Weil vier argentinische Nationalspieler gegen die Quarantänevorschriften verstoßen haben, wurde das Spiel gegen Brasilien auf kuriose Weise abgebrochen. Über einen Abend voller Lügen, Versagen und Widersprüche.
Der Fragenkatalog, der sich aus den Ereignissen in der Arena Corinthians von Sao Paulo ergibt, ist lang, die Antwortfülle bislang noch ziemlich kurz.
Festzuhalten sind jedoch diverse Fehlverhalten: Das der Argentinier, die bei der Einreise offenkundig gelogen haben, um gesetzlichen Restriktionen zu entkommen. Aber auch das der brasilianischen Behörden, die sich ebenso Kritik gefallen lassen müssen. Wieso gelang es ihnen nicht, im Vorfeld des Spiels geeignete Maßnahmen zu ergreifen? Das medienwirksame Eingreifen von Sonntag gilt einigen daher als Effekthascherei.
Hinzu kommt ein viel zu eng getakteter Spielplan, den die Fifa und der südamerikanische Fußballverband Conmebol zusammen erstellt haben. Die Argentinier haben Freitagnacht noch in Venezuela gespielt, die Brasilianer in Chile.
Dass nun ausgerechnet Brasilien Schauplatz einer solchen Farce ist, passt allerdings ins Bild. Kaum eine andere Nation hat das Coronavirus so schlimm getroffen wie Brasilien. Fast 600.000 Menschen sind dort bereits an Covid-19 gestorben. Präsident Jair Bolsonaro verharmlost das Virus immer wieder und wird seit Monaten für seine Corona-Politik kritisiert. Vermehrt zweifelte er die Wirksamkeit von Masken und Ausgangsbeschränkungen an, stellte den Sinn von Impfungen infrage und nahm öffentlich an Massenveranstaltungen teil, während Krankenhäuser täglich mehr als 3000 Corona-Tote zählten. Viele Brasilianer geben ihm die Schuld an den katastrophalen Entwicklungen, die die Pandemie im Land genommen haben.
Umso erstaunlicher erschien es vielen Nutzern in den sozialen Medien, dass die brasilianischen Behörden am Sonntag so konsequent durchgriffen. Den argentinischen Fans indes schien die Sache klar: Die Angst vor einer Niederlage muss auf Seiten der Brasilianer dermaßen groß gewesen sein, dass nur der Spielabbruch sie davor bewahren konnte. Bei den Brasilianern fehlten nämlich eben jene England-Legionäre, wie Roberto Firmino, Ederson oder Richarlison. Der Grund: Ihnen wäre bei der Einreise von Brasilien nach Großbritannien eine Quarantäne verordnet worden.
Als die Brasilianer um Neymar den Entschluss fassten, den Tag nicht ohne Trainingsspielchen beenden zu wollen, machten die Argentinier sich bereits auf den Weg Richtung Heimat. „Die vier Spieler werden jetzt aus Brasilien abgeschoben und wegen einer Reihe von Verstößen mit Geldstrafen belegt“, sagte Antonio Barra Torres aus dem Vorstand der Gesundheitsbehörde wenig später.
Ob und zu wessen Gunsten das Spiel entschieden wird, ist unklar. Ein Wiederholungsspiel erscheint ob des dichten Terminkalenders unrealistisch. Der südamerikanische Fußballverband hat die Entscheidung nun an die Fifa weitergegeben, die sich am Montag zu den Vorfällen von Sao Paulo äußerte. Sie versprach „zu gegebener Zeit eine Entscheidung“ durch die Disziplinarkommission.