Dass zwei RB-Vereine im Europacup antreten, obwohl das UEFA-Regulativ dies untersagt, ärgert viele. Neu ist, dass auch die Fans in Salzburg dagegen protestieren.
So hatten sich die Konzernbosse den Abend ganz sicher nicht vorgestellt. Der Ball rollte noch gar nicht im „Dosen-Derby“, da wurde direkt vor ihren Augen, auf der Gegengeraden, ein riesiges schwarzes Transparent im Stile einer Anzeigetafel entrollt: „RB Fuschl am See (S) – RB Fuschl am See (LE)“, stand dort zu lesen. Wobei das österreichische Örtchen Fuschl am See die Heimat des Red-Bull-Konzerns ist. Die Kürzel „S“ und „LE“ standen offenkundig für die Red-Bull-Fußballfilialen in Salzburg und Leipzig. Darunter hatten der oder die Transparent-Gestalter einen imaginären Spielstand notiert: „€:€“. Und damit auch wirklich jeder die Message verstand, fand sich noch eine kleine Zusatzinformation darauf: „Mit freundlicher Unterstützung eines Doppelspielrechts durch die UEFA.“
Während die großen Medien, allen voran die TV-Regie der UEFA, das Transparent – nun ja – geflissentlich übersahen, schickte der aufmerksame Berichterstatter Gernot Klement es per Twitter-Foto um die Welt. In den Gesichtern der anwesenden Red-Bull-Chefs auf der VIP-Tribüne notierten neutrale Beobachter derweil eine Melange aus spontaner Verlegenheit, stiller Empörung und blanker Nervosität. Dabei war es doch gerade etwas ruhiger geworden um die Red-Bull-Affäre, in der eine überaus zuvorkommende UEFA beiden „Schwester-Klubs“ (Red-Bull-Sprech) eine internationale Spielgenehmigung erteilt hatte. Dabei heißt es im Verbands-Regulativ zur Integrität des Wettbewerbs klar und deutlich, dass nicht zwei oder mehr Klubs im Europapokal spielen dürfen, die „auf irgendeine Art und Weise“ von einer natürlichen oder juristischen Person „beeinflusst werden“ können. Und zwar „entscheidend“.
Ausbildungsverein für die „schönere“ Schwester
Nun weiß man natürlich auch bei der UEFA, dass Red Bull in Leipzig 99-prozentiger Gesellschafter ist. Ebenso bekannt ist, dass in der angeblich Konzern-unabhängigen Salzburger Filiale ausnahmslos Personen im Vorstand eingesetzt wurden, die in enger wirtschaftlicher Beziehung zu Red Bull stehen. Beide Vereine können also sehr wohl „entscheidend“ vom Konzern und von dessen Boss Dietrich Mateschitz beeinflusst werden.
Dass Salzburg und Leipzig dennoch gemeinsam durch Europa galoppieren dürfen, hat bei der Konkurrenz und bei der überwältigenden Mehrheit der Fußballfans schon länger Argwohn hervorgerufen. Erst recht in Zeiten, da fast täglich neue Enthüllungen über nahezu untertäniges Wohlverhalten der UEFA gegenüber schwerreichen Klubmagnaten die ach so reine Fußball-Landschaft verschmutzen.
Dass nun aber sogar die Fans in Salzburg den zweifelhaften Umgang der UEFA mit ihrem eigenen Regulativ anprangern, verleiht dem Protest eine neue Dimension. Andererseits ist es kein Wunder, wenn ausgerechnet die Anhänger von RB Salzburg den Finger in die offene Wunde legen. Schließlich empfinden sie es schon seit Jahren als demütigend, nur noch ein Ausbildungsverein für die größere und angeblich schönere Schwester in Leipzig zu sein. Bereits im Januar soll, so pfeifen es die Spatzen von den Dächern der Mozartstadt, mit Amadou Haidara der nächste Salzburger Star nach Leipzig delegiert werden. So wie rund 20 andere Spieler in den vergangenen Jahren. Ein Umstand, der auch bei den Mitarbeitern des österreichischen Klubs immer wieder Frust und Zorn hervorruft.