Taxifahrer in Bremen haben einen beschaulichen Job, zumindest was die Dichte an prominenten Gesichtern auf ihrem Rücksitz angeht. Mögen in München, Hamburg oder Berlin die Schauspieler, Musiker oder Spitzensportler schon Schlange vor den gelben Kutschen stehen, in Bremen bleibt sie die Ausnahme.
Taxi-Guru Udo aus der Hansestadt hat allerdings ein feines Händchen bei der Auswahl ereignisreicher Abholfahrten. Am Bremer Flughafen wartete der gute Mann gelassen auf seinen nächsten Gast – und hätte die Nadel beinahe in die rote Ecke getrieben, als ein brodelnder Mob aus Kamerateams, Journalisten und Kuliwedelnder Fans sich seinem Gefährt näherte. Der Meute öffnete sich rechtzeitig vor einem Blechschaden und, tata, Carlos Alberto, der, wie wir nun wissen, teuerste Neuzugang der Bremer Vereinsgeschichte, klatschte lässig ab und drahtete seinen Körper in das Taxi. Logisch, dass unser Mann vor dem Steuer sogleich ein schneidiges Handyfoto mit seinem ballversierten Fahrgast machen ließ – Albertos Betreuer drückte geflissentlich auf den Auslöser.
„Guck ich nicht, interessiert mich nicht.“
Die Geschichte wäre nicht halb so gut, wenn Taxifahrer Udo nicht ein knappes Jahr zuvor eine ähnliche Beifahrt geschehen wäre: Am 9. Juli 2006 – Nostalgiker wissen: es war der Tag des WM-Finals – ruckelte sich Torsten Frings auf genau auf den Platz, an dem nun sein künftiger Mitspieler die Sitzkuhle weich saß. O‑Ton Frings, der den knüppelharten Fragen nicht ausweichen konnte: „Es waren doch immer die Bremer Spieler, die Spiele gedreht haben. Mit mir hätten wie Italien geputzt.“ Fahrer Udo fragte, wo Frings denn nun das Finale schauen werde. Antwort Lutscher: „Guck ich nicht, interessiert mich nicht.“ Als der Defensivmann wenige Minuten später auch noch seinen Vater wegen eines ausgeliehenen Ferraris zusammenfaltete („Die Kiste steht morgen wieder vor meiner Tür, klar?“) war die Anekdote perfekt.
Frings hat inzwischen wieder Lust auf Fußball und Carlos Alberto unterschrieben. Unser Informant am Steuer umkurvt derweil weiter den Bremer Flughafen. Miroslav Klose kann er bei einem Heimatbesuch allerdings gerne über den Schlappen fahren – finden zumindest die Werder-Fans.
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Der Text stammt aus dem neureichen Fanzine „3 Ecken Ein Elfer“ www.3eckeneinelfer.de