Köln verliert 0:1 und die Effzeh-Fans stürmen den Platz. Seltsam? Nein, noch viel seltsamer ist es, dass bei diesen zehn Großereignissen kein Platzsturm folgte. Und nun öffnet die Tore!
In Köln stürmten die Fans am vergangenen Wochenende nach Abpfiff den Platz und feierten den Einzug in die Conference League – trotz einer 0:1‑Niederlage und verspielter Champions-League Qualifikation. Für uns steht seither fest: Die nun folgenden zehn Großereignisse hätten ebenfalls einen Platzsturm verdient gehabt.
Eigentlich simple Mathematik: Meisterschaft gleich Platzsturm. Diese Rechnung geht auch dann noch auf, wenn eine Mannschaft zehn Jahre in Folge den Titel gewinnt. Deshalb konnten die Fans der Münchner auch in diesem Jahr ihr Glück kaum fassen, die begehrte Trophäe in ihren Händen zu halten. Sie strömen auf den Platz, verteilten Weißbierduschen und ließen Brazzo hochleben. So war es doch, oder? Oder? Oder musste der Stadionsprecher eine Durchsage machen, in der er die Fans bat, bis zur Zeremonie doch bitte im Stadion zu bleiben? Nein, das musste er sicherlich nicht. Oder?
Als Davie Selke die Hertha im Abstiegskracher gegen den VfB Stuttgart in Führung schoss, jubelte er so ausgiebig als hieße er Traianos Dellas und hätte soeben das einzige jemals erzielte Silver Goal gemacht. Dass er wenige Sekunden später zurückgepfiffen wurde wegen einer möglichen Abseitsposition? Egal! Nach einer kurzen VAR-Überprüfung wurde der Treffer bestätigt – und Selke wiederholt seinen Jubelsturm ganz einfach. Ein doppelter Torjubel: genial. Dieser Euphorie hätten sich die Fans auf dem Platz ganz einfach anschließen müssen. Dass zu diesem Zeitpunkt erst vier Minuten gespielt waren? Völlig nebensächlich.
„Sogenannte“ Fans des FC Bayern sorgten mit einigen Plakaten gegen TSG-Mäzen Dietmar Hopp in der 77. Minute (beim Stand von 6:0 für die Münchner) fast für einen Spielabbruch. Aus Protest und in Solidarität mit dem schwer gebeutelten Mann passten sich die beiden Mannschaften die restliche Zeit über den Ball zu und stellen das Fußballspielen ein. Zur Freude aller Fans. Überwältigt von so viel Charakter und Meinungsstärke hätten sowohl die Fans der TSG als auch die der Bayern den Platz stürmen müssen. In den Farben getrennt, in der Sache vereint!
Das Leid hatte endlich ein Ende. Nach 294 Spielen ohne eigenen Treffer, erzielte Dennis Diekmeier im Abstiegs-Kracher zwischen dem SV Sandhausen und Wehen Wiesbaden seinen ersten Treffer. Ein monumentales Ereignis. Prädestiniert für einen Platzsturm.
Köln international? Schön und gut, aber schon mal Anthony Modeste gesehen, der seine eigene Kaffeemarke beim Torjubel präsentiert? Darauf, und nur darauf hatte Köln gewartet.
Ein Platzsturm noch vor der Saison. Sowas ist möglich? Nun ja, in jedem Fall denkbar. Mario Götze lief 2016 im Testspiel gegen AFC Sunderland auf. Für Borussia Dortmund. Das erste Mal nach seiner Rückkehr vom FC Bayern. Dass die Fans nur knapp zwei Monate zuvor noch massiv gegen den Transfer protestiert hatten? Längst vergessen.
Das jahrelange Warten von ganz Fußballdeutschland hatte ein Ende: Endlich trat RB Leipzig zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte zu einem Spiel in der Bundesliga an. Passenderweise trafen sie auch noch im Traditionsduell auf die TSG Hoffenheim. Eigentlich kaum genug für einen Platzsturm. Vielmehr ein Ereignis für zwei.
Im DFB-Pokalfinale 2009 standen sich Bayer Leverkusen und Werder Bremen gegenüber. Bei Spielende begannen die Jubelszenen. Zu einem Platzsturm kam es nicht. Von den siegreichen Bremern hatte man nichts anderes erwartet. Aber die Fans von Bayer Leverkusen, die hätten die Rückkehr ihrer „Vizekusener“ nach sieben langen Jahren ohne zweitem Platz ruhig mal gebührend feiern dürfen.
2014 erzielte Christoph Kramer im Spiel gegen Borussia Dortmund eines der kuriosesten Eigentore der Bundesliga-Geschichte. Aus schlappen 44 Metern überwand er mit einem gefühlvollen Flugball den eigenen Keeper. Das brachte das Westfalenstadion natürlich zum Toben – und hätte einen Platzsturm verdient gehabt. So wie seinerzeit bei Tony Hibbert: Nach seinem ersten Karrieretor waren die Everton-Fans auf den Rasen geströmt. Dass der BVB zu diesem Zeitpunkt noch auf einem Abstiegsplatz stand, sei da für einen kurzen Moment auch vergessen.
In 30 Pflichtspielen in Folge ging der FC Schalke in der Bundesliga nicht als Sieger vom Platz. Nur noch ein Spiel fehlte zum Negativrekord von Tasmania Berlin, die sich eigentlich als ewiger Rekordhalter wähnten. Doch die Truppe um den neuen Hoffnungsträger- und trainer Christian Groß schoss die TSG Hoffenheim überraschend mit 4:0 aus dem Stadion. Dreifacher Torschütze: Matthew Hoppe. Den die Fans per Platzsturm eigentlich hätten huldigen sollen. Und wenn sie schon dabei waren auch gleich in seine Düsseldorfer Neubauwohnung hätten heim tragen können.
Sollte der Hamburger SV ausnahmsweise mal nicht Vierter werden, sondern, weiß der Teufel wie, noch Fünfter. Dann, ja dann seien wir uns gewiss: Die Fans hätten das Go, den Platz umzupflügen!