Laut der neuen Infektionsschutzverordnung sind Gesänge in Berliner Fußballstadien untersagt. Das gilt jetzt auch für den 1. FC Union. Doch der ignoriert das.
Inzwischen aber spielt der Standort keine Rolle mehr bei der Risikoeinschätzung. Seit dem 3. Oktober gilt in Berlin eine geänderte Infektionsschutzverordnung. Der Verweis auf „detailliertere Regelungen“ ist darin nicht mehr enthalten. Für den 1. FC Union und seine Fans bedeutet das: „Somit dürfen keine Gesänge mehr stattfinden.“ Der Verein werde auf diese Regelung hingewiesen und zur Einhaltung der aktuellen Infektionsschutzverordnung aufgefordert, heißt es von Seiten des Gesundheitsamtes Treptow-Köpenick.
Christian Arbeit, Geschäftsführer, Presse- und Stadionsprecher des Vereins, bestätigte nach dem Testspiel gegen Hannover, dass Union der Hinweis des Gesundheitsamtes erreicht habe. Konsequenzen hatte das im Testspiel gegen Hannover 96 allerdings keine. Nicht mal eine Minute war gespielt, als die ersten der knapp 1800 Zuschauer in der Alten Försterei anfingen zu singen. Das setzte sich – mal mehr, mal weniger laut – bis zum Schlusspfiff fort. Durchsagen des Stadionsprechers, die Gesänge einzustellen, gab es nicht.
Auf die Frage, warum dies unterblieben sei, antwortete Arbeit dem RBB: „Wir haben ja niemanden aufgefordert, hier zu singen.“ Union hat allerdings auch niemanden darauf hingewiesen, dass dies – anders als beim Heimspiel am Freitag vergangener Woche – inzwischen untersagt ist. Kurz vor dem Anpfiff erinnerte der 1. FC Union die Zuschauer auf seinem Twitterkanal sogar noch einmal explizit an die „Hygieneregeln für Stadionbesucher“ auf der eigenen Homepage. Auch darin fehlt ein Hinweis darauf, dass Gesänge und Sprechchöre inzwischen nicht mehr erlaubt sind.
Und der 1. FC Union scheint gewillt zu sein, die Infektionsschutzverordnung auch weiterhin in seinem Sinne auszulegen. „Grundsätzlich kommt man langsam an die Grenzen dessen, was man noch nachvollziehen und verstehen kann“, sagte Arbeit. „Als wir hier letzte Woche Freitag gespielt haben, war das ganz selbstverständlich noch erlaubt – und es sind ja keine anderen Menschen, die fünf Tage später hier sind, ein ganz ähnliches Erlebnis erleben.“ Das stimmt. Die Menschen sind die gleichen. Aber die Regeln sind seit dem Wochenende andere.
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.