Kevin Volland beweist: Es schließt sich nicht aus, Quatschmacher und Führungsspieler zu sein. Heute Abend könnten er und Bayer Leverkusen den DFB-Pokal gewinnen. Ein Gespräch über gelungene Streiche, den Umgang mit Druck und seine Zukunft als Songwriter.
Das Interview erschien erstmals Anfang März in 11FREUNDE #220.
Kevin Volland, Sie spielen in Leverkusen, leben in Düsseldorf, warum hat ihr Instagram – Account dann die Ortsmarke Marktoberdorf?
Wirklich? Das ist mir gar nicht bewusst. Aber ich bin schon sehr heimatverbunden, meine Familie und alle meine Kumpels leben entweder im Allgäu oder in München.
Drückt sich Ihre Heimatverbundenheit dadurch aus, dass Sie jede freie Minute dort verbringen?
Nicht mehr. In Hoffenheim war es noch so, auch weil es nur zweieinhalb Stunden Fahrzeit waren. Aber von Leverkusen ist es inzwischen zu weit, schon gar mit Kind.
Sie sind aus der Kleinstadt in die große Fußballwelt hinausge-zogen. Hat sich dadurch Ihr Blick auf Ihre Heimat geändert?
Auf jeden Fall. Früher war es selbstverständlich in einer so schönen Landschaft zu leben, heute weiß ich das viel mehr zu schätzen. Außerdem herrschen bei uns noch Zucht und Ordnung, da grüßt jeder jeden.
Jetzt müssen Sie aber lachen.
Klar, aber es war für mich normal, dass ich jeden gegrüßt habe, wenn ich zum Bäcker gegangen oder zum Fußballplatz geradelt bin, selbst jemanden, den man nie zuvor gesehen hat. Und wenn ich es mal nicht gemacht habe, hieß es gleich: „Der grüßt ja nicht mehr.“
Sie sind mit 16 Jahren ins Internat von München 1860 gekommen und haben früher oft gesagt, dass Ihnen der Klub sehr am Herzen liegt. Gilt das immer noch?
Ich verfolge ihn auch deshalb immer noch, weil mit Markus Ziereis mein Trauzeuge dort spielt, mein bester Kumpel. Außerdem hat man sowieso zu dem Verein eine besondere Verbindung, bei dem man ausgebildet wurde. Ich bin bei Sechzig Profi geworden, und wir hatten damals eine richtig coole Mannschaft, was den Zusammenhalt angeht und auch sportlich.
Mit wem hatten Sie damals besonders viel zu tun?
Vor allem mit den älteren Spielern, mit Benny Lauth, den ich bei Gelegenheit in München gerne noch zum Essen treffe, mit Gabor Kiraly oder Daniel Bierofka. Mit ihm zocke ich noch manchmal online auf der Playstation. Dann habe ich ihn auf dem Headset und wir reden über die alten Zeiten.
Sie haben angeblich eine lange Geschichte als der Spieler in Ihren Teams, der für Quatsch und Unfug zuständig ist. Stimmt das?
Ja, schon.
Wie kommt’s?
Das ist mein Naturell. Ich habe gerne mal einen lustigen Spruch parat, kann sie aber auch selber einstecken. Und ich mag es halt, hier und da mal einen Gag zu machen.
Welche finden Sie besonders gelungen?
Man muss unterscheiden zwischen den Gags, die einem spontan einfallen, und jenen, die lange geplant sind. Das sind die, bei denen man einen Mannschaftskameraden davon überzeugt, dass er zu einer vermeintlichen Autogrammstunde fahren oder etwas Wichtiges abholen muss. Einen habe ich von Frankfurt nach Darmstadt geschickt, um dort einen Golfschläger abzuholen. Er hat im Sportgeschäft sogar den Chef kommen lassen, weil der Driver für ihn hinterlegt war. Klar, habe ich ihm schließlich auch so gesagt.
Was wäre ein Beispiel für spon-tane Streiche?
Einmal bin ich hier in Leverkusen zu unserem Koch gegangen und habe gefragt, ob er nicht ein schönes Schollenfilet hat. Hatte er, und das habe ich Julian Baumgartlinger unter den Fahrersitz gelegt. Er hat das nicht bemerkt, und drei Tage später wollte er das Auto schon in die Werkstatt bringen, weil der Gestank nicht wegging. Baumi hatte schon vermutet, dass im Motorraum vielleicht ein Marder steckte. In der Mannschaft haben wir uns natürlich kaputtgelacht, weil alle das wussten.
Braucht man so einen Quatsch auch, um etwas Ernst aus der ganzen Sache zu nehmen?
Es gibt auch Phasen, in denen das nicht angebracht hast. Aber ich finde schon, dass ein lockerer Spruch oder solche Nummern manchmal helfen. Nicht zuletzt, um neuen Spielern das Gefühl zu vermitteln, dass bei uns auch Platz für Humor ist.
Auf der anderen Seite haben Sie bei Bayer Leverkusen in den letzten Jahren erkennbar mehr Verantwortung übernommen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich bin zwar erst 27 Jahre alt, habe aber ziemlich viele Bundesligaspiele, und das wird dann einfach erwartet.
Es sind auch meistens Sie, der nach verlorenen Spielen vor die Kamera geholt wird.
Immer passt es mir natürlich auch nicht, aber gerade in schwierigen Phasen kann man nicht alle Spieler rausschicken.
Sie haben neulich darauf hingewiesen, wie groß der Druck auf Spieler ist. Beschäftigt Sie das Thema?
Es bezog sich eher auf junge Profis, die manchmal Angst vor dem Scheitern haben, davor, dass sie vielleicht den Verein wechseln müssen. Ich selber hatte in dem Alter auch Phasen, in denen es nicht so lief, und musste mit dem Druck umzugehen lernen.