Schwindendes Zuschauerinteresse, harsche Kritik für überteuerte Trikots, ein Verband in der Sinnkrise – endlich bekommt der Fußball, was er verdient.
Das Spiel gegen Weißrussland war der bisherige Höhepunkt dieser miserablen Entwicklung: Im Vorfeld präsentierte der DFB mit großem Pomp und Tralala sein neues Jersey, wer es gerne mit Namen und Nummer beflockt haben möchte, muss dafür fast 150 Euro löhnen. 150 Euro in einer Zeit, da die Nationalmannschaft vielleicht so unbeliebt ist wie lange nicht mehr. So dreist muss man erstmal sein. Apropos dreist: Ein Ticket auf der Haupttribüne kostete bis zu 80 Euro. Und um die zu erwartende trübe Stimmung aufzuheizen, kamen die Organisatoren doch tatsächlich auf die grandiose Idee, die Zuschauer vor dem Anpfiff und in der Pause noch mit Musik zu beschallen, die sogar noch lauter aus den Lautsprechern ballerte. Zusätzlich hatte der allseits beliebte Coca-Cola-Fanclub eine Kapelle aufgeboten, die hingebungsvoll versuchte, Festtagsatmosphäre zu verbreiten und dankbar in die Posaunen atmete, als Mitte der zweiten Halbzeit endlich die geliebte Welle durchs Stadion schwappte. Der fromme Wunsch des Fernsehzuschauers, dass diese Welle doch bitte den Stadion-DJ, die Kapelle und sämtliche Funktionäre wegspülen möge, wurde leider nicht erfüllt.
Toni Kroos und die Laune des Moments
Diesen lausigen Ist-Zustand hat sich der deutsche Fußball redlich verdient. Für die Spieler konnte es einem fast schon leidtun. Selten empfand man weniger Begeisterung für ein klares 4:0 und die Qualifikation für ein großes Turnier (auf das sich passenderweise eigentlich auch niemand wirklich freut). Wie unbefriedigend eine solche Entwicklung und ihre Folgen für die Akteure sind, sah man im Gesicht von Doppeltorschütze Toni Kroos, der nach dem Schlusspfiff artig die Ehrenrunde abspulte und dabei ein Gesicht machte, als hätte man ihm eben mitgeteilt, dass er fortan für die weißrussische Auswahl kicken müsste. Stell dir vor, Deutschland gewinnt und keiner hat Spaß.
Traurig auch, wie realitätsfern die Verantwortlichen auf diesen Zustand reagieren. Zwar griff sich DFB-Direktor Oliver Bierhoff im Vorfeld auch mal kurz an die eigene Nase, als er eingestand, man hätte in Sachen Vermarktung „ein bisschen überdreht“, doch so richtig scheint man des Volkes Mittelfinger noch nicht akzeptieren zu wollen. „Wir haben 90 Prozent Auslastung und sind mit dem Zuschauerschnitt zufrieden“, erklärte Bierhoff vor dem Weißrussland-Spiel und ergänzte dann: „Wir sind dankbar, dass die Fans kommen.“
Richtig wäre gewesen: Dass die Fans überhaupt noch kommen.