Nach einem großen Kampf steht der BVB unter den letzten acht der Champions League. Doch Lobeshymnen – auch auf den Trainer – kommen viel zu früh.
Und so ist die für alle Dortmund-Fans beste und wohl auch wichtigste Erkenntnis aus dem Spiel, dass eine Tendenz der letzten Wochen eindrucksvoll bestätigt wurde. Die jüngsten Erfolge, angefangen beim Hinspiel in Sevilla, sind nicht etwa das Resultat von wunderbarem Fußball, den die vielen talentierten Spieler in Schwarz-Gelb durchaus auf den Rasen zaubern können, wie sie schon bewiesen haben. Stattdessen nahmen sie den anstrengenden Pokalkampf, den ihnen aufgedrehte Spanier aufzwangen, genauso an wie den in Mönchengladbach vor acht Tagen.
Vielleicht ist es ein wenig voreilig, das jetzt schon zu sagen, aber es hat den Anschein, als wäre der BVB im Frühjahr 2021 plötzlich erwachsen geworden. Das sieht man am 17-jährigen Jude Bellingham, der Axel Witsel fast vergessen ließ, obwohl um ihn herum eine hitzige Hektik herrschte, die man ihm in Birmingham nur selten zugemutet haben dürfte. Das sieht man auch am ewigen Talent Mahmoud Dahoud, der sich völlig überraschend in eine Elf gebissen hat, in der gerade kein Bedarf an einem Schöngeist wie Julian Brandt besteht. Und man sieht es natürlich auch an dem Mann, der vor drei Monaten noch keine Ahnung hatte, dass er jemals Chef einer Profimannschaft sein würde. Oder dass außer ihm nur noch sieben andere Trainer um die Champions League spielen könnten.
Edin Terzic ist zweifellos der Mann der Stunde, und man mag sich gar nicht ausmalen, was jetzt los wäre – auf den Seiten der Boulevardblätter, beim Vorstand des BVB und im Wohnzimmer von Marco Rose –, wenn er sein Ding auch am Samstag in München nur ein paar Minuten länger durchgezogen hätte. Vermutlich wäre er dann schon ein heißer Kandidat auf die Nachfolge von Joachim Löw. Das ist zwar kein Scherz (wer es dafür hält, kann sich ja mal durchlesen, wen Mehmet Scholl so vorschlägt), aber natürlich trotzdem maßlos übertrieben. Denn noch sind alle Lobeshymnen auf den neuen BVB und seinen jungen Interims-Betreuer verfrüht.
Denn das Erreichen des Viertelfinales in der Königsklasse ist zwar ebenso erfreulich wie das bisherige Abschneiden im DFB-Pokal. Doch die Saison des Klubs ist damit noch lange nicht gerettet. Gerade in diesem Jahr hängt für Dortmund alles am Erreichen des Saisonzieles. Und das lautet natürlich: vor Schalke landen. Nein, Quatsch. Es heißt: mindestens Platz vier. Denn auch im nächsten Jahr braucht die Borussia die Champions League. Um die finanziellen Corona-Schäden zu mildern, um für Erling Haaland attraktiv zu bleiben, um Jadon Sancho zu halten. Bei aktuell vier Punkten Rückstand ist zwar noch alles drin, aber um das noch aufzuholen, darf das Sevilla-Spiel nicht der letzte geile Fight gewesen sein.