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Im heu­tigen Aus­wärts­spiel bei Hertha BSC muss Han­nover 96 auf Pirmin Schwegler ver­zichten. Der Schweizer sam­melte beim 2:0‑Sieg gegen die TSG Hof­fen­heim seine fünfte gelbe Karte und muss in Berlin gesperrt zusehen.

Schon vor dem Spiel steht fest: 96-Coach Andre Brei­ten­reiter wird den defen­siven Mit­tel­feld­spieler schmerz­lich ver­missen. Das lässt sich auch sta­tis­tisch nach­voll­ziehen. Im Schnitt holten die Roten“ diese Saison 1,47 Punkte. Mit Schwegler auf dem Platz waren es 1,71 pro Spiel. 

Und wie das mit Sta­tis­tiken eben manchmal so ist, ist das kein Zufall, nein. Es gibt da einige Kor­re­la­tionen. Schwegler spielt eine extrem wich­tige Rolle in der Mann­schaft. Als zen­traler Mit­tel­feld­spieler ist er der Dreh- und Angel­punkt im Gefüge der 96er.

Fast per­fekter Umschalt­spieler

Sowohl in Rich­tung geg­ne­ri­sches als auch eigenes Tor ist der ehe­ma­lige Schweizer Natio­nal­spieler die Schalt­zen­trale des Han­no­ve­raner Mit­tel­felds. Schwegler bringt 77 Pro­zent seiner Pässe zum Mit­spieler, hat diese Saison zwei Tore auf­ge­legt. Dass es nicht mehr waren, liegt bei 22 Tor­schuss­vor­lagen nicht an ihm, son­dern an den Stür­mern.

Auf der anderen Seite gewinnt er 57% seiner Zwei­kämpfe, läuft fast elf Kilo­meter pro 90 Minuten. An der Seite des klas­si­schen Waden­bei­ßers Marvin Bak­a­lorz, seinem häu­figsten Partner auf der Dop­pel­sechs, ist haupt­säch­lich Schwegler für die krea­tiven Momente zuständig, für die Spiel­eröff­nung und das schnelle Umschalten.

Dabei pro­fi­tiert der 30-Jäh­rige von seiner Erfah­rung aus mitt­ler­weile 219 Bun­des­li­ga­spielen, die er bei seinen Sta­tionen in Lever­kusen, Frank­furt, Hof­fen­heim und jetzt Han­nover gesam­melt hat. Schwegler hat ein groß­ar­tiges Stel­lungs­spiel und eine her­vor­ra­gende Über­sicht, er kann das Spiel ebenso gut schnell machen, wie beru­higen. Kurzum: Schwegler ist ein nahezu per­fekter Umschalt­spieler.

Gleich­zeitig kann er auch der berühmte aggres­sive leader“ sein, das mitt­lere Spiel­feld­drittel mit Grät­schen durch­ackern und in der letzten Linie aus­helfen, wenn seine Ver­tei­di­ger­kol­legen nach Stan­dards nicht schnell genug zurück sind. Auch, wenn er manchmal über das Ziel hin­aus­schießt. 

In 219 Bun­des­li­ga­par­tien hat er satte 48 gelbe Karten gesam­melt, in etwas mehr als jedem fünften Spiel wird Schwegler ver­warnt. Vom Platz flog er aber nur ein ein­ziges Mal. Und auch dann nur mit der Ampel­karte.

Aber wenn der Ex-Nati-Spieler defensiv wie offensiv so gut ist, wieso spielt er dann nur“ beim Auf­steiger Han­nover 96? Ein Haupt­grund dafür, wieso Pirmin Schweg­lers Kar­riere nie wirk­lich durch die Decke ging, ist seine Ver­let­zungs­an­fäl­lig­keit. So listet trans​fer​markt​.de ganze 22 Ver­let­zungen, die ihn zum Pau­sieren zwangen, vor allem das Knie macht ihm immer wieder Pro­bleme. Auch in Han­nover.

Aber alleine die Tat­sache, dass Schwegler über­haupt Pro­fi­fuß­ball spielt, grenzt an ein Wunder. Oder besser: Dass er über­haupt irgend­etwas spielen kann.

Dia­gnose: Blut­krebs

Als er 18 Monate alt ist dia­gnos­ti­zieren die Ärzte in seiner Heimat Luzern eine akute Leuk­ämie. Hei­lungs­chancen? Ver­schwin­dend gering. Die Ärzte sagten, wir sollen die Momente genießen, die wir noch zusammen haben“, berichtet seine Mutter 2005 dem Sport­ma­gazin. Die Über­le­bens­chance lag bei unter zehn Pro­zent. Wir haben uns inner­lich auf den Abschied vor­be­reitet.“

Ihr Sohn bleibt ins­ge­samt 160 Tage in einem Berner Hos­pital, zwölf Che­mo­the­ra­pien muss er durch­laufen. Die Eltern wei­chen wäh­rend­dessen kaum von seiner Seite, das ist das Genießen“, was die Ärzte meinten. Doch offen­sicht­lich ist Schwegler schon damals ein Kämpfer: Er spricht auf die The­rapie an. Gegen alle Chancen besiegt er den Krebs, springt dem Tod von der Klinge. Seit 2003 gilt er als kom­plett geheilt.

Alles, was nach so einer Krise kommt, ist Bonus. Und Schwegler macht das Beste draus: Er wird Fuß­ball­profi. Jedes Spiel, in dem er auf dem Platz steht, ist eins mehr, als die Ärzte ihm zutrauten und als der Krebs ihm geben wollte.

Auch wenn ein Voll­profi wie Schwegler in jeder Partie dabei sein möchte; ver­gli­chen damit ist so eine Gelb­sperre nun wirk­lich Pil­le­palle. Für Han­nover 96 könnte sie heute Abend hin­gegen deut­lich schwerer wiegen, wenn Brei­ten­reiter sein zen­traler Stra­tege fehlt.