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Seite 2: „Einer muss gewinnen, einer muss verlieren“

Der bel­gi­sche Fuß­ball war in jenen Jahren auch auf Ver­eins­ebene ansehn­lich. Hier holten die Teams sogar Titel: Ander­lecht gewann zweimal den Pokal­sieger-Cup und den Uefa-Pokal. KV Mechelen siegte eben­falls im Pokal­sieger-Wett­be­werb. Ende der Acht­ziger, die WM in Mexiko noch in guter Erin­ne­rung, ver­kün­dete der Trainer Guy Thys, dass die große Zeit für Bel­gien noch kommen werde. Scifo, dieser Wun­der­knabe, war schließ­lich gerade mal Anfang 20. Aber hatte er ver­gessen, dass seine Leis­tungs­träger Jean-Marie Pfaff, Jan Ceu­lemans und Eric Gerets alle über 30 waren?

Bel­gien war uns sicher­lich über­legen“

Bis zur dies­jäh­rigen WM in Russ­land kam Bel­gien nur einmal noch ins Vier­tel­fi­nale, beim Tur­nier in Bra­si­lien. Davor ein paar Ach­tel­fi­nal­teil­nahmen, beson­ders bitter war das Aus 1990 gegen Eng­land. Zweimal traf Bel­gien in dem Spiel den Pfosten, einmal Ceu­lemans, einmal Scifo. Eng­lands Trainer Bobby Robson resü­mierte: Bel­gien war uns sicher­lich über­legen.“ Aber Eng­land hatte David Platt, der in der 119. Minute das 1:0 machte. 1994 dann die Ach­tel­final-Nie­der­lage gegen Deutsch­land, 1998 schied Bel­gien nach drei Unent­schieden in der Grup­pen­phase aus, 2002 konnte sich das Team nicht mal mehr qua­li­fi­zieren. Bel­gien hat immer solide Natio­nal­mann­schaften gehabt, gute Spieler wie Emile Mpenza, Timmy Simons oder Marc Wil­mots. Aber eigent­lich war die Qua­lität des Teams nie mehr so hoch wie 1986, mit Scifo in Top­form, mit den treff­si­cheren Stür­mern Nico Claesen und Jan Ceu­lemans, mit Jean-Marie Pfaff, damals einer der besten Tor­hüter der Welt.

Bis es eben in die Qua­li­fi­ka­tion zu dieser WM ging. Neun Siege, ein Unent­schieden, keine Nie­der­lage, 43:6 Tore. Eine Ansage. Die Mann­schaft ging nicht mehr mit zwei oder drei guten Spieler in eine Partie, son­dern mit elf. In Kali­nin­grad traf ich vor dem Grup­pen­spiel gegen Eng­land einen Fan aus Lüt­tich, der jubelte: Die Pre­mier League ist die beste Liga der Welt. Aber die besten Spieler in der Liga kommen alle aus Bel­gien.“ Eine eupho­ri­sche Fan­per­spek­tive, aber auch nicht ganz falsch. Bel­gien war zu einer Pre­mier-League-All-Star-Mann­schaft geworden. Kom­pany, Hazard, De Bruyne, Lukaku, alles Stamm­spieler bei den Top­ver­einen.

Einer muss gewinnen, einer muss ver­lieren

Wie kann man von so einer Mann­schaft sagen, dass sie nur ein Geheim­fa­vorit sei, schrieben wäh­rend des Tur­niers viele Jour­na­listen in ihren Artikel. Nun, einen Ruf kann man sich recht leicht erar­beiten. Einen Ruf wieder los­zu­werden, das ist die Kunst. Die bel­gi­sche Natio­nalelf wird dieses Eti­kett wohl erst abstreifen, wenn sie eines Tages Welt­meister wird. Am Diens­tag­abend hat die Mann­schaft nicht so gut gespielt wie gegen Bra­si­lien, aber sie hätte den Sieg gegen Frank­reich ver­dient gehabt. Auch das ist viel­leicht: eine Fan­sicht.

Aber was bleibt einem auch, wenn man seit den Acht­zi­gern auf ein WM-Finale mit Bel­gien wartet? Auf den Tag wartet, den Guy Thys ver­spro­chen hat? Ein paar Dribb­lings von Eden Hazard, ein paar Zau­ber­pässe von Kevin de Bruyne – und die Erkenntnis, dass Bel­gien wie immer das schönste Trikot der WM hatte. Und eine Floskel von Trainer Roberto Mar­tinez: Einer muss gewinnen, einer ver­lieren.“ Dabei ist die Sache eigent­lich ganz schön tra­gisch. Nach Russ­land fuhr das bel­gi­sche Team nicht mehr mit zwei oder drei guten Spie­lern, son­dern mit elf.