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Seite 3: „Ich habe ihm keine gelangt!“

Trotz des Eklats im Waldhof-Match spielten Sie weiter bei den Schalker Ama­teuren.
Ich hatte mich damit abge­funden, nie mehr im Pro­fi­be­reich zu spielen. Ich wollte ein­fach nur kicken – und mir keine Gedanken mehr machen. Aber dann kamen neue Nacken­schläge. Der U23-Trainer Michael Boris, der mich zum Kapitän machen wollte, ver­ließ den Verein. Sein Nach­folger nahm mich trotz guter Leis­tungen aus der Mann­schaft – er hatte wohl Anwei­sungen von oben – und es gab einige unschöne Aktionen. 

Was meinen Sie?
Wäh­rend die Mann­schaft auf dem Platz trai­nierte, wurde ich auf die Aschen­bahn zum Laufen geschickt. Ein anderes Mal hieß es, ich solle meine Lauf­schuhe anziehen und als ich darin ankam, wurde ich ange­mault, warum ich keine Fuß­ball­schuhe tragen würde.

Am Ende sollen Sie zu Boris’ Nach­folger Bern­hard Trares gesagt haben: Fick Dich“.
Das habe ich nie gesagt, diese Aus­sage wurde auch vor Gericht ver­han­delt. Keiner der befragten Zeugen konnte das bestä­tigen.

Aber sowas wird doch nicht erfunden?
In meiner Erin­ne­rung habe ich mit einem Mit­spieler nach der Ein­heit ein Tor vom Platz getragen – und einige junge Kol­legen darauf hin­ge­wiesen, dass ich es in Ord­nung fände, wenn sie uns helfen würden. Die waren auch sofort ein­ver­standen. Da war der Trainer gar nicht dabei. Am nächsten Tag hieß es: Albert, du sollst zu Horst Heldt kommen.“. Ich dachte, es ginge viel­leicht um ein neues Angebot. Aber Heldt teilte mir nur mit, dass ich frei­ge­stellt sei.

Darauf hatten Sie doch spe­ku­liert. Eine Frei­stel­lung garan­tiert schließ­lich die Fort­zah­lung des Lohns.
Als mein Berater sich die Frei­stel­lung schrift­lich geben lassen wollte, hieß es, ich hätte etwas falsch ver­standen: Ich sei nicht frei­ge­stellt, son­dern fristlos gekün­digt. Danach kam die Sache vor Gericht.

Eine trau­ma­ti­sche Erfah­rung, oder?
Ich habe es als sehr unge­recht emp­funden. Am Ende war ich froh, als wir den Ver­gleich geschlossen hatten. Ich war psy­chisch ziem­lich ange­schlagen.

Sie wurden die Seuche nicht los. Fried­helm Funkel holte Sie zu Ale­mannia Aachen in die zweiten Liga…
wo ich eine wun­der­bare Zeit erlebte, weil die Leute sich dort nicht beirren ließen. Sie haben mich von Beginn an nach Leis­tung beur­teilt.

Am Ende der Saison 2011/12 aber stieg die Ale­mannia ab und war bald darauf insol­vent. Auch Ihre Zeit bei Vik­toria Köln ab Januar 2013 in der vierten Liga war von Miss­ge­schi­cken begleitet. Bei einem Match gegen die U23 des VfL Bochum wurden Sie im Kabi­nen­gang in der Halb­zeit vom Platz gestellt, weil Sie angeb­lich Fabian Götze eine Ohr­feige ver­passt hatten. Das Sport­ge­richt sperrte Sie für vier Monate.
Ich kann nur sagen: Ich habe ihm keine gelangt!

Wie war es denn?
Es gab ein Gerangel, aber ich habe ihm keine gelangt. Ich gebe zu, dass ich die vierte Liga unter­schätzt habe.

Spie­le­risch?
Nein, nicht fuß­bal­le­risch, son­dern die Umgangs­formen. Schon in Aachen gab es wesent­lich mehr auf die Socken in der Bun­des­liga. Manchmal kam es mir vor, als würden die Spieler – viel­leicht auch wegen meines Rufs – regel­recht Jagd auf mich machen. Ich wurde da von den Schieds­rich­tern wenig geschützt. In der Regio­nal­liga wurde es noch unan­ge­nehmer. Was ich mir da teil­weise von 18-jäh­rigen Gegen­spie­lern anhören musste, war unglaub­lich.

War das der Aus­löser?
Gegen den VfL Bochum lagen wir zur Halb­zeit schon mit 0:2 hinten, was nicht unbe­dingt zu guter Laune bei mir bei­trug. Auf dem Weg in die Kabine kamen wei­tere Sprüche von einem Jung­spund, da habe ich dem natür­lich Kontra gegeben. Götze hat sich dann ein­ge­mischt und mich ange­fasst. Dann gab es ein Gerangel – aber nochmal: Geschlagen habe ich ihn nicht.

Am Ende wurden Sie bei Vik­toria ent­lassen, weil Sie nicht mit Pelé Wol­litz zurecht gekommen sind.
Auch das stimmt so nicht. Wol­litz hat mir mehr­fach gesagt, dass er nicht ver­stehen könne, dass ein Spieler mit meinen Qua­li­täten nicht wenigs­tens einen Klub in der zweiten Liga findet. Eines Tages aber hatten wir ein Trai­nings­spiel, in der Schluss­phase flog der Ball aufs Tor, es sah aus, als wenn er rein­gehen würde. Doch genau in dem Moment pfiff Wol­litz das Spiel ab. Hätte er zwei Sekunden länger spielen lassen, hätte unser Team das Match gewonnen. Da habe ich wortlos abge­wunken. Mehr nicht. Aber Wol­litz ging sofort hoch: Was denkst Du Dir? Du glaubst wohl, Du bist hier der große Star.“ Und wieder konnte ich meinen Mund nicht halten und ant­wor­tete: Ich glaube, du denkst, Du bist hier der Star.“ Das war’s. Eine Lap­palie. Am nächsten Tag wurde mir mit­ge­teilt, dass ich gehen könne.

Albert Streit, wieso geht es immer wieder daneben?
Ich weiß es nicht, wahr­schein­lich ziehe ich den Ärger auch an. Klar, dass die Medien auch diese Aktion wieder hoch­spielten, ohne hinter die Details zu recher­chieren. Ich kann nur sagen: Der Satz auf Schalke damals, der war unbe­dacht. Aber in allen anderen Fällen habe ich mir nichts vor­zu­werfen.

Waren Sie schon in der Jugend ein kom­pli­zierter Fall für Ihre Trainer?
Nein, damals war ich eher ein Ein­zel­gänger. Alles drehte sich um Fuß­ball für mich. Nachdem wir zwei Mal mit dem VfB Stutt­gart Deut­scher Jugend­meister geworden waren, ging es mir nur um eins: Ich wollte den Sprung zu den Profis schaffen.

Dafür ent­schieden Sie sich schon als 17-Jäh­riger für einen Ver­eins­wechsel.
Ich war mir immer bewusst, dass die Kar­riere schnell zu Ende sein kann. Als das Angebot der Ein­tracht kam, habe ich sofort zuge­griffen, weil ich nicht wusste, ob es immer so wei­ter­geht.

Dort machten Sie neben dem Fuß­ball eine Aus­bil­dung in der Hen­ninger Brauerei zum Indus­trie­kauf­mann.
Meiner Mutter war es sehr wichtig, dass ich mehr­gleisig fahre und nach der Mitt­leren Reife auch einen nor­malen Beruf lerne. Aber ganz ehr­lich: Den Schein habe ich mit Ach und Krach bekommen. Die Prüfer haben mehr als ein Auge zuge­drückt. (Lacht.)

Sie sagten damals, Sie hätten anfangs nicht ver­standen, dass Pro­fitum harte Arbeit bedeutet.
In der A‑Jugend war ich tech­nisch so stark, dass mir vieles, was andere durch Ein­satz erreichten, zufiel. Ich dachte anfangs, dass es für einen Profi aus­reicht, wenn er gut Fuß­ball spielen kann. Aber es braucht viel mehr.

Näm­lich?
Man braucht Biss, man braucht Fit­ness und Ein­satz­willen.

Hat es Ihnen in dieser Hin­sicht an etwas geman­gelt?
Nein. Zuge­geben, ich hatte in den ersten Trai­nings­ein­heiten bei den Profis der Ein­tracht meine Start­schwie­rig­keiten. Aber dann war mir klar, dass es nie mehr so ein­fach wie in der Jugend werden würde. Wenn ich das nicht kapiert hätte, wäre ich doch nie auf 118 Erst­li­ga­spiele gekommen.

In Frank­furt spielten Sie gemeinsam mit Jer­maine Jones, der bis heute von Ein­tracht-Fans sehr kri­tisch gesehen wird.
Jer­maine hat einen Fehler gemacht: Er hat den Fans ver­spro­chen, bei Ein­tracht zu bleiben, was sich im Nach­hinein als Unwahr­heit her­aus­stellte. Das habe ich nie gemacht. Ich habe am Sai­son­ende klipp und klar gesagt, dass ich die Ein­tracht ver­lassen werde und zu Schalke 04 wechsle. Ich fand es auch kor­rekt, in Köln bekannt­zu­geben, dass ich im Falle eines Abstiegs den FC ver­lassen würde. Andere haben damit lange hin­term Berg gehalten, aber am Ende war trotzdem ich der­je­nige, der auf die Fresse bekam.

Zählt im Fuß­ball die Wahr­heit nichts?
Schwer zu sagen. Aber wenn ich Sky“ schaue, weiß ich schon wäh­rend des Spiels, was Spieler und Trainer nach dem Spiel erzählen. Da sagt keiner mehr die Wahr­heit. Profis erzählen, dass ihr Herz an einem Klub hängt, aber kommt ein anderer, der besser bezahlt, zählt das alles nichts. Wie passt das zusammen?

Über Geld spricht man in Deutsch­land eben nicht.
Aber jeder weiß, welche Rolle die Finanzen gerade im Fuß­ball spielen.