Der Ex-Wolfsburger Victor Osimhen wechselt für bis zu 80 Millionen Euro von Lille nach Neapel. Sein Wechsel zeigt, was für ein Spekulationsgeschäft der Fußball mittlerweile ist. Und wie mit Transfers Bilanzen geschönt werden.
Wie in Belgien begeisterte Victor Osimhen auch die Zuschauer der französischen Ligue 1. Ganz ohne Anlaufschwierigkeiten. Mit seinem Tempo, seiner Wendigkeit und einem nahezu perfekten Timing beim Abschluss. In 38 Spielen für die Doggen aus Lille sammelte der nigerianische Nationalspieler 24 Scorerpunkte. Osimhen stellte unter Beweis, dass er in einer Liga, die der Bundesliga qualitativ ebenbürtig ist, eine entscheidende Rolle zum Erfolg beitragen kann.
Nur ein Jahr später, im Sommer dieses Jahres, dann also der Wechsel nach Neapel.Laut Aussage des Präsidenten von Napoli, Aurelio De Laurentiis, wollten Trainer Gennaro Gattuso und Sportdirektor Cristiano Giuntoli den jungen nigerianischen Offensivmann unbedingt in ihrer Mannschaft haben. Diesem Wunsch kam der Präsident nach, indem er das nötige Geld zur Verfügung stellte.
Doch nicht nur die hohe Ablöse erregt Aufsehen, merkwürdig erscheint auf den ersten Blick auch, dass laut des italienischen Journalisten Gianluca Die Marzio im Gegenzug vier Spieler von der SSC Napoli nach Lille wechseln sollen. Namentlich: Orestis Karnezis, Luigi Liguori, Claudio Manzi und Ciro Palmieri. Kostenpunkt: 20 Millionen Euro. Wohlgemerkt für vier Spieler, die addiert einen Marktwert von circa einer Millionen Euro aufweisen. Osimhen kostet Napoli im Umkehrschluss also nur etwa 50 Millionen Euro.
Das Konzept, das hinter diesem scheinbaren Tauschgeschäft steckt, ist in der Fußballbranche nicht ungewöhnlich. Dabei geht es hauptsächlich um die buchhalterische Korrektur der eigenen Bilanzen, was wiederum dazu dient, das Financial Fairplay möglichst effektiv auszuhebeln. Ähnliches passierte im Juni 2020, als Juventus den brasilianischen Mittelfeldspieler Arthur für 72 Millonen Euro aus Barcelona verpflichtete und Barca im Gegenzug Juves Miralem Pjanic für 60 Millionen nach Katalonien holte (Siehe Artikel: Financial Foulplay).
„Die wichtigste Lehre ist, dass man bei manchen Transfers Geduld haben muss. Man kann nicht sagen: Wir verpflichten da einen, sorgen für Unterkunft und Verpflegung und dann funktioniert das schon“, resümierte Allofs Nachfolger Jörg Schmadtke gegenüber dem Sportbuzzer nach der Bekanntgabe des Wechsels von Osimhen nach Italien. Bei Wolfsburg ist also mittlerweile die Einsicht eingekehrt, bei Osimhen voreilig gehandelt und damit einen Fehler begangen zu haben. Oder um es mit dem Vokabular des heutigen Fußballgeschäfts auszudrücken: Die Entscheidungsträger der VfL Wolfsburg-Fußball GmbH haben sich mit der Wertanlage namens Victor Osimhen verspekuliert.