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Seite 2: „Feuerrot geht der Tag und die Nacht beginnt“

Viel schlimmer, zumin­dest für die Fans, war aber das, was sich zwi­schen den Dar­bie­tungen der Jugo­slawen und Bra­si­lianer so abspielte. Die Bun­des­re­pu­blik ver­traute der Win­ninger Winzer‑, Tanz- und Trach­ten­gruppe, die Ja, das hat die Mosel so an sich“ schmet­terte – und damit nur den DFB-Prä­si­denten Her­mann Neu­berger dazu brachte mit­zu­singen. Und wäh­rend eine 20-köp­fige Tanz­gruppe aus Zaire die Hüften schwang, explo­dierte plötz­lich eine Rakete auf der Gegen­tri­büne, was eine kurze Panik aus­löste, weil einige Zuschauer ein Attentat der RAF ver­mu­teten. 

Und dann war da noch die DDR, die den Schla­ger­sänger Frank Schöbel und seine Band um Uve Schi­kora ins Rennen schickte.

Die Afri­kaner flohen ins Warme

Schöbel hatte den fet­zigen WM-Song der DDR ver­öf­fent­licht. Ja, der Fuß­ball ist rund wie die Welt“ hieß das Stück, bei dem ver­zerrte Gitarren einen Text unter­malten, der for­derte: Lasst den Fuß­ball leben, Tore muss es geben!“ Für die Eröff­nungs­feier war das den DDR-Oberen aber wohl zu rockig. Also spielte Schi­kora Fagott und sechs Mit­glieder des Staats­opern­bal­letts ver­suchten sich an ein paar Hebe­übungen, wäh­rend Schöbel Freunde gibt es überall“ träl­lerte. 

Seine herz­er­wär­menden Zeilen wie Feu­errot geht der Tag und die Nacht beginnt/​Wenn ein Kind sich einsam fühlt, dann erzählt der Wind“ ließen aller­dings das Ensemble Pende“ aus der Pro­vinz Band­undu in der heu­tigen Demo­kra­ti­schen Repu­blik Kongo buch­stäb­lich kalt. Ent­gegen der Absprache machten sich die Afri­kaner, die zwanzig Minuten vor Schöbel aus dem Ball gehüpft waren, wäh­rend des DDR-Auf­tritts vom Acker und flohen ins Warme. 

Das Publikum wäre ihrem Bei­spiel ver­mut­lich gerne gefolgt. Auf den meisten Plätzen konnte man weder die Musik richtig ver­stehen noch die Künstler gut erkennen. Wer keinen Feld­ste­cher im Marsch­ge­päck hatte, blickte mehr auf die Uhr als auf das Spiel­feld“, notierte das Fach­blatt Kicker“, das für seinen Bericht über die Feier das Wald­sta­dion bissig als Tatort“ bezeich­nete. So atmeten alle auf, als das Pflicht­pro­gramm um 17 Uhr end­lich beendet war und die Mann­schaften aus Bra­si­lien und Jugo­sla­wien die Bühne über­nahmen. Sie quälten sich zu einem 0:0, und jetzt end­lich waren es die Zuschauer leid: Ein Pfeif­kon­zert been­dete den ersten Tag der WM.