Die Bundesliga geht endlich wieder los, am Rockzipfel mit dabei: unsere 11 des Spieltags. Heute mit dem schnellsten Mensch der Welt, der guten, alten „Ausgerechnet XY“-Geschichte und einem eiskalten Leverkusener Duo.
Alvaro Dominguez
Es ist ein großer Vorteil dieses Sports, dass alle Nase lang irgendwelche kuriosen Dinge passieren. So etwa am Eröffnungsspiel am Freitag, in dem Gladbachs Innenverteidiger Alvaro Dominguez kurzzeitig vergaß, in welcher Sportart er sich gerade befindet. Zunächst verursachte der Spanier nämlich einen Handelfmeter, den Thomas Müller allerdings vergab. Beim anschließenden Klärungsversuch spielte Dominguez den Ball dummerweise, na klar, mit der Hand, was einen zweiten Handelfmeter und das 3:1 für die Bayern zur Folge hatte. Bei derart konsequentem Handspiel hätte es auch nicht verwundert, wenn Gladbachs Innenverteidiger sich den Ball beim folgenden Anstoß einfach unter den Arm geklemmt hätte und ins gegnerische Tor gerannt wäre. Zumindest sah Schiri Tobias Welz von einer zweiten Gelben Karte ab und Dominguez durfte weiterspielen. Auch wenn das gegen die Bayern ja nicht unbedingt eine gute Sache sein muss.
Leon Andreasen
Wenige Minuten war der Spieltag alt, da hatte er bereits den ersten „Ausgerechnet XY-Moment“. Hannovers Leon Andreasen, oder Andröhsen, wie ihn der ein oder andere weltläufige Kommentator nennt, sorgte im Spiel gegen Wolfsburg mit seinem Tor zum 1:0 nämlich für Gänsehaut bei Mitspielern und Fans. Das war nicht nur irgendein Tor, das war eine kleine Wiedergutmachung. Der arme Andreasen war von den letzten acht Jahren gefühlte neun Jahre verletzt und hat sich gerade zum wahrscheinlich hundertsten Mal zurück in die Mannschaft gekämpft. Da darf man als Kommentator schon mal gerührt in die „Ausgerechnet“-Kiste greifen. Mit seinem Tor dürfte Andreasen nun einer von sehr wenigen Spielern sein, die in ihrer Karriere in etwa so viele Pflichtspieltore geschossen haben, wie sie bereits Kreuzbandrisse erleiden mussten. Einzig Mannschaftskollege Christian Pander könnte ihn in dieser Statistik noch einholen.
Dante
„Danke, Dante“, möchten wir sagen und das nicht nur, weil es sich so wunderschön anhört und wir so gerne reimen. Vor allem möchten wir uns bei Dante bedanken, weil sein Eigentor im Spiel Bayern gegen Gladbach der breiten Öffentlichkeit zeigte, dass die Bayern nicht vollends unbezwingbar sind. Auch wenn das eigentlich nichts anderes bedeutet, als dass sie, nunja, sich eben selber bezwingen müssen. Wo es dann schon wieder frustrierend wird, denn auch wenn die Bayern weit von der Bestform entfernt scheinen, haben sie doch wieder gewonnen, und das recht mühelos. Und plötzlich ist der Gedanke komplett frustrierend und ein Danke überflüssig, denn vier Eigentore in einem Spiel wird auch Dante nicht schießen. Bliebe allein die Schadenfreude über ein recht ungelenkes Eigentor der Bayern. Viel ist das zwar nicht, aber Schadenfreude ist bei den Bayern immerhin ein bisschen süßer als bei anderen. Und gleichzeitig wahrscheinlich auch das, was einer Bayern-Niederlage in dieser Saison am nächsten kommen wird.
Pierre-Emerick Aubameyang
Die Bundesliga ist um eine Attraktion reicher. Sie heißt Pierre-Emerick Aubameyang, steht seit einigen Wochen in Diensten von Borussia Dortmund und ist Gerüchten zufolge so schnell, dass er keine Emails schreibt, weil es für ihn schneller ist, kurz vorbeizukommen. Dass der Mann abseits seiner ICE-haften Schnelligkeit auch eine ungemeine Torgefahr mitbringt, hat Aubameyang im Pokalspiel des BVB vergangene Woche noch gut versteckt, als er seine beeindruckenden Sprints mit einer gewissen Abschlussschwäche paarte. Schnell wurde geunkt: Ein neuer Odonkor für den BVB? Ein Audonkor? Mitnichten, wie seine drei Tore im ersten Bundesligaspiel bewiesen. Der Mann weiß, wo die Kiste steht und er ist bisher auch nicht ein einziges Mal, wenn wir uns recht entsinnen, mit Ball ins Aus gesprintet, was ja so etwas wie der Signature Move des David Odonkor war. Und auch der Jubelsalto und der Ghetto-Handshake mit Marco Reus klappten schon sehr gut. Es scheint, Aubameyang ist in allen Belangen eine Bereicherung.
Sami Allagui
Da ist sie wieder, die Hertha. Und wie. Mit 6:1 prügelte die „Alte Dame“ völlig hilflose Frankfurter aus dem Stadion und sorgte so für einen Saisonstart von historischem Ausmaß. Einen einzelnen Herthaner hier hervorzuheben, scheint fast ein wenig unfair, schließlich durfte die gesamte Mannschaft die bedauernswerte Eintracht filetieren. Sami Allagui extra lohnend zu erwähnen, macht dennoch Sinn, denn Allagui schnürte am Samstag nicht nur einen Doppelpack, sondern schaffte dadurch auch das Kunststück, seit 2008 in jedem ersten Saisonspiel zu treffen. Glückwunsch dazu. Würden Saisons nur aus ersten Spielen bestehen, wären sie zwar sehr kurz und würden auch eigentlich keinen Sinn machen, Allagui aber wäre in diesem Szenario ein Weltklassestürmer und Serien-Torschützenkönig. Ob er es auch am zweiten Spieltag kann, gilt es dann nächste Woche zu beweisen.
Zlatko Junuzovic
Ach, die Bremer. Es war schon unschön zu verfolgen, wie der SV Werder in der relativ kurzen Zeitspanne von ein paar Jahren von der zweiten Kraft im deutschen Fußball hin zu einem sinnkriselnden Abstiegskandidaten mutierte. Allofs weg, Schaaf weg, Erfolg weg, dafür Abstiegssorgen da. Als die Bremer vorige Woche gegen Drittligist Saarbrücken aus dem Pokal flogen und die neue Saison so schon mit einem deftigen Tiefpunkt einläuteten, schwante einem Böses. Bereits letzte Spielzeit war ja eine lange, anstrengende Aneinanderreihung von Tiefpunkten gewesen und die Bremer drohten, nahtlos daran anzuknüpfen. Gut, dass sich die Werderaner in Braunschweig irgendwann der guten alten Brechstange besannen und Sebastian Prödl die Kugel über das gesamte Spielfeld prödelte, damit Zlatko Junuzovic am anderen Ende des Rasens den Ball zum Sieg in die Maschen zimmern konnte. Nicht unbedingt schön, aber ein wichtiger, beruhigender Sieg.
Maximilian Beister
Die „11FREUNDE-Kopfballpendel-Anstecknadel in Gold“ geht diese Woche an Maxi Beister. Hamburgs Nachwuchshoffnung war bereits vorige Saison aus Düsseldorf gekommen und hatte sich in seiner ersten Saison eher dadurch bemerkbar gemacht, relativ unbemerkbar zu sein. Im ersten Spiel der zweiten Saison machte es Beister nun besser und wuchtete eine Flanke per Kopfball so derart schulmäßig in die Maschen, dass Horst Hrubesch wahrscheinlich jubelnd vom heimischen Sofa aufsprang und vor Freude die Deckenlampe in die Anrichte köpfte. Als Flanken wegnickendes Kopfballungeheuer ist Beister bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Auch hat er nicht unbedingt die Statur dazu. Hinzu kommt, dass Schalkes Keeper Hildebrandt am Tor nicht eben unbeteiligt war. Und dennoch war das ein derart lehrbuchhafter Kopfball, dass wir mutmaßen, Beister habe seine Sommerpause am Kopfballpendel verbracht.
Nicolai Müller
Als Nicolai Müller nach der letzten Saison von Jogi Löw zur Nationalmannschaftsreise eingeladen wurde, war eigentlich allen klar, dass der Mainzer eher der Ersatz des Ersatzes ist und mitfahren darf, weil sowohl die Dortmunder als auch die Bayern ein Champions-League-Finale zu spielen hatten. Müller dürfte damit einer der Wenigen gewesen sein, die die Reise irgendwie sinnvoll fanden, auch wenn schnell spöttelnde Vergleiche zur legendären Mexiko-Reise gezogen wurden, bei der unter Erich Ribbeck so Weltfußballer wie Ingo Hertzsch und Ronny Maul debütieren durften. Wir ziehen reumütig unsere Sir-Erich-Silberlocken, denn Müller, das zeigten seine beiden Tore im Spiel gegen Stuttgart, ist vielleicht doch nicht einer jener Hertzschs oder Mauls, sondern könnte mit Leistungen wie der vom Sonntag tatsächlich irgendwann fester Bestandteil der Nationalelf sein.
Klaas-Jan Huntelaar
Nach einer eher schwachen Saison hat Schalkes Klaas-Jan Huntelaar im Spiel gegen den HSV am Sonntag eindrucksvoll bewiesen, dass er nichts verlernt hat. Genau 84 Sekunden dauerte es, bis Huntelaar frei vor Keeper Adler auftauchte und kurzentschlossen die Führung erzielte. Später kam dann noch ein zweites Tor hinzu und auch wenn Schalkes Defensive das Spiel noch verdödelte und man nur 3:3 spielte, dürfte es für den „Hunter“ eine gute Woche gewesen sein. Vater geworden, Doppelpack geschnürt, heute feiert er seinen 30. Geburtstag. Wenn jetzt auch noch Heimspiele, in denen man drei Tore macht, gewonnen werden, sind alle zufrieden.
Sidney Sam
Dass Leverkusen durchaus ordentlich in die Saison startet, hat nicht nur damit zu tun, dass Stefan Kießling selbst einen Kopfball der Marke Kreisklasse irgendwie blind ins Netz lümmeln kann, sondern auch an der perfekt funktionierenden Flügelzange. Die besteht aus einem fitten Sidney Sam auf der einen Seite und dem Neuzugang…
Heung-Min Son
…auf der anderen Seite. Die beiden wirbelten derart durch die Reihen der Freiburger, dass man versucht ist zu sagen: Da haben sich zwei gefunden. Und weil wir Teil der überhitzten Medienmaschine sind, weil wir Schlagworte und Schlagzeilen brauchen, weil wir Dinge gerne labeln, weil wir „Brangelina“ sagen und den „K&K‑Sturm“ erfinden, nutzen wir die Gunst der noch frühen Stunde und schlagen als Spitznamen des neuen Leverkusener Duo Infernales „Son of Sam“ vor. Das ist zwar auch der Spitzname eines amerikanischen Serienmörders, passt aber trotzdem irgendwie gut. Denn dass die beiden eiskalt sind, wenn auch nur vor dem Tor, haben sie am Samstag bereits bewiesen. Und wenn sie so weitermachen, könnten sie diese Saison auch zu Serientätern werden.