Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: Eine Immobilienfirma als Brustsponsor? Das ist so Berlin!

Umfeld
Union macht ziem­lich viel ziem­lich gut. Das Sta­dion An der Alten Förs­terei, das von Anhän­gern mit­ge­baut wurde, besteht zu fast 80 Pro­zent aus Steh­plätzen. Nach Toren erklingen keine den natür­li­chen Jubel platt­wal­zenden Rem­mi­demmi-Jin­gles aus den Boxen. Der Sta­dion-DJ spielt auch mal Musik von The Cure oder Toco­tronic. Ecken oder Frei­stöße werden nicht von Wer­be­part­nern prä­sen­tiert. Und die Fans sind für ihren laut­starken Sup­port bekannt. Kurzum: Es klingt alles wie ein roman­ti­sches Mär­chen inmitten einer tur­bo­ka­pi­ta­lis­ti­schen Fuß­ball­welt. (Dis­claimer: Siehe der Absatz Trikot“).

Diese Atmo­sphäre zieht nicht nur alt­ein­ge­ses­sene Köpe­ni­cker, zuge­zo­gene Stu­denten, ver­krachte Künstler und hek­ti­sche Medi­en­schaf­fende an, son­dern auch Fuß­ball­fans aus Groß­bri­tan­nien, die im Pre­mier-League-Spiel der Super­rei­chen seit einigen Jahren nicht mehr mit­ma­chen dürfen (oder können). Manchmal kommen über 200 Fans von der Insel rüber­ge­flogen, nur um sich ein Spiel zwi­schen Union und Sand­hausen anzu­gu­cken. (Bei Union gibt es mitt­ler­weile sogar einen Mit­ar­beiter, der sich um Fans aus Groß­bri­tan­nien und Skan­di­na­vien küm­mert). Die Rech­nung der Fuß­ball­tou­risten ist ein­fach: Flug­ti­cket 40 Euro, Ein­tritts­karte 12 Euro, Unter­kunft im Hostel-Dorm 20 Euro. Macht ins­ge­samt 72 Euro. Dafür bekommt man bei Arsenal oder Man­chester City viel­leicht ein halbes Ticket unterm Dach, wo man sich nicht mal über die ganzen Ver­bote (Rau­chen, Alkohol, Stehen) auf­regen kann – denn unflä­tige Sprache ist in eng­li­schen Sta­dien auch nicht mehr erlaubt.

Aber natür­lich kann sich dieses zarte Biotop auch schlag­artig ver­än­dern. Denn was ist, wenn Union seine Sta­di­onpläne ver­wirk­licht und die Kapa­zität auf 37.000 Plätze erwei­tert? Kommen dann statt der 200 Fans aus Groß­bri­tan­nien auf einmal 2000? Machen sich dann Ber­liner Airbnb-Tou­risten auf den Tri­bünen breit? Über­laufen die Mode­fans die Alte Förs­terei?

Trikot
Eine luxem­bur­gi­sche Immo­bi­li­en­firma als Brust­sponsor: Das ist so Berlin, oder? Nun, man kann es eher zynisch nennen, in einer Zeit, in der viele Ber­liner für bezahl­baren Wohn­raum kämpfen, mit einem sol­chen Unter­nehmen zu werben. Von den Fans hagelte es zu Recht viel Kritik. Keine Kauf­emp­feh­lung für die Leib­chen an dieser Stelle. Auch wenn das Heim- und das Aus­wärts­trikot schön schlicht in weiß und rot gehalten sind (sogar die Typo­grafie des unpas­senden Brust­spon­sors hält sich ange­nehm zurück). Bleibt nur die Hoff­nung, dass man nie aufs Aus­weicht­rikot zurück­greifen muss, denn das sieht aus wie ein ver­schol­lenes Textil aus Marushas Gar­de­bore vor ihrem ersten Love­pa­rade-Auf­tritt. Wenn man lange genug auf die Qua­drat­muster schaut, sieht man ver­mut­lich den 3D-Grund­riss einer Traum­woh­nung im Kreuz­berger Berg­mann­kiez, die man sich nur leisten kann, wenn man Spieler bei Hertha BSC ist. 

11FREUNDE-Pro­gnose
Wenn wir drin bleiben, ist das wie der Gewinn der Meis­ter­schaft!“, sagt Neven Subotic. Damit hat er nicht ganz Unrecht, aller­dings ist das erste Jahr für Under­dogs in der Bun­des­liga oft ein­fa­cher als das zweite. (Vgl. Darm­stadt 98 und FC Ingol­stadt in der Saison 2015/16). Oh, du schöne Euphorie.

Der Verein ver­steht es wei­terhin recht gut, die Union-Familie zusam­men­zu­halten. So wurden etwa die Ticket­preise nicht erhöht. Außerdem wird man am ersten Bun­des­liga-Spieltag gemeinsam mit einer Banner-Aktion den ver­stor­benen Union-Fans gedenken, die den his­to­ri­schen Spieltag nicht mehr selbst mit­er­leben können“.

In den bis­he­rigen sechs Test­spielen blieb Union ohne Nie­der­lage. Gegen Bröndby gewann die Mann­schaft 2:1, gegen Wolfs­burg spielte es 1:1‑Unentschieden.

Wenn Trainer Urs Fischer eine gute Mischung aus Neuen und Auf­stiegs­helden auf den Platz bringt, wird das Hoch­ge­fühl die Mann­schaft durch die Saison tragen und einige Pseudo-Experten, die Union als Absteiger Nummer eins gesehen haben, alt aus­sehen lassen. So wie zum Bei­spiel den Autor dieser Zeilen, der Union in unserem Bun­des­liga-Son­der­heft auf Platz 18 getippt hat und hier seine Mei­nung revi­diert. Die neue Pro­gnose lautet: Platz 15. Und selbst wenn es wieder runter geht, wird am Ende nie­mand sagen: So ne Scheiße, wir steigen ab!“

In einer alten Ver­sion des Textes haben wir geschrieben: Viele Mit­ar­beiter standen früher selbst in der Kurve“. Das ist bei Union natür­lich nicht mög­lich, denn es gibt keine Kurve. Wir haben den Satz kor­ri­giert. Anm. d. Red.