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Ich gestehe: Jah­re­lang habe ich mich gefreut, wenn Erik Meijer im Fern­sehen auf­trat. Das lag zum einen an meiner Vor­liebe für den nie­der­län­di­schen Akzent, über­wie­gend aber an der Gewiss­heit, dass mit Meijer end­lich über Fuß­ball gespro­chen wurde. Denn, ernst­haft jetzt, waren die Exper­ten­ge­spräche doch nur dazu da, um die Zeit zwi­schen Wie­der­an­pfiff und Wer­be­pause zu über­brü­cken. Oder damit der­je­nige, der schon vor Anpfiff ein­ge­schaltet hatte, nicht vor einem Test­bild saß.

Zeuge einer Revo­lu­tion

Nicht aber mit Meijer. Denn auch wenn seine tak­ti­schen Ana­lysen nicht immer voll­ends aus­ge­goren waren, so ging es wenigs­tens um Fuß­ball. Und nicht um bou­le­var­deske Ein­schät­zung abge­half­terter Profis, die mitt­ler­weile so weit weg vom Geschehen waren, wie die Fern­be­die­nung von der Sofa­couch.

Doch in dieser Saison ist alles anders. Am Freitag, als Schalke 04 auf Bayer Lever­kusen traf, sah ich zum ersten Mal ein Spiel über den Euro­s­port Player. Und in der Halb­zeit fühlte ich mich, als würde Günter Schab­owski aus dem Fern­seher spre­chen: ich war Zeuge einer Revo­lu­tion.

Da saß Mat­thias Sammer im TV-Studio der Veltins-Arena und ana­ly­sierte die ersten 45 Minuten des Frei­tag­abend­spiels. Zuge­geben, als Klas­siker des modernen Fuß­balls dürfte der Auf­tritt beider Mann­schaften nicht in die Annalen ein­gehen. Aber Sammer, dieser Husar, holte alles raus. Mit weit auf­ge­ris­senen Augen, mit klaren Worten und mit Lauf­wegen, die so man­chem Profi auf dem Rasen Kon­kur­renz gemacht haben dürften.

Gegen jede Regel

Ihm, noch immer der jüngste Meis­ter­trainer der Bun­des­li­ga­ge­schichte, ging es nur um den Fuß­ball. Und des­halb war es auch egal, dass Sammer mit den eisernen Regeln des Fern­se­hens – eigent­lich auch mit jedem Refe­rats­leit­faden einer Gesamt­schule – brach. Rücken zur Kamera und somit auch zum Publikum gewandt, malte Sammer Punkte und Kreise und Pfeile auf ein Flip­chart, die aussah, als hätte es ein ner­vöser Prak­ti­kant kurz vor Sen­de­be­ginn noch im Bau­markt gekauft.

Bel­larabi zu wenig, Brandt zu wenig. Die Kör­per­sprache macht mich wahn­sinnig. Da fehlen die letzten fünf Pro­zent, das macht mich rasend. Talent alleine genügt nicht. Sie bringen es nicht zu Ende.“ – Ganz ohne Bou­le­vard kam auch diese Sen­dung nicht aus, nicht ohne den unbe­dingten Willen eines Mat­thias Sam­mers. Wer sich zur­zeit über einen lethar­gi­schen FC Bayern Gedanken macht, war nach dem Auf­tritt des ehe­ma­ligen Sport­di­rek­tors um einiges klüger.

Nur Striche wenn nötig

Er und Mode­rator Jan Henkel, dem einige Male das Erstaunen über den Ver­lauf dieser Sen­dung in den Augen abzu­lesen war, boten eine Halb­zeit­ana­lyse, die ihren Namen wahr­lich ver­dient hatte. Der Klimax? Als sich die beiden dann doch noch vor einen modernen, wohn­zim­mer­großen Touch­screen begaben und Höhe­punkte abspielten.

Sammer zer­legte spontan ein­zelne Szenen fach­ge­recht in Fehler und Genie­streiche, malte nur dann neon­rote Linien auf den Bild­schirm, wenn es wirk­lich nötig war und der Zuschauer fühlte sich unwei­ger­lich an Stra­ßen­künstler im Urlaub erin­nert, die sich über die Schulter sehen lassen, wenn sie von Tou­risten für fünf Euro eine Kari­katur anfer­tigen.

Er ist Per­fek­tio­nist

In zehn Minuten hatte das Exper­tenduo nicht nur die essen­ti­ellen Merk­male des Frei­tag­abend­spiels her­aus­ge­ar­beitet, son­dern zwi­schen den Zeilen auch auf­ge­zeigt, was dem deut­schen Sport­fern­sehen in den letzten Jahren oft fehlte. Eine Sen­dung, die sich allein auf das Spiel kon­zen­triert. Lauf­wege, Raum­auf­tei­lung, Kon­zen­tra­tion jetzt, ver­dammt!

Was Euro­s­port am Freitag allein fehlte: der nie­der­län­di­sche Akzent. Aber Mat­thias Sammer ist ja – laut eigener Aus­sage – Per­fek­tio­nist.