Ein mehrmaliger Weltfußballer, der Newcomer des Jahres oder der teuerste Kicker des Planeten. Bei der WM in Russland treffen sich die fünf momentan besten Spieler der Welt. Vier von ihnen könnten das Turnier entscheiden – einer muss schon in der Vorrunde alles geben.
Lionel Messi
„Entscheidend is auf’m Platz“. Ein Satz der wohl für alle Fußballer der WM gilt, außer für Lionel Messi. Denn dass der wuselige Argentinier auf dem Platz der Größte ist, hat er zig Mal bewiesen. Bei diesem, seinem vielleicht letzten WM-Turnier in Russland, zählt das Resultat mehr als alles andere. Und mit Resultaten kennt er sich aus. Er gewann vier Mal die Champions League, ist achtfacher spanischer Meister und fünfmaliger Pokalsieger. Allein ein großer Titel mit der Nationalmannschaft fehlt ihm noch. Bei Weltmeisterschaften mussten sich die Argentinier in den letzten drei Ausgaben stets Deutschland geschlagen geben. Auch in Russland könnten die beiden Schwergewichte wieder aufeinandertreffen – diesmal im Halbfinale.
Zu den ganz großen Favoriten zählt die Auswahl Argentiniens nicht. Die beinahe chronische Unausgeglichenheit der letzten Jahre ist auch 2018 allgegenwärtig. Während sich in der Offensive Stars wie Gonzalo Higuain, Sergio Agüero, Paulo Dybala oder Angel di Maria um Spielzeit streiten, müssen No-Names und Routiniers hinten den Laden dicht halten. Da hilft es natürlich auch nicht, dass kurz vor Turnierbeginn Argentiniens Nummer 1, Sergio Romero, verletzt absagen musste.
Ohne Messi müsste man über Argentinien nicht diskutieren, wenn es um die Titelfavoriten geht. Doch die Nummer Zehn Barcelonas ist in sehr guter Form und lässt ganz Argentinien hoffen, dass er sie allein zum Titel trägt. Ganz egal wie.
Der Brasilianer gehört technisch zum Besten was der Weltfußball zu bieten hat. Er gilt vielerorts als der Erbe der Weltfußballerpokale, wenn Messi und Ronaldo einmal abgetreten sind. Und das zurecht. Doch vorher spielt Neymar erst einmal seine zweite WM. Sein erstes Weltturnier hätte kaum spektakulärer verlaufen können. Der teuerste Fußballer der Welt war der einzige offensive Lichtblick in einem größtenteils durchschnittlichen brasilianischen Team. Als er im Viertelfinale gegen Kolumbien aus dem Turnier gefoult wurde, brach die Mannschaft in einem historischen Halbfinale gegen Deutschland komplett zusammen – und verlor mit 1:7.
Seitdem ist eine Menge passiert. Den Titelgewinn in der Heimat holte er dann 2016 in kleinerem Rahmen nach. Als Kapitän führte er die „Seleçao“ in Rio zum Olympiasieg. Später gab er die Kapitänsbinde wieder ab. Der wichtigste Spieler ist er bis heute. Das hat auch mit dem zu tun, was im letzten Sommer in Paris passiert ist. Für 222 Millionen Euro wurde Neymar zum teuersten und vielleicht kontroversesten Spieler der Welt. Fußballfans auf dem ganzen Globus werfen ihm Geldgier vor, da Paris sportlich eine Stufe unter dem FC Barcelona, seinem alten Team, steht. Auf der anderen Seite findet sein Trikot rasenden Absatz, er allein verhilft Paris Saint-Germain, gar der ganzen Ligue 1, zu ungeahnter Relevanz.
Frankreichs Spieler der Saison wollte allem Anschein nach raus aus dem Schatten von Lionel Messi und endlich der Star der Mannschaft sein. In der französischen Hauptstadt gelang ihm das nicht vollständig. In der Schlussphase der Saison war er verletzt, es gab monatelang Gerüchte um einen Wechsel zu Real Madrid und unter den Pariser Fans sind nicht wenige mittlerweile genervt von dem Theater, das Neymar neben dem Platz veranstaltet. Das muss und wird ihm für die nächsten vier Wochen egal sein. Denn jetzt ist er der Star im Team. Und mit diesem Team kann er auch aus dem Schatten Lionel Messis springen – wenn er den Pokal holt.
Der ehemalige Wolfsburger führt die beste belgische Auswahl der Geschichte an. Nie waren die roten Teufel so mit Talent vollgestopft wie in diesem Sommer. Chelseas Flügelstürmer Eden Hazard, Torwart Thibaut Courtois oder der Sturmtank Romelu Lukaku gehören auf ihren Positionen zu den besten Spielern weltweit. Doch Kevin de Bruyne sticht noch einmal hervor.
Hätte Mo Salah sich nicht dazu entschieden, eine surreal gute Saison zu spielen, wäre der Premier League Spieler des Jahres 2017/18 de Bruyne geworden. Der 26-Jährige war der Kopf einer überragenden Mannschaft von Manchester City, die dominant wie verdient englischer Meister wurde – und auf diesem Weg einen Rekord nach dem anderen pulverisierte.
Sein Trainer Pep Guardiola, der de Bruyne bereits in seiner Zeit als Bayern-Coach holen wollte, adelte den offensiven Mittelfeldspieler bereits 2016 mit den Worten: „Messi steht allein, aber am Tisch nebenan darf Kevin sitzen. Er ist ein besonderer Spieler. Ohne Ball der erste Kämpfer, mit dem Ball am Fuss voller Klarheit. Er sieht alles, er trifft in jedem Moment die richtige Entscheidung.“ Nun hofft ein ganzes Land darauf, dass Kevin de Bruyne diese Fähigkeiten nicht nur im blauen, sondern auch im roten Trikot zeigen kann.
Der Mann für die wichtigen Momente. Bei der Heim-EM vor zwei Jahren schaltete er Deutschland im Halbfinale mit zwei Treffern im Alleingang aus. Und auch als vor wenigen Wochen das Endspiel der Europa League anstand, gewann Griezmann mit Atlético Madrid gegen Olympique Marseille und schnürte wieder einen Doppelpack. Der französische Stürmer, der neben seinem Abschluss auch damit glänzt möglichst albern zu jubeln, ist also zur richtigen Zeit des Jahres in Topform. Hinter ihm liegt eine sehr gute Saison in Spanien, die neben dem Titel in der Europa League auch noch den zweiten Platz in der Meisterschaft bereithielt.
Antoine Griezmann ist der einzige Kicker der elitären Fünfer-Auswahl, der im Nationalteam bessere Mitspieler hat, als im Verein. Das liegt jetzt weniger an mangelnder Qualität bei Atlético, sondern ist eher ein Resultat des Fantasiekaders, den Frankreich nach Russland schickt. So unterstützen ihn unter anderem das Riesentalent Kylian Mbappé, die Weltklasse-Verteidiger Samuel Umtiti und Raphael Varane, sowie Mittelfeld-Motor Paul Pogba auf dem Weg zum Weltpokal.
Er hat also das große Glück, nicht alles allein machen zu müssen. Vielleicht schießen die ersten Tore Olivier Giroud oder Thomas Lemar, eventuell spielen Ousmané Dembéle oder Florian Thauvin in der Vorrunde auffälliger als Griezmann. Doch spätestens wenn es darauf ankommt, wird er wieder da sein. Und albern jubeln.
Ein fast beängstigender Aufstieg, den Mo Salah in den vergangenen neun Monaten hingelegt hat. Von einem soliden Spieler beim AS Rom zum umjubelten Helden an der Anfield Road. Liverpool hat im letzten Sommer für den Ägypter 42 Millionen Euro bezahlt. Damals eine Stange Geld – heute ein Schnäppchen.
Denn Mo Salah war in der abgelaufenen Saison der mit Abstand wichtigste Spieler Liverpools. Er wurde in der Premier League nicht nur Torschützenkönig, sondern erzielte mit 32 Treffern einen Rekordwert. Nie war ein Stürmer in der englischen Elite-Liga erfolgreicher.
Auch international lief es fantastisch – bis zur 24. Minute des Champions-League-Finals in Kiew. Der Liverpool FC spielte gegen Real Madrid, die den Wettbewerb in den vergangenen zwei Jahren gewonnen hatten. Die Hoffnungen der Reds ruhten, allzu verständlich, auf den Schultern des wendigen Dribbler. In jener 24. Minute war es dann vorbei mit der Hoffnung. Beim Stand von 0:0 verletzte sich Salah an der Schulter und musste ausgewechselt werden. Liverpool verlor. Die WM schien in Gefahr.
Mittlerweile ist klar, dass Salah mitkommen wird nach Russland. Die erste Partie wird er zwar nicht bestreiten können, in den anderen beiden Spielen steht er Ägypten dann wohl zur Verfügung. Und auch wenn Salah, im Gegensatz zu Messi, Neymar und den anderen, auf Grund seines Teams keine ernsthafte Option für den Turniersieg darstellt, freut sich die Fußballwelt auf seine Auftritte. Vielleicht überrascht er die Fans in Russland und kommt mit seinem Team weiter als gedacht. Es wäre nicht das erste Mal.