Am Ostermontag 1916 kam es in Dublin zum Easter Rising, dem Versuch, Irlands Unabhängigkeit gewaltsam zu erzwingen. Es war der Beginn einer Blutfehde, dem auch Fußballspieler zum Opfer fielen.
Begonnen hatte die Mordserie ein halbes Jahr zuvor. Bei Patrick McCrory, einem 19-jährigen Katholiken, der als Heizungsinstallateur arbeitete und Rechtsaußen spielte, klingelte es am 13. März 1972 an der Haustür. Als er öffnete, sah er sich zwei Männern gegenüber, die mit Schnellfeuerpistolen auf ihn zielten. McCrory wurde entweder aufgefordert, sich umzudrehen oder er versuchte noch, ins Innere des Hauses zu fliehen, jedenfalls wurde er durch einen Schuss in den Rücken getötet. Dieser Mord wurde noch nicht damit in Verbindung gebracht, dass das Opfer bei dem in Religionsfragen so toleranten Klub Bankmore Star spielte. So ziemlich jeder Bewohner Belfasts hätte durch irgendeine Verhaltensweise oder eine unbedachte Äußerung, die der anderen Seite nicht passte, ein solches Killerkommando auf den Plan rufen können.
Erste Unruhe kam im Verein auf, als es am 12. Juli (dem Tag also, an dem die Unionisten vom „Orange Order“ traditionell in provozierender Manier durch die katholischen Stadtteile marschieren, was auch heute noch zu schweren Krawallen führt) den jungen Bäcker David Poots traf, der im Gegensatz zu McCrory Protestant war. Ihn hatte man per Kopfschuss hingerichtet und die Leiche auf einem Fabrikgelände abgelegt. Jetzt machten in der Fußballszene Gerüchte die Runde, dass militante Fanatiker die Elf von Bankmore Star Mann für Mann auszulöschen versuchten.
Ein Verein im Visier von Feinden
In der Lokalpresse erschienen so gut wie keine Berichte, die es wagten, die genauen Hintergründe dieses und ähnlicher Verbrechen aufzudecken, denn Journalisten, die den Dingen zu tief auf den Grund gingen, unliebsame Fragen stellten und eventuell sogar Täter benannten, zählten zu den bevorzugten Angriffszielen der Killertrupps. Aus diesem Grund stammt das wenige, was heute über diese Fußballtragödie belegt ist, nicht aus zeitgenössischen Quellen. Es wurde im Nachhinein aus den dürren Fakten noch vorhandener Polizeiakten und aus Erinnerungsprotokollen von Angehörigen, die schließlich den Mut fanden, öffentlich etwas zu sagen, zusammengesetzt. Nachdem es im September dann auch Samuel Boyde erwischt hatte, war endgültig nicht mehr von der Hand zu weisen, dass der Verein sich im Visier von Feinden befand, die seine Mitglieder vernichten wollten.
Die Polizei sprach von einem „geistig unzurechnungsfähigen Einzeltäter“, als wäre nicht längst, aufgehetzt von ultraradikalen Politikern wie dem Unionisten Ian Paisley, ein beängstigend großer Teil der Einwohnerschaft völlig übergeschnappt gewesen. Die Fußballfunktionäre dagegen bagatellisierten nach Kräften, in dem sie immer wieder betonten, Bankmore Star sei doch nur einer von diversen Vereinen, in dem Protestanten und Katholiken ohne Probleme gemeinsam spielten, die Motive für die vier Morde müssten demnach woanders zu suchen sein. Solche Beschwichtigungen konnte man sogar verstehen, denn der nordirische Fußball, ohnehin ein zartes Pflänzchen, litt jämmerlich unter den Unruhen. Weil die Menschen die Öffentlichkeit mieden, wo es nur möglich war, gingen die Zuschauerzahlen auf allen Leistungsebenen stark zurück, wodurch sich dann automatisch die sowieso schon desolate finanzielle Lage der Vereine und des Verbandes, der keine Profiliga unterhielt, weiter verschlechterte. Hinzu kam, dass die Ländermannschaft ihre Heimspiele fortan nicht mehr im gefürchteten Belfaster Windsor Park, sondern in England austrug. Nicht zuletzt deswegen scheiterte sie in der Qualifikation für die WM 1974.
„Ich will dein Gesicht sehen, wenn du stirbst.“
Es musste dann aber noch ein vierter Bankmore-Spieler sterben, bevor der Rest des Teams das Handtuch warf und sich vom Spielbetrieb zurückzog. Robert Millen, erneut ein Protestant, hatte einen anonymen Brief erhalten, in dem ihm sein bevorstehendes Ende angekündigt wurde: „Jetzt zeigt mein Finger auf dich. Achte auf jeden Mann und jedes Auto, die sich dir nähern. Ich will dein Gesicht sehen, wenn du stirbst.“ Millen ahnte wohl, dass er seinem Schicksal kaum entrinnen konnte, und änderte sein Alltagsverhalten nicht. Seine Häscher erwischten ihn am 13. April 1973, an einer belebten Straßenkreuzung. Aus einem kurz neben ihm am Bürgersteig haltenden Wagen heraus wurden mehrere Kugeln abgefeuert, die ihn tödlich trafen. Neben dem bei McCrory praktizierten „Hausbesuch“ war dies der zweite von der IRA bei Mordanschlägen favorisierte Modus Operandi.
Nachdem es die Mannschaft, die die unsichtbaren Schranken der Religion durchbrochen hatte, nicht länger gab, dafür aber fast täglich neue Anschläge unter anderen, aber letztlich doch immer denselben Vorzeichen, geriet der Vernichtungsfeldzug gegen Bankmore Star schnell in Vergessenheit und schließlich zu einer so grässlichen wie grotesken Fußnote in der Geschichte des nordirischen Bürgerkrieges. Bis heute wurde nicht ermittelt, ob die vier Fußballer nun von katholischer oder protestantischer Seite ermordet wurden. Und zur Rechenschaft für die Verbrechen gezogen wurde daher auch niemand.