Albert Streit war der meistgehasste Profi der Bundesliga. Heute wird er 40 Jahre alt. Für unsere große Reportage in 11FREUNDE #158 trafen wir ihn zum Interview. Ein Gespräch über sein Image und seine Hintergründe.
Albert Streit, sind Sie ein zufriedener Mensch?
Ich denke schon.
Auch wenn Sie über Ihre Karriere als Profi nachdenken?
Natürlich mache ich mir Gedanken, was ich hätte anders machen können. Wenn ich am Wochenende Spiele schaue, wenn ich die Jungs sehe, die heute Weltmeister sind, mit oder gegen die ich früher gespielt habe, denke ich auch darüber nach, ob ich mehr hätte erreichen können. Aber es ist eine Kunst, mit dem zufrieden zu sein, was man hat.
Gelingt Ihnen das?
Ich kam kurz nach der Geburt mit meinen Eltern aus Rumänien. Wir hatten fast nichts, als wir im Aussiedlerheim bei Nürnberg ankamen. Dass ich mir heute ein Haus leisten kann, Bundesliga gespielt habe und ein Leben im Wohlstand führe, ist mehr, als ein Mensch vom Leben erwarten darf.
Haben Sie dennoch eine Erklärung, warum sind Sie bei vielen Klubs im Unfrieden geschieden?
Ich bin ein ehrgeiziger Mensch. Wenn ich von etwas überzeugt bin, versuche ich meinen Kopf durchzusetzen und neige zur Sturheit. Und dann ist es mir egal, ob ich einen Mitspieler, den Trainer oder den Vorstandschef vor mir habe.
Was im Fußballgeschäft nicht immer ratsam ist.
Im Nachhinein wäre es sicher schlauer gewesen, meine Gedanken nicht immer auf der Zunge zu tragen. Ich habe oft Dinge ausgesprochen, die andere nur gedacht haben.
An welcher Stelle wurde Ihnen das erstmals bewusst?
Am 33. Spieltag der Saison 2005/06 verloren wir mit dem 1.FC Köln mit 0:6 in Bremen. Auf der Rückfahrt rief Manager Michael Meier im Bus an und forderte uns Spieler auf, wir sollten den Auswärtsfans wegen der miesen Leistung die Fahrt bezahlen. Gerade für die jungen Profis wäre das mit enormen finanziellen Aufwendungen verbunden gewesen.
Sie entschieden sich dagegen.
Alle 18 Spieler im Bus sprachen sich spontan dagegen aus. Wir beschlossen, eine andere Aktion für einen guten Zweck zu veranstalten. Bis zum nächsten Morgen waren wir uns alle einig, aber als wir nach dem Auslaufen im Büro des Managers antreten mussten, war ich plötzlich der Einzige, der sich weigerte, dem Wunsch des Managers nachzukommen. Im Beisein des Managers erinnert sich keiner mehr an unsere Verabredung.
Im August 2007 verscherzten Sie es sich in einem Interview mit dem Bundestrainer, als Sie nach einem Freundschaftsspiel, für das Sie trotz starker Leistungen nicht nominiert waren, zu Protokoll gaben: „In England haben viele Spieler gefehlt, ich war trotzdem nicht dabei. Das hat mir gezeigt, dass ich dort nicht gebraucht werde und meine Leistungen nicht anerkannt werden.“ Ein Fehler?
Sicher, aber ich war ungeduldig. Bei Eintracht Frankfurt hatte ich eine Supersaison gespielt. Ich war überzeugt, wenn es jetzt nicht mit der Nationalelf klappt, wird es nichts mehr.
Sie waren Teil des „Team 2006“, der Nachwuchsoffensive des DFB vor der WM in Deutschland gewesen.
Im Mai 2006 saß ich gerade beim Friseur, als Oliver Bierhoff anrief. Es war kurz vor der Bekanntgabe des WM-Kaders. Bierhoff sagte, es würde jetzt noch nicht für die Nominierung reichen, aber ich könne mich darauf verlassen, man hätte mich im Auge. Wenn ich so weitermachte wie bisher, so Bierhoff, würde ich meine Chance bekommen.
Im Kicker-Ranking landeten Sie 2007 in der Kategorie „Außenbahn offensiv“ vor Bastian Schweinsteiger und Kevin Prince Boateng.
Aber wieder bekam ich keine Einladung. Das enttäuschte mich. So kam es zu der Aussage, die ich mir im Nachhinein ohne Frage hätte sparen können. Dann hätte es vielleicht doch noch irgendwann geklappt. Eventuell war ich aber einfach nicht gut genug?
Meinen Sie das ernst?
Ich habe mir letzte Woche nach langer Zeit mal ein altes Spiel von mir mit dem FC angesehen – auf VHS-Cassette. Hinterher habe ich zu meiner Frau gesagt: „So schlecht, wie manche behaupten, war ich gar nicht.“ (Lacht.)