Bei Dieter Hecking ist alles Natur! Als Gegenentwurf zum exzentrischen Konzepttrainer ist er über Jahre zum Spitzencoach gereift. Nun will er zurück in die Champions League
Dieter Hecking, mit 26 Jahren waren Sie der erste Spielermanager der deutschen Fußballgeschichte. Wie kam’s?
Mit Hessen Kassel war ich 1990 aus der zweiten Liga abgestiegen. Ein schwieriges Jahr, ich war viel verletzt und hatte keine Möglichkeit, bei einem Profiverein unterzukommen. Da bot mir der Klubpräsident an, eine kaufmännische Ausbildung anzufangen und den Sponsorenpool „Löwen 88“ zu betreuen.
Und das war Ihr Ding?
Ich studierte Sportmanagement, es lag also nah, dass ich mich um die Sponsorenakquise und das Marketing kümmere. Eine Zeitlang war der Job neben dem Fußball mein zweites Standbein.
Sie haben mal gesagt, ein Trainer muss zur Identität eines Klubs passen. Sie haben in 17 Jahren bereits sieben Klubs trainiert. Kann man sich Identität wie eine Jacke überziehen?
Sicher nicht. Aber es gibt Dinge, die mag man, und Dinge, die mag man nicht.
Das heißt?
Für manche Vereine habe ich mehr Empathie, bei manchen sehe ich weniger Berührungspunkte.
Borussia M’gladbach mal außen vor, bei welchem Verein war Ihre Empathie bisher am größten?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Nach meiner Zeit beim VfB Lübeck 2004 bekam ich zwei Angebote – von der Spielvereinigung Unterhaching und von Wacker Burghausen. Zwei gutgeführte Zweitligaklubs, die Gespräche liefen sehr gut, beide wollten mich haben. Aber mein Bauchgefühl sagte mir: „Das ist es nicht.“ Als dann das Angebot aus Aachen kam, war sofort das Feuer da.
Sie trainierten Traditionsklubs in Nürnberg, Aachen und Hannover. Der VfL Wolfsburg passt nicht in diese Reihe.
Zweifellos ist Wolfsburg ein anderes Konstrukt. Aber die Zielsetzung des VfL hat mich gelockt, die Champions League, das war die nächste Stufe in meiner Laufbahn. Und ich will nicht verhehlen, dass auch die finanzielle Ausgestaltung eine andere als in Nürnberg war.
Da trifft Identität auf Pragmatismus.
Die Voraussetzungen für einen Trainer in Wolfsburg sind hervorragend. Selbst wenn Teile Ihrer Leserschaft es nicht glauben, auch dort gibt es einen harten Kern aus 15 000 bis 20 000 Fans, die den Verein leben, so wie es 100 000 in Dortmund tun.
Als Sie im Oktober 2016 in Wolfsburg entlassen wurden, sagten Sie, dass Sie nach 16 Jahren im Profifußball nun erst einmal durchatmen wollten. Kurz darauf heuerten Sie bei Borussia Mönchengladbach an.
Ich hatte mir damals Gedanken gemacht, was als nächstes für mich in Frage kommen könnte. Und da gab es drei, vier Bundesligisten, bei denen ich überzeugt war, dass sie zu mir passen. Einer davon war Borussia. Ich kenne den Verein aus der aktiven Zeit. Es ist ein sympathischer Klub, erfolgshungrig, der nachhaltig mit jungen Spielern arbeitet. Und der erste Kontakt zu Max Eberl hat diese Vorstellung voll bestätigt.
Sie gelten gemeinhin als ein Trainer vom alten Schlag. Spielte nach etlichen Stationen auch die Angst eine Rolle, vom Trainerkarussell zu fallen?
Was bedeutet für Sie „vom alten Schlag“? Das hört sich nach Ernst Happel oder Hennes Weisweiler an … Ja, ich habe zwölf Jahre als Bundesligatrainer hinter mir. Das sind zwölf Jahre Erfahrung auf sehr hohem Niveau. Aber ich bin erst 52 Jahre alt. Mourinho ist 54, Ancelotti 58, Streich 52, Stöger 51. Zu Ihrer Frage: Ich kenne einige Kollegen, die diese Angst haben. Letztlich durchlebt die ja jeder Arbeitnehmer, der seinen Job verliert. Aber ich habe keine Angst mehr davor, entlassen zu werden oder auch mal längere Zeit ohne Job zu sein. Ich habe gezeigt, dass ich mit Mannschaften gut arbeiten und Erfolg haben kann.
Was würde der Marketingmann Hecking dem Trainer Hecking raten, um sein Image zu verändern?
Es gibt Typen, die sind dafür geschaffen, sich selbst zu vermarkten. Manche Kollegen haben Leute, die das machen. Ich habe auch überlegt, ob ich mich in Imagefragen beraten lassen muss. Aber letztlich habe ich entschieden: Ich will es nicht. Ich brauche keinen Trainerberater, ich will unabhängig sein. Wer mich will, der weiß, er kriegt zu hundert Prozent Hecking, einen Trainer mit Ecken und Kanten, der alles für den Erfolg tut, aber auch mal aneckt.
Dennoch nervt sie das Image des Trainers vom alten Schlag.
Weil ich finde, dass meine Arbeit hinter diesem Bild verschwindet. Warum muss man Leuten immer einen Makel anhängen? Sie sagen, dass ich einer vom alten Schlag sei, aber ich halte das für eine Frage der Wahrnehmung. Um es kurz zu machen: Ich fühle mich nicht alt und glaube, dass es viele Vereine gibt, die genau wissen, dass ich nachhaltig und erfolgsorientiert arbeite. Vor drei Jahren hätten alle gesagt: Tuchel, Weinzierl, Schmidt sind die Trainer der Zukunft. Durch die Ereignisse der vergangenen Saison erscheinen sie plötzlich in einem anderen Licht. Dabei hat jeder Trainer mal ein schlechtes Jahr dazwischen.
Im Profifußball hängt eben vieles von kurzfristigen Stimmungen ab.
Ich habe im Urlaub einen Kollegen getroffen. Langjähriger Erstligatrainer, der durchaus den Job machen könnte, den ich mache. Der sagt: „Dieter, ich komme nicht mehr dazwischen, an mich denkt keiner mehr.“ Die Nachwuchsförderung hat dazu geführt, dass immer öfter jungen Trainern aus den eigenen Reihen eine Chance gegeben wird. Da wissen die Vereine, worauf sie sich einlassen. Andererseits nehmen die Topvereine oft nur solche Trainer, die schon Titel haben, weil sie glauben, nur die hätten die nötige Erfahrung und Autorität gegenüber den Stars.
Sie haben einen Titel in Ihrem Lebenslauf. Allerdings geriet Ihr Triumph im DFB-Pokal-Finale 2015 fast zur Farce, als sich nach Abpfiff die Kameras vor allem auf Jürgen Klopp richteten, der sich vom BVB verabschiedete. Wie sah es da in Ihnen aus?
Mir war vorher klar, dass der Fokus auf Jürgen liegen würde. Als mir dann in der Pressekonferenz vor dem Finale aber nur zwei Alibifragen gestellt wurden, habe ich mich schon verarscht gefühlt. Andererseits haben wir aus dieser Konstellation auch Motivation gezogen: Wir haben gesagt, bei aller Wertschätzung für Jürgen und Borussia Dortmund, aber die gewinnen dieses Spiel nicht! Am Ende war es für mich keine Genugtuung gegenüber Jürgen, sondern gegenüber den Medien, die die Geschichte, wie Klopp als Pokalsieger abtritt, in die Tonne treten und stattdessen über den VfL Wolfsburg berichten mussten.
In Ihrer Bodenständigkeit geben Sie dem Affen aber auch Zucker. Etwa, wenn Sie sagen, dass Sie nicht verstehen, was Taktikportale so alles aus Ihrer Aufstellung herauslesen.
Ich habe nur gesagt, dass ich es öfter zwei Mal lesen muss, um zu verstehen, was die meinen. Natürlich ist mir klar, dass es Anglizismen und Wortneuschöpfungen gibt. Das Leben ist nun mal Veränderung. Als mein Vater 58 war, kamen Computer in sein Büro. Er wollte sich nicht mehr damit auseinandersetzen, und zwei Jahre später war er entlassen.
Sie haben fünf Kinder im Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Hilft Ihnen das, um den Anschluss bei Ihren Spielern nicht zu verpassen?
Natürlich. Bei der Jüngsten sehe ich, dass das Handy mitunter wichtiger ist als die Kommunikation mit den Eltern. Bei den Söhnen, welche Probleme sich bei Auslandsaufenthalten auftun. Da sind viele Dinge, die ich auf meine Spieler übertragen kann. Trotzdem sehe ich meine Aufgabe darin, ihnen vor Augen zu führen, dass Internet und Handy nicht alles sind und es darüber hinaus Werte gibt, die generationsübergreifend von Bestand sind.
Merken Sie, dass die Aufmerksamkeitsspanne bei den „Digital Natives“ geringer geworden ist?
Jeder Mensch ist anders. Aber ich erkenne schon, dass die Jungs heute in ihrem Freizeitverhalten ganz anders sind als ich.
Zum Beispiel?
Als ich in Kassel spielte und einen Tag frei hatte, habe ich es mir zwei Mal überlegt, ob ich die 120 Kilometer zu meinen Eltern nach Soest fahren soll, weil ich es als Belastung empfand. Heute fliegen Spieler an einem freien Tag von Düsseldorf nach Rom und wieder zurück.
Braucht ein Spieler wie der 23-jährige Matthias Ginter, der für 17 Millionen Euro vom BVB nach Gladbach wechselte, eine besondere Führung?
Warum?
Weil die Erwartungshaltung angesichts solcher Summen doch enorm ist.
Diese Summen sind inzwischen Normalität. Anthony Brooks geht für 20 Millionen nach Wolfsburg, Niklas Süle für 25 Millionen nach München, Antonio Rüdiger für 38 Millionen zu Chelsea, Shkodran Mustafi für 41 Millionen zu Arsenal – wenn die Summen stimmen.
Sie meinen, es macht den Jungs nichts mehr aus?
Auch das ist eine Zeiterscheinung, Matthias Ginter ist mit diesen Summen groß geworden. Er ist Weltmeister, hat den Confed Cup geholt und den DFB-Pokal, er war Stammspieler in Dortmund in der Champions League. Wenn ich er wäre, würde ich auch denken: Das entspricht meinem Marktwert!
Lösen wir es mal von aktuellen Spielern. War es für Sie eine Umstellung, in Wolfsburg plötzlich mit Stars wie Nicklas Bendtner, André Schürrle oder Kevin De Bruyne zu arbeiten? Es gab da ja auch öfter mal Auseinandersetzungen.
Vorab: Konflikte in einem Fußballteam sind völlig normal, die werden heute nur medial ganz anders aufbereitet. Über André Schürrle beispielsweise habe ich gesagt – und das wusste ich aus Gesprächen mit ihm –, dass er seine persönliche Erwartungshaltung nicht erfüllt sieht und ich auch nicht. Mehr nicht! Daraus machten bestimmte Medien zwei Wochen lang die Schlagzeile: „Hecking kritisiert Weltmeister Schürrle!“ Zurecht fragte André: „Was soll das, Trainer?“ Heute ist alles mal fünf.
Wie arbeitet es sich denn nun mit Stars?
Die Kunst ist, sich mit Kevin De Bruyne, der für 23 Millionen von Chelsea kommt, auf derselben Ebene unterhalten zu können wie mit einem Youngster aus der eigenen Jugend. Ich muss es schaffen, jedem das Gefühl zu geben, dass ich ihn fordere und fördere, dass nicht immer alles reibungslos läuft, aber doch nach dem Prinzip der Gleichbehandlung.
Was nicht einfach ist. Gerade in Wolfsburg mussten Sie diese Erfahrung ma-chen. Nach dem knappen Aus im Champions-League-Viertelfinale 2016 gegen Real Madrid kippte die Stimmung, weil viele Spieler sich nur noch damit beschäftigten, wohin sie nach Saisonende wechseln.
Als ich den VfL übernahm, stand der Klub kurz vor einem Abstiegsplatz, zusammen wurden wir Pokalsieger, Supercup-Sieger über Bayern München und spielten später Champions League. Ich dachte, dass da mehr Zusammenhalt im Team gewachsen wäre und mehr Spieler nach der verkorksten Saison den Ehrgeiz haben würden, dass wir gemeinsam nächstes Jahr wieder angreifen. Aber in den Wochen nach dem Ausscheiden gegen Real Madrid wollten viele Spieler nur noch weg. Da war nicht mehr an Leistung zu denken. Die dachten, dass es kein Problem sein würde, zu einem internationalen Spitzenklub zu wechseln. Das hat mich enttäuscht.
Ätzend, oder?
Was soll ich sagen? Am Ende war ich derjenige, der die Konsequenzen tragen musste und gefeuert wurde. Wenn es anders gelaufen wäre, wäre ich bestimmt noch in Wolfsburg. Aber so sind die Zeiten. Einem Trainer bleibt nur, sich ein dickes Fell zuzulegen.
Gibt es Spielertypen, an die ein Trainer nicht rankommt? Etwa Nicklas Bendtner?
Aus rein sportlichem Blickwinkel brachte Bendtner alles mit, was ein Fußballer braucht – nur eben nicht dauerhaft. Am Ende klafften sein und mein Anspruch, was ein Profi im Training leisten muss, deutlich auseinander. Andererseits: Er hat zumindest in frühen Jahren eine große Karriere gehabt.
Ihr Manager Max Eberl sagt, die Transferperiode sei in der Saison die „dritte Halbzeit“, weil sie ähnlich hitzig wie ein Match abläuft. Empfinden Sie das auch so?
Das lasse ich nicht mehr so nah an mich ran. Wäre ich in meinem dritten, vierten Trainerjahr, würde ich viel mehr darüber nachdenken, welche Ziele wir erreichen müssen. Aber mit den Jahren habe ich gelernt, dass während einer Saison viele Unwägbarkeiten lauern, die ich im Voraus nicht planen kann.
Die Borussia ist das erste Mal seit langem nicht international dabei. Was ist in der vergangenen Saison schief gelaufen?
Ich möchte da nur für die Rückrunde sprechen und festhalten: Wenn alle Mann an Bord waren, haben wir auch außergewöhnlich guten Fußball gespielt. Aber wenn Leute wie Christoph Kramer, Fabian Johnson, Thorgan Hazard, Raffael und Lars Stindl über einen längeren Zeitraum ausfallen, ist die Borussia noch nicht in der Lage, das einfach wegzustecken. Besonders im Pokalhalbfinale hätte ich mir gewünscht, auf mehr von diesen Spielern zurückgreifen zu können.
Unter Lucien Favre war Borussia M’gladbach in der Verletztentabelle ganz hinten. Inzwischen belegt der Klub in dieser Kategorie einen Spitzenplatz. Haben Sie deshalb Dr. Andreas Schlumberger als Leiter der Abteilung „Medizin und Prävention“ geholt?
Wir haben in dem Bereich gute Leute. Als wir aber hörten, dass Andreas Schlumberger aus familiären Gründen aus München zurück in den Westen wollte, haben wir uns um ihn bemüht. Er wird dafür sorgen, dass Abläufe klarer werden und wir so vielleicht die eine oder andere Verletzung unterbinden. Aber auch er wird nicht dafür sorgen können, dass wir völlig verletzungsfrei durch die Spielzeit gehen.
Was ist denn in der neuen Saison drin?
Mein persönlicher Ehrgeiz ist klar: Natürlich würde ich gern wieder Champions League spielen. Aber die Liga war noch nie so eng: Ingolstadt und Darmstadt, ohne den Klubs zu nahe zu treten, waren Aufsteiger mit geringeren Möglichkeiten als jetzt Stuttgart und Hannover. Auch Klubs wie der SC Freiburg oder der 1. FC Köln haben durch ihre Erfolge und eine gute Transferpolitik inzwischen andere Möglichkeiten. Das verdeutlicht, wie die Liga sich zusammenschiebt.
Sie klingen immer so rational, so vernünftig. Rasten Sie eigentlich nie aus?
Natürlich kann ich mal aus der Haut fahren, aber das legt sich schnell wieder. Eigentlich habe ich mich mit fast allen Kollegen sehr gut verstanden. Der Einzige, mit dem es ab und an knallte, war ausgerechnet ein guter Freund: Jörg Schmadtke in Aachen.
Wie lief das ab?
Jörg saß in seinem Container vorm alten Tivoli. Da bin ich in der Mittagspause öfter mal rein und dann ging es zur Sache, bis irgendwann die Sekretärin an die Tür klopfte und fragte: „Darf ich euch zur Beruhigung einen Tee bringen?“ Vielleicht konnten wir das deshalb, weil wir nie den persönlichen Respekt gegenüber dem anderen vergaßen und – wie gesagt – befreundet waren.
Worüber stritten Sie sich?
Über alles Mögliche: Transfers, Dinge, die man in der Mannschaftsführung ändern sollte, Termine, die er machen wollte, ich mit dem Team aber nicht für sinnvoll hielt.
Dieter Hecking, wir haben in 11 FREUNDE #174 eine Bildergalerie aus Paninibildern unter dem Titel „Ein Mann, ein Helm“ veröffentlicht, die beweist, dass Sie und Ihre Frisur sich seit 1993 nicht verändert haben.
(Wir legen die Heftseite auf den Tisch.) Ja, interessant, mein Sohn hat mir das schon gezeigt.
Wie kriegen Sie das hin?
(Lächelt.) Ich besitze einen Jungbrunnen.
Ihr Stammfriseur in Bad Nenndorf?
Nein, ich wechsle sogar manchmal den Friseur. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich in optischen Fragen einfach kein experimenteller Typ bin.
Es gab mal einen Kanzler, der sagte: „Ich färbe nicht, ich töne.“
Nee, mache ich auch nicht. Alles Natur! Die Friseure sind begeistert, die sagen: „So dicke Haare hätten viele gern.“
Manche Ihre Kollegen lassen sich Haare einpflanzen, um werbekompatibler rüberzukommen. Was sagen Sie als Ex-Marketing-Mann dazu?
Ich denke anders. Ich glaube, dass man zu Stärken genauso wie zu seinen Schwächen stehen muss. Mein Gegenüber merkt, ob ich ein Schauspieler bin oder nicht.
Jürgen Klopp ist demnach ein Schauspieler. Lachen Sie sich innerlich schlapp, wenn Sie ihn wild gestikulierend am Spielfeldrand sehen?
Nein. Jürgen ist kein Schauspieler. Ich kann mich sogar sehr gut in ihn hineinversetzen. Ich bin nur ganz anders. Ein Spiel ist eine Extremsituation, die Menschen verändert. Da kommen Entscheidungen, die ein Trainer nicht beeinflussen kann. Der Schiedsrichter, die Fans, der vierte Offizielle. Solche Ausnahmesituationen verarbeitet jeder anders. Und ich glaube, dass sich da keiner bewusst inszeniert.
Wie geht es Ihnen dabei?
Da ist auch Dieter Hecking im großen Kino Fußball unterwegs. Aber jeder lebt seine Emotion anders aus.
Sie freuen sich also nach innen. Wenn ich etwas an mir ändern würde, dann das: Ich bin oft zu unterkühlt. So wie
ich versuche, eine 0:6‑Klatsche sachlich zu nehmen, gehe ich auch mit einem 3:0‑Sieg um. Auch da denke ich oft nach dem Schlusspfiff schon ans nächste Spiel. Meine Frau sagt dann: „Dieter, lebe es doch auch mal aus.“ Ich würde mir sogar für meine Spieler mal einen Jubellauf von mir zur Eckfahne wünschen. Damit die sehen: „Heute haben wir was richtig Gutes gemacht, sogar der Alte flippt aus.“
Stattdessen aber geben Sie den knorrigen Übungsleiter.
Das nun auch nicht, aber ich glaube schon, dass es Spieler gibt, die denken: „Kann der Kerl sich eigentlich über nichts freuen?“ (Lacht.) Ich werde dran arbeiten.
Es hat Trainer gegeben, die am ständigen Erfolgsdruck zugrunde gingen.
Ich glaube nicht, dass es bei mir so sein könnte. Aber das ist nun mal Fußball – ein ständiges Streben nach dem Sieg.