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Seite 2: „Wer Lissabon nicht gesehen hat, hat noch nichts Schönes gesehen“

Wer Lis­sabon nicht gesehen hat, hat noch nichts Schönes gesehen“, sagen die Ein­wohner von Por­tu­gals Haupt­stadt gänz­lich uneitel. Aber sie haben auch Recht, wes­wegen sich die Fan­massen in Klein­gruppen in den Straßen Alfamas und Bairro Altos ver­teilen, schlen­dern, Bier in der Sonne trinken, Tand in den Sou­ve­nier­läden kaufen. Fuß­ball ist all­ge­gen­wärtig, Lis­sabon ist eben­falls die Kapi­tale der gefälschten Tri­kots, Cris­tiano Ronaldo grüßt von T‑Shirts, Tassen, Aschen­be­chern, und in jeder Kneipe hängt ein Fern­seher. Alle wollen und werden das Spiel sehen. Und: jeder hat eine Mei­nung dazu.

Auch wenn er sie nicht immer kund tun kann. Im kleinen Restau­rant des alten Por­tu­giesen mit deutsch­stäm­migem Namen wird sofort debat­tiert, als die Gäs­te­fans als solche erkannt werden. Nur geht das der Sprach­bar­riere halber kaum über ein Ben­fica, Ben­fica“ hinaus. Der Bruder des Alten kommt dazu und hält mit stich­hal­tigen Argu­menten dagegen: Sporting, Sporting.“ So geht das eine Weile, Ben­fica“, Sporting“, Ben­fica“, Sporting“, dann schaltet sich ein Frank­furter ein: Ein­tracht?“ Gelächter. Das beste Argu­ment aber hat dann der Alte: Ein rie­sen­großes Benfia-Wappen auf dem Oberarm, die Farbe ver­bli­chen, neben allerlei Knast­ta­toos. três – um“, sagt er, 3:1“, lächelt ein zahn­loses Lächeln und kommt den Gästen beim Bier­preis ent­gegen.

Europas schlimmster Ein­lass

Ben­fica Lis­sabon könnte die ent­spann­teste Aus­wärts­fahrt der Welt sein. Sonne, Meer, nette Men­schen, kein Hauch von Anspan­nung oder Aggres­sion. Wäre da nicht der Ein­lass. 3.200 Ein­tracht-Fans mar­schieren zum Sta­dion und werden dort in Gruppen von knapp 200 Mann zu drei trich­ter­för­migen, mit Käfig umzäunten Gängen geleitet, durch die die Fans ein­zeln hin­durch­ge­schick werden und an deren Ende eine aus­gie­bige Kon­trolle wartet. Es dauert ewig, die Anhänger können nicht pin­keln gehen, haben nichts zu trinken, die Situa­tion ist latent gefähr­lich aber die Sicher­heits­leute stehen blöd rum und flachsen. Europas schlimmster Ein­lass. Kurz droht die Stim­mung zu kippen, erste uni­ver­sell ver­ständ­liche Belei­di­gungen werden hörbar, Fans rüt­teln am Zaun, Poli­zisten posi­tio­nieren sich. Aber es bleibt ruhig.

Und dann sind hurra, hurra, die Frank­furter da. Singen sich die Seele aus dem Leib, frieren auf den obersten Stufen des Estadio da Luz, sehen dem 19-jäh­rigen Joao Felix dabei zu, wie er auf dem Weg zum Welt­star drei Tore schießt, singen trotzdem weiter, denn am Ende steht es 2:4. Müssen wir die halt zuhause 2:0 weg­hauen“, sagt ein Mitt­drei­ßiger auf dem Weg zum Bus­bahnhof, vorbei an Poli­zisten und Stra­ßen­ab­sper­rungen, bevor er im Lis­sa­boner Nacht­leben ver­schwindet. Ähn­li­ches hört man in dieser Nacht immer wieder – Da geht noch was“, Da ist noch was drin“ – auch auch mor­gens noch am Flug­hafen, wo die Fans zu hun­derten auf den 5‑Uhr-Flug zurück nach Frank­furt warten. Nur Apfel­wein sieht man keinen mehr, aber das ist wahr­schein­lich auch gut so.