Sören Osterland schloss mit 26 Jahren seine Trainerausbildung ab – mit Note 1,0. In Paderborn soll er seinem Jugendidol Stefan Effenberg assistieren. Eine gute Entscheidung?
Eigentlich strebte Osterland auch eine Karriere als Profi an, er spielt bei Lok Stendal, in der zweiten Mannschaft des 1. FC Magdeburg und mit Optik Rathenow in der Oberliga. Auf die Frage, warum es nicht für mehr gereicht habe, sagte er in einem Interview mit „dfb.de“: „Ich habe mir auf und neben dem Feld zu viele Gedanken gemacht. Wenn man versucht, für zehn andere Leute mitzudenken, kann das eine hemmende Wirkung haben.“ Und: „Die Chance, dauerhaft im Fußball tätig zu sein, habe ich als Trainer größer eingeschätzt.“
Bayern II, Hannover II – und dann Ungarn
Wenige Wochen nach der Abschlussprüfung fragt Mehmet Scholl, ob Osterland Co-Trainer bei der U23 des FC Bayern werden möchte. Osterland sagt zu, und fortan arbeiten beide ein gemeinsam daran, Jupp Heynckes die besten Talente anzubieten. Sie fördern Emre Can, Mitchell Weiser oder Pierre-Emile Höjbjerg. Nach einem Jahr entscheidet sich Scholl aber, in Zukunft ausschließlich als TV-Experte zu arbeiten.
Osterland beendet im Sommer 2013 ebenfalls seine Tätigkeit in München. Er geht nach Hannover, wo er als Chefcoach zwei Jahre die zweite Mannschaft trainiert. Es läuft nicht überragend, aber auch nicht schlecht. 68 Mal steht er an der Seitenlinie, 1,21 Punkte holt die Mannschaft im Schnitt, aber darum gehe es nicht, so Osterland später. Eher darum, Spielern eine Verbindung von der Jugend zu den Profis zu bieten. Für den Vorstand um Dirk Dufner ist es aber nicht genug. Im Sommer 2015 teilt man dem Trainer mit, dass er gehen müsse. Die Begründung: Osterland, mittlerweile 29 Jahre alt, sei zu jung.
„Dufner raus, Osterland rein!“
„Dagegen kann ich nicht argumentieren“, sagte Osterland kurz nach seiner Entlassung in einem Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen“. „Vielleicht bin ich langsamer gealtert als erwartet.“ Die Fans jedenfalls sind enttäuscht vom Vorstand. Beim nächsten Spiel der ersten Mannschaft hängt ein Banner in der Fankurve: „Dufner raus, Osterland rein!“
Osterland fängt wenig später in Ungarn an, er soll dort die U19 zur EM 2016 nach Deutschland führen. Die Mannschaft startet mit einem Sieg, einem Unentschieden und einer Niederlage. Und dann kommt der Anruf von Effenberg.
Wenige Tage später steht Osterland auf dem Trainingsplatz des SC Paderborn, 330 Kilometer westlich seiner Heimat Stendal, einen Meter neben seinem Jugendidol. Effenberg hatte über ihn, den „Wundertrainer“ („Die Welt“), auf der ersten Pressekonferenz gesagt, er könne sehr schnell auf dem Laptop schreiben: „Ich würde wohl immer noch im Unterrichtsraum sitzen und tippen, wenn Sören nicht gewesen wäre.“ Das sollte ein Scherz sein. Aber es implizierte auch, dass Osterland das Gehirn des Teams ist. Ein moderner Typ, am Puls der Zeit. Dieser Tage kann man daher recht häufig lesen, dass Osterland das sei, was Jogi Löw 2006 für Jürgen Klinsmann war: der Stratege im Hintergrund, der Planer, das Auge.
Der Traum vom Henkelpott
Außerdem kann man seit Jahren schon von einer goldenen Zukunft Osterlands lesen. Da fallen Wörter wie Cheftrainer, Bundesliga, Champions League, das Übliche eben, wenn eine Sache groß und sensationell klingen soll. Zumeist antwortet der 29-Jährige recht unaufgeregt und sachlich auf solche Fragen. Die Bundesliga nannte er mal sein Fernziel, und kurz nach der Entlassung in Hannover klang er nicht zornig oder gar hysterisch.
Was aber nicht heißt, dass er nicht auch ein bisschen lauter kann. In einem Interview mit der „Neon“ sagte er auf die Frage, wo er gerne hinwolle: „Täglich zum Italiener und einmal zum Henkelpott!“ Und vor einigen Monaten verriet er in einem Interview mit „Magdeburg Kompakt“ sein Lebensmotto. Es lautet: „Durchschnitt ist für andere“. Es könnte auch der Titel einer neuen Effenberg-Biografie sein.