River Plates Mannschaftsarzt verabreichte seinen Spielern vor einem wichtigen Copa-Libertadores-Spiel Viagra. Warum das denn?
Momentan kursiert ein Video im Netz, in dem man einen ziemlich fertigen Fußballer sieht. Er heißt Anderson, spielte mal für Manchester United und ist jetzt für den brasilianischen Verein SC Internacional aktiv. In dem Video sieht man, wie er sich nach 36 Minuten röchelnd zur Ersatzbank schleppt und dort eine Sauerstoffmaske fordert – die er auch prompt bekommt. Im Internet war der Spott natürlich groß, dabei ist Andersons Verhalten eigentlich gar nicht so außergewöhnlich.
Mit seiner Mannschaft spielte er nämlich vergangene Woche in der Copa Libertadores in La Paz. Die bolivianische Stadt liegt 3600 Meter über dem Meeresspiegel, und Sauerstoff ist dort ein rares Luxusgut. Immer wieder beklagen Spieler von auswärtigen Mannschaften die Bedingungen auf der Hochebene und den Wettbewerbsvorteil der dort spielenden Teams.
Boliviens Heimspiele: 2:1 gegen Brasilien, 6:1 gegen Argentinien
Die Beschwerden schienen nie ganz unbegründet. Schon ein Blick auf die WM-Qualifikationsspiele Boliviens lässt vermuten, dass der Heimvorteil in La Paz ein bisschen größer ist als andernorts. Bolivien gewann vor der WM 2014 gegen Uruguay 4:1 und gegen Paraguay 3:1. Vor der WM 2010 schickte man die Brasilianer mit 2:1 und die Argentinier gar mit 6:1 vom Platz. Zweimal fand die Copa America im eigenen Land statt, 1963 gewann Bolivien, 1997 wurde sie Zweiter.
Wie enorm die Belastungen für Spieler auf solchen Höhen zu spielen, beschrieb Toni Schumacher in einem Interview zum WM-Finale 1986 in Mexiko City (2300 Meter hoch) mal in einem knappen Satz: „Du atmest und atmest – doch du kriegst keine Luft!“
2007 beschloss Sepp Blatter zwar ein Verbot von offiziellen Spielen in Stadien, die höher als 2500 Metern über dem Meer liegen („aus medizinischen“ Gründen“), doch wenige Monate später wurde eine Ausnahmeregel für La Paz erlassen. Und so sind auf Reisen nach Bolivien bis heute Sauerstoffmasken und die Sauerstoffflaschen die treusten Begleiter der Auswärtsteams.
River Plate auf 3709 Metern
Circa 220 Kilometer südlich von La Paz befindet sich Oruro, eine 300.000-Einwohner-Stadt, in der die Fußballer von CD San José beheimatet sind. Das heimische Estadio Jesús Bermúdez liegt noch einmal 109 Meter höher als Boliviens Regierungssitz.
Die Erfolge des Klubs sind überschaubar, seit der Gründung 1942 wurde der Verein zweimal Meister und nahm fünfmal an der Copa Libertadores teil. Nur einmal (1996) überstand die Mannschaft die erste Runde und erreichte das Achtelfinale.
Am Donnerstag traf die Mannschaft auf River Plate. Den Argentiniern graute vor dem Spiel – nicht zuletzt, weil das Video von Anderson wohl auch den Weg nach Buenos Aires gefunden hatte. Also wurden die Taschen wieder mit Sauerstoff-Equipment gepackt. Zudem kramten die Teamärzte ein wenig in ihrem Zauberschrank und verabreichten den Spielern vor der Partie ein wildes Gemisch aus Kaffee, Aspirin – und Viagra.