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Nur ein kleines Stück Papier“ ist ein Song von Ex-Schlager-Barde Wolf­gang Petry. Nur ein kleines Stück Papier liegt vor Glad­bachs Trainer Lucien Favre. Es ist eine Ser­vi­ette mit dem Borussia-Emblem, die der Schweizer so kur­zer­hand zur Tak­tik­tafel umfunk­tio­niert. Dazu noch der Kugel­schreiber eines Jour­na­listen und schon ist der Fuß­ball­lehrer in seinem Ele­ment. Er zeichnet und er krit­zelt, ohne viel dabei zu sagen. Viel­leicht auch, weil ihm die Worte fehlen, um das zu beschreiben, was ihn schon seit Sai­son­be­ginn stört. Oder viel­leicht, um nicht schon wieder die­selben Erklä­rungen abgeben zu müssen.

Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist die Ana­lyse à la Favre. Um das zu über­setzen, steht der 54-Jäh­rige auf. Er steht auf dem Podest vor den Jour­na­listen und zeigt, was seine Spieler haben ver­missen lassen. Ball­an­nahme links und abspielen rechts. Und andersrum. Im Gesell­schaftspiel Acti­vity wäre der Coach heute unschlagbar gewesen.

Viel gelaufen, das ja

Seine Mann­schaft war beim 2:2‑Unentschieden gegen den wie­der­erstarkten Ham­burger SV , der zum 125-Jäh­rigen Jubi­läum in diesen Tagen die Chance auf eine per­fekte Woche mit neun Punkten aus drei Siegen wahren wollte, auch auf ihre Art unschlagbar. Erneut holte die Borussia einen glück­li­chen Punkt, erneut konnten die Fohlen dabei nicht über­zeugen. Kämp­fe­risch“ ist der Trainer mit der Leis­tung ein­ver­standen. Die Mann­schaft sei auch wie im Spiel gegen Lever­kusen viel gelaufen und habe bis zum Schluss an den Punkt­ge­winn geglaubt – sogar in Unter­zahl.

Aber die knapp 116 Kilo­meter malte Favre auch nicht auf die impro­vi­sierte Tak­tik­tafel. Die Mann­schaft ist nicht schnell genug“, klagt der Coach, gedank­lich nicht und auch nicht spie­le­risch.“ Favre sieht nicht ver­zwei­felt aus. Er lächelt viel und spielt mit den Jour­na­listen Katz und Maus. Sie sind die Jour­na­listen“, sagt der Trainer. Sie müssen auch mal ihre Ana­lyse schreiben, ohne, dass ich was sage.“ Er möchte nicht mehr erklären, was alle Leute sehen. Das Offen­sicht­liche spricht er aber den­noch aus: Wir spielen zu langsam und wir haben zu viele Ball­ver­luste“ – das zeigen dann auch wohl die Striche und Punkte auf der Ser­vi­ette. Nicht der Mann mit dem Ball macht das Spiel“, erklärt Favre den Jour­na­listen. Es seien vor allem die Spieler, die den Ball nicht haben. Und diese Spieler bewegen sich nicht schnell genug.“

Marco Reus war der Beschleu­niger, der Favres jetzt fehlt

Mit Marco Reus war das anders. Auch ohne das erneut zu wie­der­holen, wissen die Jour­na­listen, dass Favre genau das sagen will. Reus machte in der ver­gan­genen Saison jeden Mit­spieler stärker. Er beschleu­nigte das Spiel der Glad­ba­cher und schaffte Räume für Mike Hanke, Juan Arango und Co. Ver­gan­gen­heit. Der Blick nach vorne zählt jetzt nur noch für den Trainer und er möchte sich auch nicht mehr in diesen Aus­reden flüchten. Genauso wenig, wie er sich wie­der­holen möchte. Den posi­tiven Ansatz ver­suchte Favre seiner Mann­schaft in der Halb­zeit­pause zu ver­mit­teln. Auch wenn das Gegentor zum 1:2 zu einem unglück­li­chen Moment kam, seine Elf sollte auf den Sieg spielen“. Der Platz­ver­weis machte die Sache aber schwierig, so der Schweizer. Umso posi­tiver sei zu bewerten, dass seine Mann­schaft noch mal zurück­ge­kommen ist“ und in der Nach­spiel­zeit das 2:2 gemacht hat. Ich habe viele posi­tive Dinge gesehen“, lächelt der Eid­ge­nosse. Ein Lächeln, das man ihm gerne abnehmen möchte.

Mund abputzen – viel­leicht ja mit der Ser­vi­ette – und wei­ter­ma­chen. Die Begeg­nung mit der Ver­gan­gen­heit in Person von Reus kommt viel­leicht zum unpas­sendsten Moment für Favre und seine Borussia. Am Samstag muss die Borussia nach Dort­mund zur anderen Borussia. Und bei der spielt bekannt­lich Marco Reus. Dafür braucht man kein Experte in Acti­vity zu sein.