In Berlin feiert man stilecht den Klassenerhalt, in München hingegen kennt man Emotionen nicht, denn dort ist ein Android unterwegs. Und in Bielefeld ein frei laufendes Juninho. Die 11 des 33. Spieltags.
Max Kruse
Der letzte Rockstar der Bundesliga. Ist sich für keinen Spruch zu schade, der anecken könnte. Deshalb sagte er vor wenigen Wochen noch, auf Conference League habe er keinen Bock. Er wisse nicht mal genau, was das eigentlich sei. Nun ja, mit seiner Leistung vom Wochenende und dem Punktgewinn in Leverkusen stehen seine Unioner jetzt genau auf diesem siebten Tabellenplatz, der sie für den modernen UI-Cup qualifizieren würde. Kruse sei Dank. Einzig offene Frage daher: Wann vermarktet den Kult-Kruse endlich mal jemand angemessen in einer TV-Soap? Mad Max in Köpenick: Ein genialer Denker und Lebemann im wilden Berlin nach der Wende. Feiern, Frauengeschichten und Kokain haben ihn gezeichnet. Daher auch gespielt von Ulrich Matthes. Doch seine Liebe zu Union gibt ihm den Halt im Leben. Am Ende einer jeden Folge schießt er seine Köpenicker natürlich doch entgegen aller Erwartungen zum Sieg. Und dann braucht’s nur noch einen markigen Signature-Spruch wie „I’m Mister Kruse. I solve problems.“ Zweite Staffel dann nächstes Jahr in Schymkent, Kasachstan.
Pal Dardai
Ja, wir sind mit Sicherheit ganz gut darin, Leute im Fußballgeschäft abzukulten. Aber man kann doch wirklich nur darauf hoffen, dass Pal Dardai der Bundesliga erhalten bleibt. Was braucht es mehr an Argumenten als das Erich-Ribbeck-Rumpelgebolze mit anschließenden Post-Match-Interviews, die eine Zitier-Frequenz von Hans-Meyer-Pressekonferenzen haben? Und wenn das noch nicht reicht, dann doch aber wohl das Bild vom Samstagabend, wie Dardai im Tracksuit im Garten seines Anwesens an der Cohiba nuckelt und den Klassenerhalt feiert!? Berlins Sir Winston Churchill.
Robert Lewandowski
Irgendwann endet auch die Ewigkeit. Robert Lewandowski hat den 40-Tore-Rekord von Gerd Müller geknackt. Was irgendwie ein wenig traurig ist. Weil es nun amtlich ist: Die Automatisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Der Mensch wird durch die Maschine ersetzt. Es war ja bloß noch eine Frage der Zeit, bis es soweit kommen würde. Doch jetzt, da Gewissheit besteht, dass unsere Spezies den digitalisierten Prozessen unserer Zeit nicht mehr Folge leisten kann, ist es hart. Mit dem Androiden RL9, in Polen entwickelt, ist den Produktherstellern ein Meilenstein in der Technologie geglückt. Der humanoide Roboter ist auf Bewegungsabläufe programmiert, welche die menschlichen Fähigkeiten bei weitem übersteigen. Vermeintliche Defizite, wie verringerte Emotionen und Gefühle, kompensiert die Künstliche Intelligenz durch Präzision und Effizienz. Trifft RL9 am letzten Spieltag noch ein weiteres Mal und überholt damit sogar Gerd Müller, dann ist die Menschheit offiziell obsolet.
Dreisamstadion
Keine Zuschauer, Bayern zu Gast und ein von der PR-Abteilung erstelltes Plastikbanner mit Abschiedsgruß: Es gibt malerischere Abschiede, die man nehmen kann, als die Freiburger es am Samstag vom Dreisamstadion taten. Wenn es überhaupt ein Abschied war. Das scheint gerade noch nicht sicher. Eigentlich will der SC Freiburg das erste Spiel der neuen Saison im neuen Stadion spielen, Problem: Die Hütte steht noch nicht. Dennoch hat man sich vorsichtshalber vom altehrwürdigen, schiefen Dreisamstadion schon mal verabschiedet. Es wäre also hochnotpeinlich, wenn man nächstes Jahr doch noch dort spielt. Quasi wie nach Verabschiedung in die gleiche Richtung zu müssen. Ahh, oh, auch hier lang, hehe, witzig, na dann, joa, mhm, ach, Mist, ich muss doch in die andere Richtung, sorry, naja, bis denne.
Andreas Vogelsammer
Sammer, der hat doch nen Vogel! Anders jedenfalls ist es nicht zu erklären, wie Andreas Vogelsammer – Typ volltätowierter Kampfhundetrainer – den Ball am Samstagnachmittag per Freistoß in den Winkel streichelte wie ein amtlich geprüfter Hundewelpenkrauler. Seither kursiert im Übrigen die Meldung, dass in Ostwestfalen ein frei laufendes Juninho gesichtet worden ist. Es soll der seltenen Gattung der Freistoßspezialisten angehören. Auf dem Schwarzmarkt nur für einen Verkaufspreis von einem Klassenerhalt erhältlich.
Schalke 04
Schalke gewinnt, bringt Dortmund somit in die Champions League. Vergangene Woche hat der BVB die Bayern zum Meister gemacht. Wenn Gladbach nächste Woche in Bremen gewinnt und den Kölnern damit die Klasse hält, erscheint nichts mehr unmöglich. Dann lässt es sich endlos weiterspinnen: Luisa Neubauer, die Hans-Georg Maaßen zur Kanzlerkandidatur verhilft, Attila Hiltmann, der Jumbo Schreiner bekocht oder Batman, der dem Joker dabei hilft, Gotham City brennen zu sehen. Womit wir wieder bei Schalke wären. Ein Ort, an dem es immer elf Minuten nach Mitternacht in einer klirrend kalten Novembernacht ist.