Nach dem müden Gekicke gegen Liechtenstein liefert Deutschland eine rundum starke Vorstellung gegen Armenien ab. Muss gezwungenermaßen ein paar Lobeshymnen singen: die Einzelkritik.
Manuel Neuer
Spielte ein paar Pässe, über die man die forsche These aufstellen kann: die hatten Regionalliga-Niveau! Passte sonst einmal gut auf, als Rüdiger ein Fehler unterlief.
Jonas Hofmann
Wird in der Nationalmannschaft zum Rechtsverteidiger umgeschult und bekam von Hansi Flick nach der ersten Stunde gleich eine Fleißbiene für die rege Teilnahme ins Heftchen geklebt. Ebnete mit einem Ballgewinn am eigenen Sechzehner den Boden für das 1:0 und belohnte sich später selbst mit dem ersten Länderspieltor.
Niklas Süle
Hatte nach drei Minuten noch den Schuhkarton am linken Fuß, als er einen einfachen Querpass ins Seitenaus drosch, fing sich danach aber fix. Wagte im Angriff auch mal ein, zwei kleine Dribblings und es gibt nichts besseres, als wenn Niklas Süle mal ein zwei, zwei kleine Dribblings wagt – einmal abgesehen von Kühlschränken, die sich selbst bewegen können.
Antonio Rüdiger
Ihm unterlief nach 13 Minuten ein misslungener Rückpass, der blieb aber folgenlos. Legte abgesehen davon eine eloquente Körpersprache an den Tag und schrie den Stuttgarter Nachthimmel zusammen, als ihm beim Stand von 5:0 ein Offensivkopfball über die Stirn rutschte. Machte es defensiv ansonsten wie ein gelangweilter DJ, der den Song „Der Stiefel“ auflegt: spielte ihn einfach runter.
Thilo Kehrer
Sah fast schon zu einfach aus, wie der Pariser den ein oder anderen Zweikampf gewann. Schien mehrmals in den RTL-Regiewagen gerannt zu sein und da den Pause-Knopf gedrückt zu haben, so lange stand er bei dem ein oder anderen Kopfball in der Luft.
Joshua Kimmich
Tja, Pringels, Funnyfrisch, Lays und wie sie alle heißen: Die knackigsten Chips hat derzeit Joshua Kimmich im Angebot. Siehe den öffnenden Ball vor dem Tor zum 4:0. Überließ ansonsten Goretzka die Kernarbeit in der Zentrale und machte auch damit alles richtig.
Leon Goretzka
Verschob, spielte, steckte, dirigierte, antizipierte, regulierte, oh, schade, mehr gibt die Seite mit den „Floskeln für gute Auftritte von zentralen Mittelfeldspielern“ nicht her. Traf jedoch alles auf Goretzka zu. Spielte einen Traumball vor dem 1:0 und war in diesem Spiel wie die Farbe Grün: überall auf dem Rasen zu finden. Bester Mann auf dem Platz.
Serge Gnabry
Hatte so viel Zug in seinem Spiel, tausende Gestrandete an den deutschen Bahnhöfen hoffen, dass er gleich bei ihnen einfährt. Passte irgendwie nicht ins Bild, dass der Fallrückzieher zum Start der zweiten Halbzeit nicht in den Winkel geflogen ist.
Marco Reus
Schon kriminell, dass dieser wunderbare Fußballer nach seinem Nationalelf-Debüt am 7. Oktober 2011 bislang nur noch weitere 45 Mal für Deutschland auflief. Denn immer wenn er es tut, ist es ein Genuss. Gab viele Kommandos, schaltete sich links, rechts und mittig ein und durfte die schöne Vorarbeit der Kollegen zum 3:0 veredeln.
Leroy Sané
Wechselte innerhalb des Spiels mehrfach den feinen Smoking gegen den befleckten Blaumann: tänzelte und kreierte offensiv und malochte dazu erstaunlich viel nach hinten, gewann mitunter Bälle am eigenen Sechzehner. Gerüchten zufolge gab es nach dem Spiel etwas Kaviar und Adelkrone-Pils aus der Plastikflasche.
Timo Werner
Machte lange Zeit Marek Mintal den Titel als Phantom streitig, legte dann aber das 3:0 mit dem Hintern auf und drückte kurz danach eine Vorlage von Goretzka über die Linie.
Jamal Musiala (ab 61. für Sané)
Schon ein guter Typ. Trabt mit seinen langen Stelzen über den Rasen und bringt dabei eine Technik mit, die ausnahmsweise mal eine berechtigte Hoffnung auf das Vorantreiben der Digitalisierung in Deutschland säht. Schaut dabei drein, als wäre es das normalste der Welt. Tja, liebe Politik.
Florian Wirtz (ab 61. für Reus)
Kreierte direkt nach seiner Einwechselung eine Großchance für Jonas Hofmann und ließ dabei die Grenzen zwischen Fußballer und Slalomläufer verschwimmen. Legte mit einem blitzblanken Doppelpass das 6:0 auf. Ist immer noch erst 18 Jahre alt und nicht wenige Kreisligakicker in den Endzwanzigern nehmen ihm das persönlich.
Ilkay Gündoğan (ab 61. für Kimmich)
Spielte ein paar nette, risikofreie Pässe. Gut. Nicht gut: das reichte bereits für Gündogans beste Leistung für die Nationalmannschaft seit langem.
Karim Adeyemi (ab 71. für Gnabry)
Den zweitbesten Stürmer Deutschlands (Hot-Take-Alert!) sollten hierzulande bald ein paar mehr Leute auf dem Schirm haben. Ist unfassbar schnell, mutig am Ball und trickreich. Holte sich beim Debüt direkt sein erstes Länderspieltor ab, schön! Wäre noch schöner: Ihn auf Vereinsebene mal bei einem richtigen Klub spielen zu sehen.
David Raum (ab 83. für Kehrer)
Der zweite Debütant des Abends. Enttäuschte allerdings schon bei der Einwechslung auf ganzer Linie, weil er anders als bei den Olympischen Spielen die Hose mit eingestecktem Trikot nicht knapp unter den Achseln trug. Die Gewerkschafter der IG-Torsten-Legat der 11FREUNDE-Redaktion werden Protest einlegen. Ansonsten alles tippitoppi in den paar Minuten, darf wiederkommen.