Herr Schmidtlein, es gab Diskussionen um die verkürzte Winterpause. Glauben Sie, dass die Verletzungsgefahr durch die kürzere Pause gestiegen ist?
Für die Mannschaften, die weit gereist sind, ist es eine zusätzliche Belastung. Prinzipiell sehe ich jedoch kein Problem, wenn die Spieler sich an die Trainingspläne, die sie sicherlich von ihren Trainer bekommen haben, gehalten haben. Die Grundausdauer sollte über die Pause hinweg aufrecht erhalten werden. Man kann eigentlich gar nicht von einer Vorbereitung sprechen, sondern von einer sehr kurzen Unterbrechung des Trainings. Es ist ähnlich wie eine Länderspielpause.
Gladbachs Trainer Michael Frontzeck sprach auch davon, dass ein Ausdauertraining momentan gar nicht vonnöten sei. Können Profis tatsächlich ihre Fitness trotz der Trainingsunterbrechung konservieren?
Das muss das Ziel sein. Holger Broich von Leverkusen hat das ebenfalls gesagt. Wenn ein Spieler sich an sein Programm gehalten hat, dürfte es kein Problem sein. Wenn es zwei oder zweieinhalb Wochen Pause gab und ein Spieler hat gar nichts gemacht, dann hat er ja schon eine Menge Substanzverlust. Diese Gefahr ist ja hier erst einmal nicht gegeben, weil die Pause bei manchen Teams auch nicht so lang war.
Kann man das denn genau erkennen, wenn ein Spieler sich nicht an den Plan gehalten hat?
Bei entsprechenden Tests auf jeden Fall. Die meisten Vereine sammeln ja Daten über ihre Spieler wie Gewicht, Körperfett oder Ausdauerwerte. Diese Werte werden von manchen Clubs erhoben. Es kann sein, dass Vereine Werte Anfang Dezember aufgenommen haben, um den Trainingsplan des Spielers für die Pause zu erstellen. Ich glaube aber nicht, dass jetzt Tests durchgeführt werden. So viel Eigenverantwortung sollte jeder Spieler schon haben, dass er zehn Tage ohne Kontrolle auskommt.
Allerdings sieht man an dem eigenmächtig verlängerten Urlaub mancher Spieler, dass die Eigenverantwortung auch vernachlässigt wird.
Ja, das stimmt. Ein Beispiel: Es gibt Brustgurte, die Daten sammeln und die von manchen Trainern an die Spieler gegeben werden. Aber der Gurt kann ja nicht unterscheiden, ob ihn Person A, B oder C trägt. Mir hat mal ein brasilianischer Spieler gesagt, er gebe einem brasilianischen Sportlehrer 500 Euro und dieser trage dann den Gurt. Diese Spieler haben nicht kapiert, dass sie sich damit selbst schaden. Denn eine gute Ausdauer hilft ja auch der Regeneration.
Sie haben die Spieler aus Brasilien angesprochen. Manche sträuben sich, aus dem sonnigen Süden ins kalte Deutschland zurückzukehren. Andersherum verbringen manche Teams ihre Trainingslager im Süden und kehren dann wieder in winterliche Gefilde zurück. Wie lange benötigt denn der Körper, um sich den veränderten Witterungsbedingungen anzupassen?
Bei dem Wechsel von Klimazonen gibt es keine feste Regel. Aber es dauert sicherlich zwei bis vier Tage, bis man sich auf eine komplett andere Klimazone eingestellt hat. Normalerweise sollte man dem Spieler dann also ein bis zwei Tage Zeit lassen, bevor er wieder mit voller Belastung ins Training einsteigt. Es ist sehr problematisch für diejenigen Spieler, die die Pause in Südamerika verbracht haben und jetzt wieder woanders hinfliegen. Zeitverschiebung, Flugstress und Klimawechsel – das ist eine hohe Belastung.
Ist es unter diesen Voraussetzungen überhaupt möglich, die Spieler auf den Punkt hin am Rückrundenstart auf ihr Topniveau zu bringen oder erreichen die meisten dies erst dann, wenn sie wieder im Rhythmus sind?
Man kann davon ausgehen, dass sie beim Rückrundenstart körperlich noch nicht auf ihrem Toplevel spielen. In dieser kurzen Zeit sind schließlich auch nicht viele Testspiele möglich. Die richtige Form gewinnen viele Spieler erst zwei bis drei Wochen nach dem Rückrundenstart – je nach Trainingsgestaltung.
Die einen machen Testspiele, einige wenige Mannschaften spielen in der Halle. Da wird immer vor dem großen Verletzungsrisiko gewarnt. Was ist da dran?
Das Verletzungsrisiko ist genauso hoch wie beim Spiel auf dem Platz draußen. Vor zehn Jahren war das Verletzungsrisiko vielleicht hoch, aber mittlerweile spielt man auf Granulat. Die neuen Kunstrasenböden sind wesentlich besser gedämmt. Einzig wenn die Spieler nicht im Vollbesitz ihrer kompletten Reaktionsfähigkeit und Kräfte sind, können Verletzungen entstehen. Für einen gesunden Spieler im normalen Trainingsbetrieb ist es kein Problem, in der Halle zu spielen.
Manche Sportartikelhersteller werben derzeit mit Funktionsunterwäsche, die angeblich die Körperwärme speichert. Ist dies wirklich eine Bereicherung für den Sport oder nur eine Modeerscheinung mit Placebo-Effekt wie das Nasenpflaster in den Neunzigern?
Die Unterwäsche hat in diesem Fall mehrere Funktionen. Nicht nur eine Regulation von Feuchtigkeit und Wärme, sondern auch, dass die Muskulatur komprimiert wird. Das hat jetzt aber nichts mit dem Winter zu tun, das gibt es auch im Sommer. Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass die Muskulatur weniger schnell ermüdet. Konkrete Daten aber noch nicht, die dies belegen. Die Firmen würden sich allerdings nicht in diesem Maße auf diese Innovation stürzen, wenn sie nicht wüssten, dass es etwas bringt. Im Rugby gibt es diese relativ enge Unterwäsche schon lange.