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Rich­tig­stel­lung: Am 26. Februar 2018 schrieb Tobias Escher auf der Inter­net­seite des Fuß­ball-Maga­zins 11FREUNDE: Dieses Jahr geht die Welt tat­säch­lich unter. Zumin­dest in Ham­burg. Alle, wirk­lich alle Zei­chen deuten auf Abstieg.“ Leider ist uns hier ein redak­tio­neller Fehler unter­laufen. Der Fuß­ball­gott wird den HSV nie absteigen lassen. Wir bitten diesen Fehler zu ent­schul­digen.

Wieder einmal scheint dem HSV das Unmög­liche zu gelingen. Noch vor zwei Wochen hatten sie acht Punkten Rück­stand auf den Rele­ga­ti­ons­platz. Nach dem hoch­ver­dienten 3:1‑Erfolg gegen den VfL Wolfs­burg sind es nur noch zwei. Der Dino kann sich noch retten. Mal wieder. Doch diesmal ist alles anders: Chris­tian Titz hat das Spiel der Ham­burger tat­säch­lich von Grund auf revo­lu­tio­niert. Fünf Gründe, warum Titz dem Ham­burger SV neues Leben ein­ge­haucht hat.

1. Titz hat den Teu­fels­kreis durch­bro­chen
Seit Jahren heißt die Devise beim Ham­burger SV Abstiegs­kampf – und die Beto­nung liegt auf Kampf. Egal ob Bruno Lab­badia, Markus Gisdol oder Bernd Hol­ler­bach: Sie haben Lei­den­schaft und Zwei­kampf­härte zum obersten Mantra erklärt. Ange­sichts der pre­kären Lage könne der HSV jetzt nicht schönen Fuß­ball spielen, so ihre Devise. So blieb die fuß­bal­le­ri­sche Wei­ter­ent­wick­lung beim HSV aus.

Titz hat diesen Kreis­lauf durch­bro­chen. Ihm half, dass der HSV sowieso schon halb abge­stiegen war, als er den Klub über­nahm. Er eta­blierte ein System, das eigent­lich gar nicht so recht zum Abstiegs­kampf passen will: viele Pässe, viel Ball­be­sitz, spie­le­ri­sche Lösungen statt Kampf­fuß­ball. Die Pass­quote unter Titz Vor­gän­gern lag durch­schnitt­lich bei 69%. Unter Titz liegt sie bei 77%.

Was schon bei Julian Nagels­mann in Hof­fen­heim und bei Flo­rian Koh­feldt in Bremen funk­tio­niert hat, klappt jetzt auch in Ham­burg: einen Abstiegs­kan­di­daten aus dem Tief holen, indem man ihn fuß­bal­le­risch wei­ter­ent­wi­ckelt.

2. Der Spiel­aufbau ist stark ver­bes­sert
Unter Titz hat sich vor allem der Spiel­aufbau aus der Abwehr merk­lich ver­bes­sert. Der Anteil langer Bälle hat sich ver­rin­gert. Statt­dessen sollen die Ver­tei­diger das Spiel flach eröffnen. Unter­stüt­zung erhalten sie dabei von Tor­hüter Julian Pol­lers­beck. Er schiebt sich im Spiel­aufbau zwi­schen die Ver­tei­diger, es ent­steht eine Drei­er­kette im Spiel­aufbau mit Pol­lers­beck als zen­traler Fix­punkt.

Diese Tor­wart­kette“ erlaubt es den Außen­ver­tei­di­gern und den Mit­tel­feld­spie­lern, etwas weiter vor­zu­rü­cken. Der HSV hat damit mehr Prä­senz im zweiten Drittel, die Abwehr­spieler haben also einen Anspiel­punkt, um das Spiel flach aus­zu­lösen. Der HSV kom­bi­niert sich aus der Abwehr ins Mit­tel­feld, wo der Ball mit einem Kon­takt sofort wei­ter­ge­passt wird.

3. Holtby und Hunt dürfen end­lich Fuß­ball spielen
Dass der Über­gang vom ersten ins zweite Drittel häufig gelingt, liegt maß­geb­lich am Mit­tel­feld-Trio. Matti Stein­mann, der bis­lang haupt­säch­lich Regio­nal­liga spielte, gibt den Anker­punkt vor der Abwehr. Vor ihm toben sich Lewis Holtby und Aaron Hunt aus. Beide sorgen oft für Über­zahl auf einer Seite. Dort spielen sie sich den Ball zu, locken den Gegner hierher – nur um dann mit einem weiten Schlag den Ball auf die andere Seite zu beför­dern.

Holtby und Hunt fühlen sich in diesem System merk­lich wohler als in jenem Hau-Ruck-Fuß­ball, den die Vor­gänger von Titz spielen ließen. Holtby klang nach dem Spiel gegen den VfL Wolfs­burg fast eupho­risch: Wir spielen das erste Mal Fuß­ball seit vier Jahren.“ Mit vier Tref­fern aus den ver­gan­genen fünf Spielen ist Holtby einer der Garanten für den Auf­schwung unter Titz.

4. Die Gegner nutzen die HSV-Schwä­chen nicht
Der HSV holte zuletzt drei Siege aus den ver­gan­genen vier Spielen. Die Gegner halfen dabei kräftig mit: Schalke wirkte beim 2:3 demo­ti­viert, Frei­burg vergab beim 0:1 beste Chancen, Wolfs­burg wehrte sich beim 1:3 kaum. So toll die spie­le­ri­schen Fort­schritte unter dem neuen Trainer sind: Sie hatten auch das Glück, zur rich­tigen Zeit auf die rich­tigen Gegner zu treffen.

Pro­bleme gibt es näm­lich auch im neuen System. Bei Ball­ver­lusten im Mit­tel­feld steht der HSV enorm anfällig, das Gegen­pres­sing greift nicht richtig. Stein­mann macht als Abräumer mit seinem Auge vieles wett, ihm fehlt aber eigent­lich das Tempo für das höchste Niveau. Im letzten Drittel tut sich der HSV wei­terhin schwer, ist abhängig von den Dribb­lings der Außen­stürmer.

Doch keiner der Gegner konnte diese Schwä­chen aus­nutzen; Wolfs­burg spielte mit dem indis­ku­ta­blen Abwehr­ver­halten auf den Flü­geln Ham­burg gar in die Karten. Hof­fen­heim (2:0) und Stutt­gart (1:1) bewiesen, wie man dem HSV mit guten Kon­tern gefähr­lich werden kann.

5. Das Rest­pro­gramm ist mehr als machbar
Die gute Nach­richt für den HSV: Die kom­menden Gegner befinden sich in schwa­cher Ver­fas­sung. Die Ein­tracht verlor alle Bun­des­liga-Spiele, seit der Wechsel ihres Trai­ners Niko Kovac zu den Bayern publik wurde. Glad­bach wie­derum zeigt sich in dieser Saison wan­kel­mütig und defensiv anfällig. Wenn Titz sein System wei­ter­ent­wi­ckelt, sind drei bis sechs Punkte durchaus mög­lich. Und diese dürften zumin­dest genügen, den HSV in die Rele­ga­tion zu retten. Denn nach der indis­ku­ta­blen Leis­tung am Wochen­ende erscheint es kaum so, dass der VfL Wolfs­burg in dieser Saison noch allzu viele Punkte holt.

Selbst wenn der HSV doch noch absteigt: Die Leis­tungen der ver­gan­genen Wochen machen Mut, dass sich in Ham­burg etwas Sub­stan­ti­elles ändert. Diese Hoff­nung gab es bei den Ret­tungen der ver­gan­genen Jahre nicht. Viel­leicht hat Titz ja tat­säch­lich den Teu­fels­kreis durch­bro­chen.