Island steht nach dem 1:0‑Sieg in Holland vor einer der größten Überraschungen der Fußballgeschichte. Aber wer sind überhaupt diese Wunderkicker? Wir stellen fünf vor.
Hannes Halldorsson
Es heißt, Insulaner seien eigen und wundersam. „Nah ist nur Innres; alles andre fern“, schrieb Rainer Maria Rilke in seinem Gedicht „Die Insel“. Hannes Halldorsson ist nicht nur Insulaner, sondern auch Torhüter der Isländer. Und natürlich auch ein bisschen verrückt. Denn ganz nebenbei ist er einer der bekanntesten Filmemacher seines Landes. Er drehte zum Beispiel das Musikvideo für den isländischen Teilnehmer des Eurovision Song Contests oder Werbespots für Biermarken, Joghurt, eine Fluglinie und eine Actionkomödie. Als wir ihn im Frühjahr dieses Jahres besuchten, schrieb er an einem Drehbuch für einen Geisterthriller im Stile Stephen Kings.
Okay, Hobbys haben auch andere Fußballer (Hrubesch schrieb Bücher übers Angeln, Thomas Brdaric nahm Schlagersongs auf). Was wirklich erstaunlich ist: Halldorsson spielt erst seit 2007 professionell Fußball. Noch mit Anfang 20 hockte er als 105-Kilo-Koloss auf der Tribüne eines isländischen Drittligisten. Seine bisherigen Vereine heißen: KR Reykjavik, Fram Reykjavík, SK Brann, Sandnes Ulf und NEC Nijmegen. Marktwerkt: 400.000 Euro. In der aktuellen Qualifikation hat er erst drei Gegentreffer hinnehmen müssen.
Fakt 1: Der Berliner Fußballverband hat sechsmal so viele aktive Spieler wie Island.
Kolbeinn Sigthorsson
Mit so einem Namen wird man zwangsweise zum Helden geboren. Schoss im Rückspiel gegen Tschechien, richtig, das Siegtor zum 2:1. Sowieso ist er in der Nationalspieler jetzt schon auf dem Weg zur Legende. Mit 17 Toren in 29 Spielen steht er hinter Islands Fußballgott Eidur Gudohnsen (24 Tore) auf Platz 2 der ewigen Torschützenliste.
Auch auf Vereinsebene hat sich der 25-jährige Stürmer in den vergangenen Jahren klammheimlich zu einem Top-Stürmer entwickelt. Empfahl sich 2011 mit 15 Saisontoren für ein Engagement bei Ajax Amsterdam, wo er bis 2015 auch recht ordentlich geknipst hat (35 Tore in 105 Spielen). Allein kaum jemand bekam das mit – außer der FC Nantes, zu dem er vor wenigen Wochen wechselte. Für läppische drei Millionen Euro Ablöse.
Zitat 1: „Vor mehr als 1000 Jahren kamen die Wikinger hierher. Sie waren kleine Könige, aber groß und stark. Die Lebensbedingungen hier waren hart, so dass sie ihre Stärke ständig gefordert war.“ (Atli Edvaldsson, zwischen 1976 und 1991 machte er 70 Länderspiele für Island)
Gylfi Sigurdsson
Sigurdsson war bereits dreimal Islands Fußballer des Jahres und ist der eigentliche Star der EM-Qualifikation. Fünf Tore schoss er in sieben Spielen, darunter ein Doppelpack beim 2:0‑Hinspielsieg gegen die Niederlande. Am Donnerstag, beim Rückspiel in Amsterdam, erzielte er per Elfmeter das Siegtor. Später sagte er: „Als ich zum Ball gegangen bin, um den Strafstoß zu schießen, war mein erster Gedanke: Nicht vorbeischießen! Das war das erste Mal, dass ich vor einem Elfmeter nervös war.“
Aktuell spielt Sigurdsson für Swansea City. Davor war er u.a. für Tottenham Hotspur und die TSG Hoffenheim aktiv. Im Kraichgau schoss Sigurdsson nicht nur neun Tore in 36 Spielen, er fiel auch durch lässige Interviews auf. Auf die Frage, wo er denn wohne, antwortete er einmal: „Ich habe ein Haus gefunden, das mir gefällt. Wie der Ort heißt, weiß ich nicht. Aber ich weiß, wie ich zum Training hinkomme und wie wieder zurück – das reicht doch.“
Zitat 2: „Alles, was ich sagen kann, ist herzlichen Glückwunsch, Jungs – und Island als Ganzes. Holland hat seit 2007 jedes Heimspiel in jedem Wettbewerb gewonnen – bis jetzt.“ (Islands Ministerpräsident David Gunnlaugsson zu Islands Sieg in Holland)