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Patrick Muly­anti (20) ist ein Held. Denn er tat, was sich nur wenige im pro­fes­sio­nellen Fuß­ball trauten: Der Mann aus Uganda outete sich als homo­se­xuell. Als Kapitän des schwe­di­schen Klubs Dal­kurd FF griff er sogar zu einer regen­bo­gen­far­benen Spiel­führer-Binde und trug diese mit Würde und Stolz. Alle großen Zei­tungen des Landes berich­teten dar­über. Muly­anti galt als Vor­reiter und als Sym­bol­figur. Der Stürmer, der 2014 nach einem inter­na­tio­nalen Jugend­tur­nier in Göte­borg um Asyl ange­sucht hatte, war ange­kommen – im libe­ralen Schweden und bei sich selbst. Denn hier, im hohen Norden Europas, durfte Muly­anti end­lich so sein, wie er ist.

In seinem afri­ka­ni­schen Geburts­land nahm man eben­falls Notiz von der Kar­riere des Patrick Muly­anti. Dort gilt er jedoch kei­nes­wegs als Held, son­dern als Kri­mi­neller – und als eine Art Vogel­freier. Denn in Uganda ist schwul sein seit 2014 ein schwerer Straf­tat­be­stand. Für wie­der­holte homo­se­xu­elle Hand­lungen war zunächst sogar die Todes­strafe vor­ge­sehen. Zwar kippte das natio­nale Ver­fas­sungs­ge­richt diesen Passus nach einiger Zeit. Doch nach wie vor gibt es im Land eine weit ver­brei­tete Lynch­justiz, die Homo­se­xu­elle – ins­be­son­dere jene, die offen für ihre Rechte ein­treten – gna­denlos ver­folgt. Nicht selten werden Schwule ein­fach tot­ge­prü­gelt und an einen Baum geknüpft. Als Jagd-Tro­phäen. Und als War­nung.

Ein Alb­traum

Patrick Muly­anti ist ein Held. Doch seine Geschichte könnte tra­gisch enden, denn inzwi­schen ist sein Asyl­ge­such beschieden worden. Negativ. Wie so viele zuletzt in Schweden, wo das Thema Migra­tion ebenso hohe Wellen schlägt wie in Deutsch­land. Falls nicht noch ein Wunder geschieht, muss Muly­anti schon bald nach Uganda zurück­kehren. Was ihn dort erwartet? Sie werden mich töten“, sagte er der Zei­tung Afton­bladet“. Doch in Schweden schenkt man Muly­antis Worten wenig Beach­tung. Die Aus­län­der­be­hörde sagt, dass ich keine Pro­bleme bekomme,wenn ich zurück­kehre. Sie sind der Auf­fas­sung, dass ich kein Recht habe, hier­zu­bleiben. Ich habe ihnen alles erklärt, aber sie hören mir ein­fach nicht zu. Es ist ein Alb­traum.“

Dabei hätte die Geschichte des Patrick Muly­antis auch ganz anders ver­laufen können. Vor einigen Jahren noch galt der schnelle Tor­jäger als heißer Kan­didat für eine große Kar­riere. Schon als Teen­ager bekam er einen Ver­trag beim dama­ligen Zweit­li­gisten Dal­kurd FF, wurde schon bald Kapitän. Doch Muly­anti konnte nicht Schritt halten mit der Ent­wick­lung seines Klubs. Wäh­rend Dal­kurd, ein von Kurden gegrün­deter Migran­ten­verein, heute erst­klassig ist, spielt der Mann aus Ung­anda nur noch in der dritten Liga – bei einem Pro­vinz­klub namens Bul­ler­myren IK. Seine Chancen auf einen Pro­fi­ver­trag, der ihm zumin­dest ein vor­läu­figes Auf­ent­halts­recht bescheren würde, sind der­zeit eher gering. Zumal die per­ma­nente Unge­wiss­heit nicht gerade leis­tungs­för­dernd ist: Ich habe ständig Angst und schlafe schlecht“, bekennt Muly­anti. Ich fühle mich wirk­lich alles andere als gut.“

Wie gefähr­lich das Leben für Homo­se­xu­elle in Uganda ist, erlebte Patrick Muly­anti vor einigen Jahren, als sein dama­liger Freund dort auf bes­tia­li­sche Weise getötet wurde. Mich werden sie genau so umbringen wie ihn“, fürchtet er. Die Polizei wird mich jagen und die gewöhn­li­chen Leute eben­falls. Das Volk sieht Homo­se­xua­lität als etwas Krank­haftes an. Sobald sie mich zu fassen bekommen, töten sie mich.“ Ein­fach unter­tau­chen? Unmög­lich. Vor einiger Zeit berich­tete eine große ungan­di­sche Tages­zei­tung in einem dop­pel­sei­tigen Artikel über Muly­anti und sein Bekenntnis zur Homo­se­xua­lität. Gar­niert war der Bericht mit einem Por­trät, das aussah wie ein Fahn­dungs­foto.

Doch Patrick Muly­anti ist einer, der nie­mals auf­gibt. Weder auf dem Platz, noch anderswo. Des­halb kämpft er ver­zwei­felt um sein Leben und gegen die Abschie­bung. Zahl­reiche Weg­be­gleiter aus dem Fuß­ball helfen ihm dabei. Sein der­zei­tiger Trainer Prince Etuwe appel­lierte sogar öffent­lich an die schwe­di­sche Aus­län­der­be­hörde: Es ist so traurig, dass Patrick keine Hilfe bekommt. Ich bin selbst aus Nigeria. Wenn man dort schwul ist, wan­dert man für 14 Jahre ins Gefängnis. Aber in Uganda töten sie dich auf der Stelle.“

Träume von Hetz­jagden und leb­losen Kör­pern

Dass Muly­antis Homo­se­xua­lität nur eine Schutz­be­haup­tung sein könnte, etwa um sich eine bes­sere Bleibe-Per­spek­tive zu erschlei­chen, ver­weist Coach Etuwe ins Reich der Fabel: Patrick ist offen schwul. Dann und wann erscheint er sogar in Beglei­tung seines Freundes beim Trai­ning. Die beiden wirken sehr glück­lich.“

Doch das Glück ist bekannt­lich zer­brech­lich. Und sicher ist nur die Unge­wiss­heit. Patrick Muly­anti traut sich der­zeit nicht mal, an morgen zu denken. Er muss täg­lich mit der Nach­richt von der Aus­län­der­be­hörde rechnen. Nachts träumt er von Flug­zeugen, von wilden Hetz­jagden und von leb­losen Kör­pern, die an Bäumen hängen. Ich weiß wirk­lich nicht, wie es mit mir wei­ter­gehen soll“, sagt er und fügt fast fle­hend hinzu: Ich will hier­bleiben, wie ein freier Mensch leben. Ich so geboren wie ich bin und habe nichts Unrechts getan. Ich will doch ein­fach nur wie ein nor­maler Bürger leben.“

Wie es aus­sieht, ist ihm das nicht ver­gönnt – weder in Uganda, noch in Schweden.