Heute Abend bei der Hertha fehlt Hannover 96 mit Pirmin Schwegler der zentrale Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld. Dass Schwegler aber überhaupt Profifußball spielen kann, grenzt an ein Wunder.
Gleichzeitig kann er auch der berühmte „aggressive leader“ sein, das mittlere Spielfelddrittel mit Grätschen durchackern und in der letzten Linie aushelfen, wenn seine Verteidigerkollegen nach Standards nicht schnell genug zurück sind. Auch, wenn er manchmal über das Ziel hinausschießt.
In 219 Bundesligapartien hat er satte 48 gelbe Karten gesammelt, in etwas mehr als jedem fünften Spiel wird Schwegler verwarnt. Vom Platz flog er aber nur ein einziges Mal. Und auch dann nur mit der Ampelkarte.
Aber wenn der Ex-Nati-Spieler defensiv wie offensiv so gut ist, wieso spielt er dann „nur“ beim Aufsteiger Hannover 96? Ein Hauptgrund dafür, wieso Pirmin Schweglers Karriere nie wirklich durch die Decke ging, ist seine Verletzungsanfälligkeit. So listet transfermarkt.de ganze 22 Verletzungen, die ihn zum Pausieren zwangen, vor allem das Knie macht ihm immer wieder Probleme. Auch in Hannover.
Aber alleine die Tatsache, dass Schwegler überhaupt Profifußball spielt, grenzt an ein Wunder. Oder besser: Dass er überhaupt irgendetwas spielen kann.
Diagnose: Blutkrebs
Als er 18 Monate alt ist diagnostizieren die Ärzte in seiner Heimat Luzern eine akute Leukämie. Heilungschancen? Verschwindend gering. „Die Ärzte sagten, wir sollen die Momente genießen, die wir noch zusammen haben“, berichtet seine Mutter 2005 dem Sportmagazin. „Die Überlebenschance lag bei unter zehn Prozent. Wir haben uns innerlich auf den Abschied vorbereitet.“
Ihr Sohn bleibt insgesamt 160 Tage in einem Berner Hospital, zwölf Chemotherapien muss er durchlaufen. Die Eltern weichen währenddessen kaum von seiner Seite, das ist das „Genießen“, was die Ärzte meinten. Doch offensichtlich ist Schwegler schon damals ein Kämpfer: Er spricht auf die Therapie an. Gegen alle Chancen besiegt er den Krebs, springt dem Tod von der Klinge. Seit 2003 gilt er als komplett geheilt.
Alles, was nach so einer Krise kommt, ist Bonus. Und Schwegler macht das Beste draus: Er wird Fußballprofi. Jedes Spiel, in dem er auf dem Platz steht, ist eins mehr, als die Ärzte ihm zutrauten und als der Krebs ihm geben wollte.
Auch wenn ein Vollprofi wie Schwegler in jeder Partie dabei sein möchte; verglichen damit ist so eine Gelbsperre nun wirklich Pillepalle. Für Hannover 96 könnte sie heute Abend hingegen deutlich schwerer wiegen, wenn Breitenreiter sein zentraler Stratege fehlt.