Industrie-Spionage in der Premier League: Laut eines Berichts soll der FC Liverpool die Scouting-Datenbank von Manchester City geknackt haben. Ein Einzelfall?
Ins Auge stach die Angelegenheit, als der FC Liverpool sich 2012 urplötzlich um einen gewissen Paolo Fernandes bemühte. Der damals knapp 14-jährige Spanier aus dem Nachwuchsleistungszentrum von Real Saragossa war den Scouts von Manchester City schon vor längerer Zeit positiv aufgefallen und seither regelmäßig observiert worden.
Als Manchester City, womöglich aus Beraterkreisen, Wind von dem Liverpooler Interesse an Fernandes bekam, beschleunigte man den Transfer: Im Juli 2013 wurde der Hochbegabte, damals noch keine 15 Jahre alt, eiligst von Saragossa zu den Himmelblauen transferiert. Aktuell geht Fernandes, ein offensiver Mittelfeldspieler, auf Leihbasis für den AC Perugia in der italienischen Serie B auf Torejagd. Ob er jemals ein echter Superstar wird – zurzeit ist das fraglich.
Wie hoch war der Preis für Fernandinho und Navas?
Doch in diesem Spionage-Krimi geht es nicht nur um irgendwelche No-Name-Talente, sondern auch um richtig große Namen: Im Vorfeld des Sommers 2013 etwa buhlte Manchester City um den brasilianischen Mittelfeldspieler Fernandinho (damals Schachtjar Donezk) und den spanischen Außenverteidiger Jesus Navas (damals FC Sevilla). Beide Transfers hatten die „Cityzens“ von langer Hand geplant. Vorausgegangen waren Dutzende Arbeitsstunden der Scoutingabteilung und eine Reihe von Mittelstreckenflügen, um die Kandidaten live vor Ort zu beobachten. Doch auch hier versuchte der FC Liverpool, im letzten Moment dazwischen zu grätschen. Verdächtig.
Zwar konnte ManCity im Juli 2013 sowohl Fernandinho als auch Navas unter Vertrag nehmen. Doch zu welchem Preis? Hatten sich Ablösen und Gehaltskosten für die Spieler durch das plötzliche Parallel-Interesse des FC Liverpool erhöht? Sprich: Wie hoch ist der wirkliche Schaden, den die „Reds“ dem Ligakonkurrenten durch illegale Hacker-Attacken zugefügt haben? Nur eine Million? So hoch war jedenfalls die ominöse Zahlung, die in jenem Jahr aus Liverpool nach Manchester floss.
Liverpool gibt sich zugeknöpft
Und noch eine Frage beschäftigt sowohl die Branche (schon seit Längerem) als auch die Fußball-Öffentlichkeit (spätestens seit der Enthüllung der „London Times“): Was wird noch ans Tageslicht kommen an Spionage-Affären im englischen Profi-Fußball? Schließlich mischen in der Premier League genug „Big Player“ mit, die zumindest die nötigen Ressourcen hätten, um ein bisschen in fremden Computernetzwerken herumzuspionieren: Wirtschafts‑, Polit- und sogar IT-Giganten aus Abu Dhabi, China, Russland, den USA oder dem Vereinigten Königreich. Das allein macht die Herren zwar noch nicht verdächtig – aber zu denken, dass es im Profi-Fußball keine Cyber-Spionage(-versuche) gibt, ist wohl reichlich naiv, wie die jüngste Geschichte zeigt.
Beim Klopp-Klub FC Liverpool gibt man sich derweil auffallend zugeknöpft, wenn es um „Spy-Gate“ geht. Auf Nachfrage des „Liverpool Echo“ ließ ein Vereinssprecher lediglich folgenden Schachtelsatz vom Stapel, den ihm vermutlich die Hausanwälte des Klubs aufgeschrieben hatten: „Der Liverpool Football Club bezieht keinerlei Stellung zu jedweden Angaben, die sich auf juristische Vereinbarungen mit irgendeinem anderen Klub, einer Organisation oder Individuum beziehen, welche er möglicherweise, möglicherweise auch nicht eingegangen ist.“