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Oskar Lafon­taine wird sich gewun­dert haben, musste er doch davon aus­gehen, dass ihn als lang­jäh­rigen Minis­ter­prä­si­dent so gut wie jeder Saar­länder kennt. Doch aus­ge­rechnet der – zumin­dest in Fuß­ball­kreisen – belieb­teste Saar­brü­cker der früher Neun­ziger tat das nicht. Und so fragte ihn Eric Wynalda nach einem Spiel so smart, wie man es Kali­for­niern eben nach­sagt: Womit ver­dienen Sie denn Ihren Lebens­un­ter­halt?“ 

Lafon­taine wird ihm diesen Fauxpas bestimmt ver­ziehen haben, sich aber trotzdem viel lieber an die Auf­tritte Wynaldas im Trikot des 1.FC Saar­brü­cken erin­nern, die den Ame­ri­kaner für ein paar Wochen zu Ever­bo­dy’s Dar­ling der Bun­des­liga machten. Cha­ris­ma­tisch und dau­er­lä­chelnd, sym­pa­thisch und cool, ange­nehm undeutsch, ein Typ wie aus dem Katalog. Auf einen wie ihn hatte die Bun­des­liga gewartet. Kein Wunder also, dass er einer der ersten Lieb­linge von ran“ wurde, der erst kurz zuvor aus der Taufe geho­benen Show von Sat 1, in der Fuß­ball in einer nie zuvor erlebten Art insze­niert wurde. 

Der Big Mac am Ball“

Wynaldas Ver­pflich­tung war kein allzu großer Risiko für den FCS. Anno 92 waren die USA fuß­bal­le­risch noch ein abso­lutes Ent­wick­lungs­land und ihre Kicker irgendwie Son­der­linge. Zwar stand die WM vor der Tür, pro­fes­sio­nelle Struk­turen aber waren nicht wirk­lich exis­tent. Viele Natio­nal­spieler – so auch Wynalda – hatten in Erman­ge­lung einer ame­ri­ka­ni­schen Pro­fi­liga Ver­träge mit dem Ver­band. Von dort lieh der FCS Wynalda schließ­lich aus und steckte in seinen Neu­zu­gang eher über­schau­bare Hoff­nungen. Doch ohne jede Berüh­rungs­angst schaffte Wynalda den Sprung in die Bun­des­liga und wurde zum Gesicht des for­schen Auf­stei­gers, oder wie es der Meta­pher-Gene­rator der Welt“ auf den Punkt brachte: Der Big Mac am Ball ist wie eine Spring­flut über das Saar­land her­ein­ge­bro­chen “. 

Unbe­küm­mert und mit Schnel­lig­keit gesegnet brachte er es in seiner ersten Halb­serie auf acht Treffer und wurde damit zur Hoff­nung auf den Klas­sen­er­halt. Zusammen mit Juri Sawit­schew bil­dete Wynalda ein Duo, dem im Lud­wigs­park noch heute nach­ge­trauert wird. Schenkt man den Worten des dama­ligen Trai­ners Peter Neururer Glauben, haben sich die beiden Sturm­partner stun­den­lang unter­halten können, obwohl der Ame­ri­kaner kein Rus­sisch, der Russe kein Eng­lisch und sie beide kein Deutsch spra­chen. 

Den Hype um seine Person wusste Wynalda zu nutzen. Noch als die Zeit­lupen seiner ersten Treffer liefen, wurden über die Geschäfts­stelle des Ver­eins schon 3.000 T‑Shirts mit seinem Kon­terfei ver­trieben. Pro ver­kauftem Shirt strich Wynalda zehn D‑Mark ein. Ein paar Wochen später strahlte er von zahl­rei­chen Pla­kat­wänden des Saar­lands, um den unnach­ahm­li­chen Geschmack von Lyoner Wurst zu preisen. Eine Region lag ihm zu Füßen. Warum auch nicht? Schließ­lich attes­tierte ihm die Bild“, aus­zu­sehen wie Robert Red­ford und zu schießen wie Marco van Basten. In seinen ersten Monaten in Deutsch­land gelang ihm ein­fach alles. 

Doch in der Rück­runde wurde es leiser um den Helden im blau-schwarzen Trikot. Als sich Spiel­ma­cher Wolfram Wuttke ver­letzte, fehlten plötz­lich die Pässe, die ihm das Stürm­er­leben so leicht machten. Den acht Vor­run­den­tref­fern konnte Wynalda in der Rück­runde ledig­lich einen wei­teren hin­zu­fügen. Doch nicht nur bei ihm herrschte Flaute. Mit 964 tor­losen Minuten stellte der FCS einen neuen Bun­des­li­ga­re­kord auf. Nie zuvor gelang es einem Team, eine solche Ewig­keit nicht zu treffen. Ein paar Jahre später konnte der 1.FC Köln diese Leis­tung sogar noch toppen. In Saar­brü­cken werden die wenigsten traurig dar­über gewesen sein. 

Wynalda trifft bei der WM im eigenen Land

Nach einer deso­laten Rück­runde fand sich der 1.FC Saar­brü­cken letzt­lich abge­schlagen am Tabel­len­ende wieder und musste seinen bis­lang letzten Erst­li­ga­aus­flug nach nur einem Jahr wieder beenden. Wynalda ging mit in die zweite Liga, denn mitt­ler­weile hatte ihn der FCS gekauft. Auch im Unter­haus machte Wynalda eine ganz gute Figur und wurde mit diesmal zwölf Tref­fern erneut bester Tor­schütze des Klubs. Für den 1.FC Saar­brü­cken ver­lief die Saison aller­dings bescheiden. Die zwi­schen­zeit­lich durchaus berech­tigten Wie­der­auf­stiegs­am­bi­tionen gingen zum Ende den Bach runter, so dass der FCS auf einem indis­ku­ta­blen 14. Tabel­len­platz ein­lief. 

Der Tris­tesse der zweiten Liga folgte ein berau­schender Sommer. Für Wynalda stand die Welt­meis­ter­schaft im eigenen Land an, wo er mit einem zau­ber­haften Frei­stoßtor gegen die Schweiz sein per­sön­li­ches High­light setzte. Zwar schei­terten die Ame­ri­kaner im Ach­tel­fi­nale knapp am spä­teren Welt­meister aus Bra­si­lien, ein dickes Aus­ru­fe­zei­chen setzte das Team um Wynalda aller­dings trotzdem.

Dar­aufhin ver­ließ Wynalda das Saar­land und heu­erte in Bochum an. 1,5 Mil­lionen Mark inves­tierte der VfL in den ame­ri­ka­ni­schen WM-Star. Doch mit der Ren­dite haperte es. Von Ver­let­zungs­pro­blemen gebeu­telt erzielte Wynalda ledig­lich zwei Tör­chen in zwei Jahren und erin­nerte zu keiner Zeit an den furcht­losen Drauf­gänger, der er in Saar­brü­cken war. 1996 brach Wynalda seine Zelte in Deutsch­land ab und wech­selte in die Major League Soccer (MLS), der lang ersehnten Pro­fi­liga der USA. Dort wurden mehr oder weniger bekannte Spieler aus aller Welt von der MLS ver­pflichtet und aus­ge­wogen auf die Teams ver­teilt. 

Am Ende der Kar­riere auf Tin­gel­tour mit Kurz­zeit­enga­ge­ments

Wynalda lan­dete bei den San Jose Clash und sicherte sich dort die Ehre, den aller­ersten Treffer der neuen Liga zu erzielen. Sicher­lich auch ein Grund, wes­wegen er 1996 US-Fuß­baller des Jahres und ein paar Jahre später sogar zum besten ame­ri­ka­ni­schen Kicker des Jahr­zehnts gewählt wurde. Zwei durchaus erfolg­reiche Jahre ver­brachte Wynalda in San Jose, bevor er sich zum Ende seiner Kar­riere auf Tin­gel­tour mit Kurz­zeit­enga­ge­ments machte. 

Diese Tin­gel­tour führte ins mexi­ka­ni­sche León, nach Miami, nach Boston, nach Chi­cago und: Saar­brü­cken. Für wenige Spiele kehrte Wynalda 1999 noch einmal ins Saar­land zurück. Der FCS spielte inzwi­schen in der Regio­nal­liga und holte sich mit dem Kali­for­nier vier Spiele lang die Erin­ne­rung an etwas bes­sere Zeiten zurück. Gebracht hat es weder Wynalda noch dem FCS etwas. 

2001 been­dete Wynalda seine Kar­riere, um eine zweite zu beginnen. Er ging zum Fern­sehen und bringt Ame­ri­ka­nern so seit Jahren Spiele der Cham­pions League, der MLS oder des US-Natio­nal­teams näher. So ganz nebenbei amtiert er als Pre­si­dent of Inter­na­tional Ope­ra­tions“ beim mexi­ka­ni­schen Dritt­li­gisten Mur­cie­lagos und ver­folgt dabei das Ziel, ame­ri­ka­ni­schen Kickern mit mexi­ka­ni­schen Wurzel den Weg zu einer Kar­riere im Hei­mat­land ihrer Eltern zu ebnen. Wynalda hätte einiges zu erzählen, falls Oskar Lafon­taine auch ihn einmal fragen sollte, was er so macht.