagen ist der Trainer mit seiner Frau Marina auf vier ver­schie­denen Trau­er­feiern, eine Poli­zei­es­korte sorgt dafür, dass das Ehe­paar ohne Hin­der­nisse durch den Liver­pooler Stadt­ver­kehr kommt. 

21 Monate nach der Kata­strophe kün­digt Kenny Dalg­lish seinen Ver­trag als Trainer beim FC Liver­pool. Die genauen Gründe dafür hat er nie genannt. Seine Tochter Kelly sagt: Mein Vater hat all dem Stress und der Last der Ver­ant­wor­tung einen hohen Tribut zollen müssen. Hills­bo­rough hat ihn im Innersten erschüt­tert.“ Für die Fans vom FC Liver­pool ist Kenny Dalg­lish keine Legende mehr. Sie haben ihn zu einer Ikone aus­ge­rufen. Als die Ver­eins­home­page Jahre später die 100 Players Who Shook the Kop“ sucht, wird Steven Ger­rard nur Zweiter. Auf Platz eins: Kenny Dalg­lish.