Die englische Fanvereinigung FSF ruft zum landesweiten Boykott der Zeitung „The Sun“ auf. Für das Klatschblatt könnte das herbe Konsequenzen haben.
„Wir sind begeistert, dass der Antrag einstimmig angenommen wurde“, sagte Roy Bentham, „Spirit of Shankly“-Mitglied und der Antragssteller nach dem Beschluss. „Normalerweise sorgt so ein Antrag für eine Debatte oder Ergänzungen, aber dieser ging direkt durch ohne eine einzige Gegenstimme.“ Jetzt gehe es darum, den in Liverpool schon etablierten Boykott weiter zu tragen. Dem britischen Blog „The Canary“ sagte er: „Wir werden ihn überall hinbringen, in jeden Winkel, in jede Stadt und jedes Dorf, in England und in Wales.“
Und das könnte für die „Sun“ herbe Konsequenzen haben. Chris Horrie, Autor des Buches „Stick It Up Your Punter!“ über die Geschichte der Zeitung, schätzt, dass der Liverpooler Boykott des Boulevardblatts deren Mutterunternehmen „News International“ von Medienmogul Rupert Murdoch seit 1989 monatlich rund 15 Millionen Pfund, also mehr als 17 Millionen Euro gekostet hat. Wohlgemerkt kalkuliert in den Preisen von damals.
Wenn nun mehr als eine halbe Million FSF-Mitglieder in ihren Rollen als Fans von 70 Vereinen im ganzen Land Einzelhändler unter Druck setzen, wird das weitere Gewinneinbußen zur Folge haben und könnte den Anfang vom Ende der „Sun“ bedeuten.
Aus den Fehlern nichts gelernt
Dass die „Sun“ sich 2012 entschuldigte, spielt dabei für die Fans keine Rolle. Damals bezeichnete die Chefredaktion in einem Leitartikel die Berichterstattung über die Katastrophe als „unseren schwersten Fehler“ und schrieb „Heute entschuldigen wir uns uneingeschränkt bei den Opfern von Hillsborough, ihren Familien, den Liverpool-Fans, der Stadt Liverpool und allen unseren Lesern für unsere Fehleinschätzungen.“
Die Berichterstattung sei „unzutreffend, schwer unsensibel und beleidigend“ gewesen. Dagegen steht in der Petition geschrieben: „Die FSF wird auch nicht die Verweigerung der Sun einer angemessenen Entschuldigung für das von ihr verursachte Leiden vergessen. Ebenfalls erkennt die FSF an, dass in diesem Fall Liverpool-Fans leiden mussten, aber dass es jede Fangemeinschaft hätte treffen können.“
Denn die „Sun“ hat aus ihren Fehlern offensichtlich nichts gelernt. Nach dem Terroranschlag in Manchester am 22. Mai, bei dem ein Selbstmordattentäter während eines Konzerts 22 Menschen tötete, zeigte sie auf der Titelseite den Angreifer neben seinem jüngsten Opfer, der achtjährigen Saffie Rose Roussos. Und als am 3. Juni in London sieben Menschen bei einem weiteren Anschlag starben, titelte sie „Jihadi Killer in an Arsenal shirt“. Es kann also wirklich jeden treffen. Gut, dass die FSF entschieden hat, sich zu wehren.
Auf der nächsten Seite gibt es eine Übersetzung der gesamten Erklärung der FSF.