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Sebas­tian Ingen­hoff:

Der Abend nach dem Schalke-Spiel, ein Klub in Köln, unge­fähr gegen zwei Uhr nachts, und alle Betei­ligten waren ziem­lich eupho­risch bis betrunken unter­wegs. Plötz­lich raste ein Typ auf mich zu und unter­brei­tete mir, Hans Meyer habe seinen Hut zurück­ge­geben und Lienen sei neuer Prä­si­dent von Borussia Mön­chen­glad­bach. Oder so ähn­lich. Später erfuhr ich, diese Geschichte war bit­terer Ernst. Meyer war zurück­ge­treten, der Trainer, dessen größter sport­li­cher Erfolg, abge­sehen vom Wie­der­auf­stieg 2001 mit der Borussia, der Einzug ins Finale des Cups der Pokal­sieger mit Carl Zeiss Jena war. Damals, 1981, verlor man in Düs­sel­dorf mit 1:2 gegen Tiflis, laut Meyer die bit­terste Nie­der­lage seiner Kar­riere. Wei­tere Sta­tionen in Erfurt, Chem­nitz, Union Berlin und Enschede folgten, ehe er im Sep­tember 1999 nach Glad­bach kam. Die standen zu dem Zeit­punkt wohl­ge­merkt auf einem Abstiegs­platz in der zweiten Liga. Dass es ihm in der­selben Saison dann doch noch bei­nahe gelang, auf­zu­steigen, spricht wohl nur für ihn. Der Sprung klappte ein Jahr später, und Meyer wun­derte sich, wieso in Glad­bach 100000 Men­schen auf dem Markt­platz ständen, nur wegen eines Auf­stiegs. In Jena haben wir damals mit einer Art Bezirks­aus­wahl AS Rom, Valencia und Ben­fica geschlagen, aber davon hat keiner Notiz genommen.“
Seine Inter­views sind legendär geworden, die kapri­ziöse Art und seine Pro­bleme bei der Hand­ha­bung von Mikro­fonen bil­deten immer einen ange­nehmen Kon­trast zum Rest der Riege. Dass er am Ende keine Lust mehr hatte, sich mit Bild-Zei­tung und Paul Breit­ners Debi­lismen her­um­zu­är­gern, sollte man ihm nach­sehen.

Oliver Gorny:

Ich war erleich­tert, als ich auf WDR 2 vom Trai­ner­wechsel bei Borussia erfuhr. Meyer hatte sich ein­fach ver­braucht, seine Sprüche, sein Auf­treten gegen­über der Presse und gegen­über der Mann­schaft. Klar fanden wir das witzig, dass es auf Pres­se­kon­fe­renzen nicht so bier­ernst zuging. Und auch nach Nie­der­lagen hatte er immer einen flotten Spruch parat. Aber mit der Zeit häuften sich die Pro­bleme mit ein­zelnen Spie­lern und mit der Presse. Und gerade ein kleiner Verein, wie es Mön­chen­glad­bach doch immer noch ist, braucht Ruhe, um ordent­lich arbeiten zu können. Da war das stän­dige und von beiden Seiten immer wieder ent­fachte Theater zwi­schen Hans Meyer und der Bild-Zei­tung doch eher stö­rend. Nun ist Lienen da, auch kein ein­fa­cher Kan­didat, wie jeder weiß, aber eben auch kein Stand Up Come­dian wie Meyer. Für den Abstiegs­kampf genau die rich­tige Lösung.

Andreas Neu­haus:

Mor­gens in der Zei­tung las ich die Nach­richt, Meyer weg und Lienen neuer Trainer. Ein Schock zur frühen Mor­gen­stunde, denn Meyer war der unter­halt­samste und fach­lich kom­pe­ten­teste Trainer, den Glad­bach seit langer Zeit hatte. Er hat den Verein zurück in die erste Liga geführt und letztes Jahr den Klas­sen­er­halt geschafft. Vor allem aber war Meyer ein glän­zender Enter­tainer: Fast jedes Inter­view mit ihm war eine kleine Offen­ba­rung, so ganz anders als die vor­ge­stanzte Lan­ge­weile der Herren Sammer und Hitz­feld. Bei­spiele gefällig? Meyer über sein Ver­hältnis zum anderen ost­deut­schen Vor­zei­ge­coach Eduard Geyer: Keine Ahnung, ich habe meine Akte noch nicht gelesen. Wir sind keine guten Freunde, also wenn der eine Geburtstag hat, wird nicht ange­rufen.“ Über die Fami­li­en­pla­nung: Wenn ich eine ganze Fla­sche Rot­käpp­chen getrunken hatte, wurde meine Frau danach regel­mäßig schwanger.“ Und über das 1:0 gegen die Bayern am ersten Spieltag der ersten Saison: Wenn ich mit dem System Weih­nachten im gesi­cherten Mit­tel­feld bin, dann können wir drüber reden. Aber nach einem Spieltag werde ich mich hüten, meinen Kopf so weit aus dem Fenster zu halten. Doch wenn Sie schreiben, Hans Meyer hat ganz alleine gewonnen, dann haben Sie Recht.“ Natür­lich hielt Meyer viel von sich und viele kamen mit seiner bewusst kau­zigen Art nicht klar. Aber das war sein Schutz gegen den Enter­tain­ment-Wahn­sinn des Profi-Fuß­balls. Und inmitten dieser großen Unter­hal­tungs­blase ist Meyer bis zum Schluss bemer­kens­wert normal und sich selbst treu geblieben. Des­halb wird er uns fehlen, als Coach, aber vor allem als Mensch. Das wird uns spä­tes­tens bewusst werden, wenn mal wieder all die Lang­weiler vors Mikrofon treten, die Rang­nicks und Möhl­manns, die immer nur das sagen, was von ihnen erwartet wird. Hans Meyer war anders.