Heute empfängt Arsenal im Emirates Stadium den FC Chelsea. Eine vergleichsweise unbefleckte Heimstätte. Im alten Stadion des FC Arsenal wurde 93 Jahre lang gelitten, gehofft und gefeiert.
Doch es dauerte bis zu den Dreißigern, ehe Highbury zu einem heißgeliebten Fußballort wurde. Herbert Chapman war es, der in der landesüblichen Doppelfunktion als Trainer und Manager den Klub revolutionierte. Arsenal spielte nun bahnbrechenden und erfolgreichen Fußball, und das bis dahin improvisiert zusammengestückelte Stadion wurde umgebaut. Das Arsenal Stadium erhielt in der Chapman-Ära seine ebenso gradlinige wie filigrane Ästhetik, die es zu einem Symbolbild zügelloser Fußballromantik machte.
Die rauen Stehtribünen waren bis zu ihrem Verbot nach dem „Taylor Report“ ein mythenumrankter Sehnsuchtsort für die Arbeiterklasse, gleichzeitig war die Marble Hall vor der Osttribüne mit seiner prunkvollen Art-déco-Fassade ein apodiktisches Monument für den zunehmenden Glamour des Klubs. Am Eingang der Marmorhalle verkauften vor großen Spielen betrügerische Schwarzmarkthändler Tickets zu Wucherpreisen an arglose Fußballtouristen. Die heimischen Nachwuchsfans zwängten sich derweil durch eine schmale Gasse ins sogenannte „Schuljungengehege“, das die Ausbildungsstätte des Clock Ends war, des legendären Stehsektors des Klubs.
Erdnussverkäufer, Losverkäuferinnen, Polizeikapelle
Trotz der schleichenden Eventisierung, die auch vor Highbury nicht halt machte, ging es hier im Verlauf der neun Jahrzehnte in erster Linie um Fußball. Die Erdnussverkäufer, die sich im hektischen Trubel von keinem Rempler aus dem Gleichgewicht bringen ließen, die Polizeikapelle, die in der Halbzeitpause aufspielte, und die „Make money with Arsenal“-Girls, die Lose verkauften, waren nicht mehr als atmosphärische Randerscheinungen.
Mit seinen mächtigen Metallstützen, die das Giebeldach über den Tribünen trugen, wirkte Highbury zuletzt wie ein Monument aus einer vergangenen Zeit. „Ich habe immer gespürt, dass diesem Stadion eine ganz eigene Seele innewohnte“, sagt Arsenal-Coach Arsène Wenger über das ehemalige Stadion seines Vereins. „Ich mag daran dieses Gefühl, dass der Klub zu den Leuten aus der Umgebung gehört.“ Deshalb – und weil Arsenal entscheidende Spiele wie das am 7. Mai 2006 gegen Wigan Athletic am Ende oftmals doch noch gewann – wird Highbury seinem pathetischen Beinamen gerecht. Die Arsenal-Fans nannten es stets: „The Home of Football“.