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Seite 2: „Schlappner wollte sein eigenes Bier etablieren“

Wie haben Sie For­tuna 94 und die Liga über­haupt finan­ziert?
Ich kannte den Sohn von Chinas dama­ligem Natio­nal­trainer Klaus Schlappner sehr gut. Für ihre Firma hatte ich einige logis­ti­sche Tätig­keiten über­nommen und neben meinem Sti­pen­dium noch ein biss­chen Geld ver­dienen können. Zum Bei­spiel, als Franz Becken­bauers Verlag sein Buch am chi­ne­si­schen Markt posi­tio­nieren wollte. Da war ich quasi Tour­nee­ma­nager des Kai­sers“ und habe Fern­seh­auf­tritte, Auto­gramm­stunden und seine Reise orga­ni­siert. Später wollte Schlappner sein eigenes Bier in China eta­blieren. Da kam ich aber erst dazu, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war: Unzäh­lige Paletten Dosen­bier aus Deutsch­land hingen in Shanghai ewig im Zoll fest und wir haben sie nicht raus­be­kommen, weil irgend­je­mand plötz­lich noch einen immens hohen Betrag haben wollte, den Schlappner zu Recht nicht gewillt war zu zahlen. So hat der Zoll das Bier erst frei­ge­geben, als das Ver­falls­datum abge­laufen und somit nicht mehr ver­käuf­lich war. Ich habe die Dosen dann ver­trau­ens­voll an mich genommen und sie wochen­lang an die Liga­spieler und Zuschauer ver­teilt. Ich werde nie ver­gessen, wie Fans und Spieler von Afrika United völlig besoffen von abge­lau­fenem Schlappner-Bier wäh­rend eines For­tuna-Spiels Bob-Marley-Lieder sangen und uns gegen den Dau­er­ri­valen Inter Bei­jing anfeu­erten.

Wie hat sich der IFFC dann ent­wi­ckelt?
Das muss man sich mal vor­stellen: Aus der erst ille­galen Liga wurde ein offi­zi­eller Spiel­be­trieb, der in seiner besten Zeit drei Ligen und 40 Teams beinhal­tete, in denen es nach euro­päi­schem Vor­bild neben der Meis­ter­schaft auch um Auf­stieg, Abstieg und den liga­in­ternen Pokal ging. Dazu hatten wir eine Frauen- und eine Kin­der­liga und wurden mit über tau­send Mit­glie­dern aus mehr als 80 Nationen der mit­glie­der­stärkste Ama­teur­ver­band Chinas in den Neun­zi­ger­jahren. Für Neben­tä­tig­keiten bei den Schlapp­ners blieb also keine Zeit mehr, weil ich mich aus­schließ­lich um den IFFC küm­merte. Als Liga­ma­nager brachte ich eine IFFC-Zei­tung heraus, orga­ni­sierte den Spiel­plan, die Schieds­richter und die Plätze, die ich nun über den chi­ne­si­schen Ver­band bekam und ihn an die Teams ver­mie­tete. Güns­ti­gere und bes­sere Fuß­ball­plätze als zur Anfangs­zeit. Davon konnte ich leben und noch etwas für die Alters­vor­sorge sparen.

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(„Der Beginn einer neuen Ära“: Ein Spiel­tags­heft aus der Saison 1997/98. Foto: Robert Gon­nella / privat). 

Das hört sich nicht nach dem großen Geld an, um das es heute in China geht …
Um Geld ging es auch damals schon. Als wir an den Play-Offs um den Auf­stieg in die zweite Liga teil­nahmen, ver­diente jeder Spieler Geld – außer unsere. Wir haben das alles nur gemacht, um zu den Besten zu gehören. Es war eine Frage der Ehre, der Ursprung des Fuß­balls. Für eine kurze Zeit hatten wir mal eine deut­sche Alt­bier­brauerei auf dem Trikot, die auch For­tuna Düs­sel­dorf spon­serte. Dafür bekamen wir zwei Kisten Bier pro Spiel. Das brachte finan­ziell natür­lich nichts. Weil aber eine Kiste immer an unsere Gegner ging, waren wir zumin­dest das belieb­teste Team der Liga.

Gab es auch Spieler, die über den IFFC den Sprung in die erste chi­ne­si­sche Liga schafften?
Drei afri­ka­ni­sche Spieler vom Team Afrika United schafften es tat­säch­lich, dau­er­haft in der höchsten chi­ne­si­schen Liga zu spielen. Aber auch umge­kehrt tat sich einiges. Der chi­ne­si­sche Natio­nal­spieler Gao Feng, der so etwas wie der Rudi Völler Chinas war, spielte zum Bei­spiel nach seinem Kar­rie­re­ende in unserer Liga. Und auch der eng­li­sche Ex-Natio­nal­spieler Ian Rush schnürte für die eng­li­sche Ver­tre­tung im IFFC einmal die Fuß­ball­schuhe. Aller­dings wenig erfolg­reich. Der popu­lärste Zuschauer, den wir jemals hatten, war Quentin Taran­tino. Als er zu Auf­nahmen für seinen Film Kill Bill“ in China war, hat er sich ein Spiel von For­tuna Bei­jing ange­sehen.

Warum sind Sie 2012 nach Düs­sel­dorf zurück­ge­kehrt, und was machen For­tuna 94 Bei­jing und der IFFC heute?
Nachdem ich in China gehei­ratet hatte, wollte ich mit meiner Frau Xiao Ma eine Familie in Deutsch­land gründen. Nach 18 Jahren in China war es auch ein­fach an der Zeit wieder nach Hause zu kommen. F94 spielte noch ein Jahr in der Liga, dann wurde das Team auf­ge­löst. Schwie­riger als die Umstände in einem kom­mu­nis­ti­schen Staat war es von Anfang an, die vielen Natio­na­li­täten mit ihren unter­schied­li­chen Befind­lich­keiten inner­halb eines Teams zusam­men­zu­halten. Als ich wieder in Düs­sel­dorf war, hat das leider nicht mehr so gut geklappt. Den IFFC habe ich an zwei sehr gute Freunde über­geben und er exis­tiert noch heute. In jedem Jahr wird der Robert-Gon­nella-Pokal aus­ge­spielt. Und ich mache nun wieder das, was ich vor meiner langen Reise nach Asien schon getan hatte: Ich besuche die Heim- und Aus­wärts­spiele von For­tuna Düs­sel­dorf.