In Stuttgart laust man sich zur Rettung, die Bayern legen die Füße hoch und in Hamburg trinkt man auf den Abschied – schenkt sich nochmal nach: unsere 11 des Spieltags.
Huub Stevens
„Ihr seid Affen. Affen seid ihr“ – was nach der üblichen Morgenkonferenz in der 11FREUNDE-Redaktion klingt, ist in Wahrheit ein kleiner Ausschnitt von Huub Stevens’ Wutanfall vorige Woche. Im Training hatten seine Spieler über zu trockenen Rasen geklagt. Für einen Knurrer wie Stevens, der das Fußballspielen noch barfuß auf mit Reißzwecken und Legosteinen versetzten Ascheplätzen gelernt hat, quasi eine persönliche Beleidigung. Sein zünftiger Affen-Anschiss verfehlte indes seine Wirkung nicht: Mit der Leidenschaft und Dominanz eines Rudels Silberrücken überrannte seine Mannschaft den überforderten HSV. Ob Stevens nach Spielende zur Belohnung ein paar Bananenstauden springen ließ oder sich das Team zur Feier des Tages ausgiebig lauste, ist leider nicht überliefert.
Rafael van der Vaart
Wer als HSVer den anstehenden Abstieg seines Herzensdinos gebührend mit einem schäbigen Vollrausch begehen will, kann dabei auf unsere neueste Cocktail-Kreation zurückgreifen: Den VanderVaartini. Man nehme 2cl Doppelherz, 3cl Gelenksflüssigkeit, einen Schuss Baldrian, einen Löffel Mobilat, zwölf Voltaren, eine Messerspitze Bremsflüssigkeit eines handelsüblichen Rollators, ein großen Schluck Ist-das-Magenbitter, 4cl Tränen von Uwe Seeler, eine pürierte Kaltz-Banane, fülle das alles mit Frustbier auf, rühre es mit einer Krücke um und garniere es mit einer Horst-Hrubesch-Kopfnuss. Unser Serviervorschlag: Weinend und frustriert schmeckt der Drink am beschissensten. Und, was Mut macht: Irgendwann kommt er wieder hoch. Prost.
Lars Stindl
Wenn Hannover 96 nach dieser tasmaniaesk schlechten Rückrunde doch noch die Klasse halten sollte, läge das zu großen Teilen an Kapitän Lars Stindl. Stindl war einer von ganz wenigen 96ern, die in der Rückrunde zumindest ab und an den Anschein machten, als würden sie professionell Fußball spielen und sich nicht abends nach der Arbeit zum Feierabendkick treffen. Gegen Augsburg traf Stindl doppelt und führte sein Team zum so so so wichtigen 2:1‑Sieg, mehr Kapitänhaftigkeit geht nicht. Die Rückfahrt der Hannoveraner verzögerte sich übrigens ein wenig. Der Busfahrer musste erst ein Loch in Stindls Sitz flexen, damit dieser mit seinen angeschwollenen Cojones überhaupt auf seinen Platz passte.
Nikolce Noveski
Trauerstimmung in der Redaktion, betreten wischen wir uns eine Träne aus Stürmerblut aus dem Augenwinkel, denn: Nikolce Noveski hört auf. Mit Mainz’ mazedonischer Abwehrkante geht einer der letzten Abwehrspieler der ganz alten Schule. Jene in Baumwolltrikots zum Manndecker ausgebildeten Wandschränke, die zum Warm-Up gegnerische Auswechselspieler verspeisen, die Blutgrätsche für eine passende Antwort auf eigentlich alles halten und auf dem Platz ungelenk ihren undercut-tragenden, volltätowierten, fünfzehn Jahre jüngeren und schnelleren Gegenspielern hinterherbuckeln, um sie kurz vor knapp doch noch aus den kunterbunten Schuhen zu kloppen, die sie selber freilich niemals tragen würden. Wir ziehen also unsere blutigen Turbane vor Noveski und verabschieden ihn standesgemäß: mit einer Redaktions-Rudelbildung.
Salomon Kalou
Ja gut, Salomon Kalou kommt vom FC Chelsea, wo die Stollen aus Svarovskisteinen sind und das Entmüdungsbecken bekanntermaßen mit Champagner gefüllt ist. Da kann es natürlich niemanden verwundern, wenn Kalou auch im grauen Saisonendspurts-Berlin eher den Champagnerfußballer gibt als den gewissenhaften Fußballarbeiter, der mit der Akkuratesse einer Stechuhr seiner samstäglichen Arbeit nachgeht. Bezeichnend in dieser Hinsicht war Kalous Großchance gegen Frankfurt, als er alleine auf das Tor zulief und sich für die Bling-Bling-Variante des Abschlusses entschied: den lustlos-lockeren Heber. Ganz so, als würde er immer noch Moet & Chandon aus dem Champions-League-Pott süffeln und nicht etwa mit der biederen Hertha um die Existenz kämpfen. Dumm nur, dass Frankfurts Keeper Kevin Trapp einfach stehenblieb, den Ball fing und die Hertha nun doch noch zittern muss. Aber vielleicht hat Kalou nächste Woche ja mehr Glück. Gegen Hoffenheim könnte er ja mal den Rabona, den Jay-Jay oder auch einen Panenka-Elfer probieren. Sieht auch echt cool aus, wenn es klappt.
Uwe Hünemeier
Als sich einst ein großer deutscher Fußballphilosoph – nennen wir ihn Franz B. – anschickte, den Ausspruch „jagutäh“ im deutschen Sprachschatz zu etablieren, könnte er auch an Paderborns Uwe Hünemeier gedacht haben. Gegen Schalke rackerte und ackerte Paderborns Kapitän unermüdlich für den Klassenerhalt seiner Elf, nur um dann kurz vor Schluss per Eigentor zum tragischen Helden zu werden – selten entfaltete das „jagutäh“ derart seine volle Wucht. Nun hat Hünemeier mit seinen Paderbornern noch ein Spiel vor der Brust, um den Abstieg doch noch abzuwenden. Bis dahin verbleiben wir erstmal mit unserer vorläufigen Saisonbilanz des SCP: jagutäh.
Hakan Calhanoglu
Wir wissen leider nicht, wie es um Hakan Calhanoglus Familienleben bestellt ist, allerdings hoffen wir inständig, dass der Mann viele, viele Kinder in die Welt setzen wird. Die Gene für einen solchen rechten Fuß müssen einfach weitergegeben werden. Gegen Hoffenheim traf Calhanoglu zum 1:0, natürlich per Freistoß. Wenn unsere Berechnungen korrekt sind, war das bereits der dasgibtsdochgarnichtste Freistoßtreffer Calhanoglus – so viele, dass er mittlerweile Fanpost von Juninho bekommt.
Rainer Bonhof
Überraschungsgast in der 11 des Spieltags: Gladbach-Legende und heutiger Vizepräsident Rainer Bonhof. „Warum das?“, mag sich nun der ein oder andere Leser fragen und ratlos in der Nase popeln. Weil, tadaaa: Rainer Bonhof der letzte Torschütze der Gladbacher in der Königsklasse ist. Damals, am 29. März 1978, traf Bonhof per Freistoß zum 2:1 gegen Liverpool. Nun, 37 Jahre später, spielen die Gladbacher erstmals wieder Champions League. Dazu gratulieren wir ganz herzlich.
Kevin de Bruyne
Wie oft war Kevin de Bruyne in dieser Saison eigentlich Man of the Match? Zehnmal? Fünfzehnmal? Jedesmal? Wir wissen es nicht. Aber sicher ist, dass De Bruyne seit dem Spiel gegen Dortmund am Samstag den Rekord für die meisten Assists in einer Saison hält. Stolze 21 mal legte der Belgier seinen Mitspielern auf. Der Mann hat diese Saison so viel serviert, dass er laut DFL-Eilbeschluss nächste Saison mit Kellnertuch am Unterarm auflaufen muss.
Nils Petersen
Hat Nils Petersen in Freiburg eigentlich einen Spitznamen? Falls nicht, möchten wir an dieser Stelle „Komet“ vorschlagen. Zum einen, weil das natürlich per se ein endcooler Spitzname ist, zum anderen, weil Petersen genau so in Freiburg eingeschlagen hat. Gegen die Bayern schoss er bereits sein achtes Saisontor, alle davon übrigens für die Freiburger, die ihn erst im Januar verpflichtet haben. Wobei man natürlich sagen muss, dass gegen die Feierabend-Bayern, die innerlich bereits an den Stränden dieser Welt im Urlaub liegen, wahrscheinlich auch der Busfahrer das Siegtor hätte schießen können. Apropos…
Der FC Bayern München
Dass der FC Bayern am Ligabetrieb noch in etwa so interessiert ist wie Verschwörungstheoretiker an Fakten, ist ja längst klar. 30 Spieltage lang wird alles weggefiedelt, was nicht bei drei wieder im Bus sitzt; ist dann die lästige Pflicht der Meisterschaft endlich erledigt, präsentieren sich die Spieler ähnlich motiviert wie Heidi Klum beim Hot-Dog-Wettessen. Aus einigen Ecken der Republik ertönte am Wochenende das unschöne Wort „Wettbewerbszverzerrung“, den Bayern scheint das ziemlich egal zu sein. Das dürfte dann die hässliche Seite des „Mia san Mia“ sein.