Alkohol, Zigaretten und wilde Partys – vor kurzem musste man befürchten, dass Jorge Valdivia mit 31 selbst die Luft für Kurzeinsätze fehlt. Nun soll er Chile zum Copa-Titel schießen.
Es gibt sie noch, die klassischen Zehner. Jeder eingefleischte Kreisligaverteidiger weiß, sie sind schwer vom Ball zu trennen, spielen messerscharfe Pässe und haben einen Aktionsradius so groß wie der Mittelkreis. Doch kann so einer ganz oben, bei den hochgezüchteten Millionären mithalten? Er kann. Beweis: Jorge Valdivia, chilenischer Nationalspieler. Markenzeichen: Wilde Frisur und Zauberpässe am Fließband. Die Nummer Zehn auf dem Trikot und die Magie eines Zehners in den Füßen.
Alkohol, Zigaretten, Partys
Die Chilenen stehen im Halbfinale der laufenden Copa América im eigenen Land. Die Augen der Weltöffentlichkeit richten sich zumeist auf Stars wie Arturo Vidal oder Angreifer Alexis Sánchez. Doch eine Nation ist verliebt in den Spielmacher mit Schlafwagenblick. Zuletzt beim Viertelfinalsieg gegen Uruguay schlug einmal mehr die Stunde von Valdivia. „El Mago“ demütigte Gegenspieler Jorge Fucile mit einem gewieften Tunnel, hebelte vielfach die Defensivreihe mit Pässen aus.
Und zu guter Letzt assistierte er beim Siegtreffer von Mauricio Isla. Es sah so einfach aus. Aber es sind die kleinen Details, die entscheiden. Durch eine größere Ausholbewegung zog er an der Strafraumgrenze zwei Verteidiger auf sich, nur um dann den Ball kurz zu Isla abzulegen, der die Vorlage versenkte.
Valdivia bringt mit einer Selbstsicherheit seine teils tödlichen Pässe an den Mann, als würde er seit einer Ewigkeit in der Weltspitze kicken. Doch der 31-Jährige hat bereits ganz andere Zeiten erlebt. Talent war schon immer vorhanden. Aber es mangelte hin und wieder an der Einstellung. Alkohol, Zigaretten, Partys, Promi-Ehe – das waren die Begleiter Valdivias, dem dafür auf dem Rasen zu schnell die Puste ausging.
„Ich habe für meine Sünden bezahlt“
Vor vier Jahren ging zudem ein Vorfall als sogenannter „Bautizazo“ in die Geschichte des chilenischen Fußballs ein. Arturo Vidal, Jean Beausejour, Gonzalo Jara und Carlos Carmona waren zu Gast bei der Taufe, der „bautizo“, von Valdivias Tochter. Angetrunken und mit einiger Verspätung tauchten sie anschließend am Trainingsgelände der chilenischen Nationalmannschaft auf. Trainer Claudio Borghi verweigerte ihnen den Zutritt. Das WM-Quali-Spiel gegen Uruguay ging daraufhin krachend mit 0:4 verloren. Anschließend blieb Valdivia der Nationalmannschaft eineinhalb Jahre lang fern.
„Ich habe für meine Sünden bezahlt. Ich bezahlte für all die schlimmen Dinge, die ich getan habe“, erklärte Valdivia erst kürzlich. Als Teamkollege Vidal vor zwei Wochen alkoholisiert seinen Sportwagen zu Schrott fuhr, wurde in den chilenischen Medien sofort das Gerücht kolportiert, Valdivia wäre beteiligt gewesen. „Bringt mich nicht wieder in Schwierigkeiten. Ich trainiere, bin still und sonst nichts. Bitte, lasst mich einfach trainieren, lasst mich einfach spielen“, sagte er schon flehend gegenüber dem chilenischen TV-Sender Canal 13.