Lars Windhorst beendet seine Zusammenarbeit mit Hertha BSC. Bei allen noch offenen Fragen: Eine andere Möglichkeit gab es nach den jüngsten Entwicklungen nicht mehr.
Etwas mehr als vier Monate ist es her, dass Lars Windhorst für die Mitglieder von Hertha BSC erstmals richtig greifbar war. Bis dahin war der Investor ihres Vereins weitgehend im Hintergrund geblieben, nun aber stand er am Rednerpult in der Messe Berlin und sah sich mit dem gesammelten Unmut der Basis konfrontiert. Windhorst wurde ausgebuht und niedergeschrien. Er aber trotzte der Kritik.
„,Windhorst raus‘, das funktioniert leider faktisch nicht“, sagte er bei der Mitgliederversammlung des Berliner Fußball-Bundesligisten. „Man kann mich nicht abwählen. Meine Anteile stehen nicht zum Verkauf. Meine Anteile gehören mir und werden es die nächsten zehn oder zwanzig Jahre tun.“ Denn dass er Gesellschafter von Hertha BSC sei, „das ist mir eine große Ehre“. Als Windhorst nach seiner Rede das Podium verließ, gab es Pfiffe, aber auch viel Applaus für sein klares Bekenntnis zu Hertha. Und in diesem Moment haben manche möglicherweise tatsächlich gedacht: Vielleicht nimmt das Ganze ja doch noch ein gutes Ende.
Seit Mittwochnachmittag weiß man: Nein, es nimmt kein gutes Ende. Da nämlich hat Windhorst mit einem Facebook-Post das Aus seiner Beziehung mit Hertha BSC verkündet. Das angeblich langfristig angelegte Investment seiner Tennor Group soll möglichst kurzfristig rückabgewickelt werden.
Windhorsts Angebot, dass der Verein die Anteile zurückkaufen könne, und zwar zum selben Preis, den er selbst bezahlt hat, ist natürlich keines, zumindest kein ernstgemeintes. Hertha verfügt gar nicht über die finanziellen Mittel. Die Absicht aber, die Angelegenheit möglichst schnell zu beenden, ist ernst gemeint. Und dabei handelt es sich um einen der äußerst seltenen Fälle, in denen zwischen beiden Seiten echte Einigkeit besteht.
Lars Windhorst und Hertha BSC haben nie richtig zusammengepasst. Insofern ist die sich anbahnende Trennung die richtige Entscheidung – unabhängig davon, wer sie wann und warum getroffen hat. Es spricht einiges dafür, dass der Investor dem Verein nur zuvorgekommen ist. Denn spätestens nach den Berichten über eine mutmaßlich von Windhorst initiierte Kampagne gegen den damaligen Präsidenten Werner Gegenbauer gab es keine Vertrauensbasis mehr.
Eine tragfähige Grundlage für die Zusammenarbeit hat ohnehin nie existiert, etwa in Form gemeinsamer Ziele oder einer abgestimmten Kommunikation. Es wurde eher gegen- als miteinander gearbeitet, gerne auch im Hintergrund. Ob zuerst das Ei da war oder die Henne, das darf jeder für sich entscheiden.
Als Werner Gegenbauer nach seinem Rücktritt im Mai von der „Bild“-Zeitung gefragt wurde, was denn die größte Leistung seiner 14-jährigen Amtszeit als Präsident gewesen sei, antwortete er: „374 Millionen Euro von der Tennor Group einzuwerben. Ohne, dass Hertha BSC nennenswerte Entscheidungsbefugnisse abgeben musste.“
Dafür aber hat Hertha einen hohen Preis gezahlt – auch wenn Windhorsts Geld den Klub vermutlich vor deutlich Schlimmerem bewahrt hat. Denn gemessen daran, dass der Investor de jure wenig zu sagen hatte, hat er den Verein de facto ordentlich vor sich hergetrieben. Ein stiller Teilhaber, wie der Klub ihn sich gewünscht hat, ist Lars Windhorst nie gewesen, und wenn man sich ein wenig mit seiner Persönlichkeit beschäftigt hätte, dann hätte einem das auch schon vorher klar sein können.
Dass nach den Ereignissen von Mittwoch nun endlich Ruhe einkehrt, wünschen sich wohl beide Seiten. Aber die Verhandlungen über die Scheidung kommen erst noch.
Dieser Text entstand in Kooperation mit dem Tagesspiegel.